Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.Körperbau des Menschen und Affen. II. letzteren als die höhere und jüngere Ordnung. Die Gebär-mutter der Halbaffen ist noch doppelt oder zweihörnig, wie bei allen übrigen Säugethieren; bei den Affen dagegen sind rechter und linker Fruchtbehälter völlig verschmolzen; sie bilden einen birnförmigen Uterus, wie ihn außer- dem nur der Mensch besitzt. Wie bei diesem, so ist auch bei den Affen am Schädel die Augenhöhle von der Schläfengrube durch eine knöcherne Scheidewand vollständig getrennt; bei den Halbaffen ist diese noch gar nicht oder nur unvollständig ausgebildet. Endlich ist bei den Halbaffen das große Gehirn noch glatt oder nur schwach gefurcht, verhältniß- mäßig klein; bei den Affen ist es viel größer, und besonders der graue Hirnmantel, das Organ der höheren Seelenthätigkeiten, ist viel besser entwickelt; an seiner Oberfläche sind die charakte- ristischen Windungen und Furchen um so mehr ausgeprägt, je mehr er sich dem Menschen nähert. In diesen und anderen wichtigen Beziehungen, besonders auch in der Bildung des Gesichts und der Hände, zeigt der Mensch alle ana- tomischen Merkmale der echten Affen. Katarrhinen-Natur des Menschen. Die formenreiche Körperbau des Menſchen und Affen. II. letzteren als die höhere und jüngere Ordnung. Die Gebär-mutter der Halbaffen iſt noch doppelt oder zweihörnig, wie bei allen übrigen Säugethieren; bei den Affen dagegen ſind rechter und linker Fruchtbehälter völlig verſchmolzen; ſie bilden einen birnförmigen Uterus, wie ihn außer- dem nur der Menſch beſitzt. Wie bei dieſem, ſo iſt auch bei den Affen am Schädel die Augenhöhle von der Schläfengrube durch eine knöcherne Scheidewand vollſtändig getrennt; bei den Halbaffen iſt dieſe noch gar nicht oder nur unvollſtändig ausgebildet. Endlich iſt bei den Halbaffen das große Gehirn noch glatt oder nur ſchwach gefurcht, verhältniß- mäßig klein; bei den Affen iſt es viel größer, und beſonders der graue Hirnmantel, das Organ der höheren Seelenthätigkeiten, iſt viel beſſer entwickelt; an ſeiner Oberfläche ſind die charakte- riſtiſchen Windungen und Furchen um ſo mehr ausgeprägt, je mehr er ſich dem Menſchen nähert. In dieſen und anderen wichtigen Beziehungen, beſonders auch in der Bildung des Geſichts und der Hände, zeigt der Menſch alle ana- tomiſchen Merkmale der echten Affen. Katarrhinen-Natur des Menſchen. Die formenreiche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0056" n="40"/><fw place="top" type="header">Körperbau des Menſchen und Affen. <hi rendition="#aq">II.</hi></fw><lb/> letzteren als die höhere und jüngere Ordnung. Die Gebär-<lb/> mutter der Halbaffen iſt noch doppelt oder zweihörnig,<lb/> wie bei allen übrigen Säugethieren; bei den Affen dagegen<lb/> ſind rechter und linker Fruchtbehälter völlig verſchmolzen;<lb/> ſie bilden einen <hi rendition="#g">birnförmigen Uterus</hi>, wie ihn außer-<lb/> dem nur der Menſch beſitzt. Wie bei dieſem, ſo iſt auch<lb/> bei den Affen am Schädel die Augenhöhle von der<lb/> Schläfengrube durch eine knöcherne Scheidewand vollſtändig<lb/> getrennt; bei den Halbaffen iſt dieſe noch gar nicht oder nur<lb/> unvollſtändig ausgebildet. Endlich iſt bei den Halbaffen das<lb/> große Gehirn noch glatt oder nur ſchwach gefurcht, verhältniß-<lb/> mäßig klein; bei den Affen iſt es viel größer, und beſonders der<lb/> graue Hirnmantel, das Organ der höheren Seelenthätigkeiten,<lb/> iſt viel beſſer entwickelt; an ſeiner Oberfläche ſind die charakte-<lb/> riſtiſchen Windungen und Furchen um ſo mehr ausgeprägt, je<lb/> mehr er ſich dem Menſchen nähert. In dieſen und anderen<lb/> wichtigen Beziehungen, beſonders auch in der Bildung des<lb/> Geſichts und der Hände, zeigt <hi rendition="#g">der Menſch alle ana-<lb/> tomiſchen Merkmale der echten Affen</hi>.</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Katarrhinen-Natur des Menſchen.</hi> Die formenreiche<lb/> Ordnung der Affen wurde ſchon 1812 von <hi rendition="#g">Geoffroy</hi> in zwei<lb/> natürliche Unterordnungen getheilt, die noch heute allgemein in<lb/> der ſyſtematiſchen Zoologie angenommen ſind: Weſtaffen <hi rendition="#aq">(Platyr-<lb/> rhinae)</hi> und Oſtaffen <hi rendition="#aq">(Catarrhinae)</hi>; erſtere bewohnen aus-<lb/> ſchließlich die weſtliche, letztere die öſtliche Erdhälfte. Die ame-<lb/> rikaniſchen <hi rendition="#g">Weſtaffen</hi> heißen „<hi rendition="#g">Plattnaſen</hi>“ <hi rendition="#aq">(Platyrrhinae)</hi>,<lb/> weil ihre Naſe plattgedrückt, die Naſenlöcher ſeitlich gerichtet<lb/> und deren Scheidewand breit iſt. Dagegen ſind die <hi rendition="#g">Oſtaffen</hi>,<lb/> welche die Alte Welt bewohnen, ſämmtlich „<hi rendition="#g">Schmalnaſen</hi>“<lb/><hi rendition="#aq">(Catarrhinae)</hi>; ihre Naſenlöcher ſind wie beim Menſchen nach<lb/> unten gerichtet, da ihre Scheidewand ſchmal iſt. Ein weiterer<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0056]
Körperbau des Menſchen und Affen. II.
letzteren als die höhere und jüngere Ordnung. Die Gebär-
mutter der Halbaffen iſt noch doppelt oder zweihörnig,
wie bei allen übrigen Säugethieren; bei den Affen dagegen
ſind rechter und linker Fruchtbehälter völlig verſchmolzen;
ſie bilden einen birnförmigen Uterus, wie ihn außer-
dem nur der Menſch beſitzt. Wie bei dieſem, ſo iſt auch
bei den Affen am Schädel die Augenhöhle von der
Schläfengrube durch eine knöcherne Scheidewand vollſtändig
getrennt; bei den Halbaffen iſt dieſe noch gar nicht oder nur
unvollſtändig ausgebildet. Endlich iſt bei den Halbaffen das
große Gehirn noch glatt oder nur ſchwach gefurcht, verhältniß-
mäßig klein; bei den Affen iſt es viel größer, und beſonders der
graue Hirnmantel, das Organ der höheren Seelenthätigkeiten,
iſt viel beſſer entwickelt; an ſeiner Oberfläche ſind die charakte-
riſtiſchen Windungen und Furchen um ſo mehr ausgeprägt, je
mehr er ſich dem Menſchen nähert. In dieſen und anderen
wichtigen Beziehungen, beſonders auch in der Bildung des
Geſichts und der Hände, zeigt der Menſch alle ana-
tomiſchen Merkmale der echten Affen.
Katarrhinen-Natur des Menſchen. Die formenreiche
Ordnung der Affen wurde ſchon 1812 von Geoffroy in zwei
natürliche Unterordnungen getheilt, die noch heute allgemein in
der ſyſtematiſchen Zoologie angenommen ſind: Weſtaffen (Platyr-
rhinae) und Oſtaffen (Catarrhinae); erſtere bewohnen aus-
ſchließlich die weſtliche, letztere die öſtliche Erdhälfte. Die ame-
rikaniſchen Weſtaffen heißen „Plattnaſen“ (Platyrrhinae),
weil ihre Naſe plattgedrückt, die Naſenlöcher ſeitlich gerichtet
und deren Scheidewand breit iſt. Dagegen ſind die Oſtaffen,
welche die Alte Welt bewohnen, ſämmtlich „Schmalnaſen“
(Catarrhinae); ihre Naſenlöcher ſind wie beim Menſchen nach
unten gerichtet, da ihre Scheidewand ſchmal iſt. Ein weiterer
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