Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.II. Tetrapoden-Natur des Menschen. Oberschenkel, Femur); dagegen wird das zweite Glied ursprünglichstets durch zwei Knochen gestützt (vorn Ellbogen, Ulna, und Speiche, Radius; hinten Wadenbein, Fibula, und Schienbein, Tibia). Vergleichen wir dann weiter den verwickelten Bau des eigentlichen Fußes, so überrascht uns die Wahrnehmung, daß die zahlreichen, denselben zusammensetzenden, kleinen Knochen ebenfalls überall ähnlich angeordnet und gesondert sind; vorn entsprechen sich in allen Klassen der Tetrapoden die drei Knochen- gruppen des Vorderfußes (oder der "Hand"): I. Handwurzel (Carpus), II. Mittelhand (Metacarpus) und III. fünf Finger (Digiti anteriores); ebenso hinten die drei Knochengruppen des Hinterfußes: I. Fußwurzel (Tarsus), II. Mittelfuß (Meta- tarsus) und III. fünf Zehen (Digiti posteriores). Sehr schwierig war die Aufgabe, alle diese zahlreichen kleinen Knochen, die im Einzelnen höchst mannigfaltig gestaltet und umgebildet, theilweise oft verschmolzen oder verschwunden sind, auf eine und dieselbe Urform zurückzuführen, sowie die Gleichwerthigkeit (oder Homologie) der einzelnen Theile überall festzustellen. Diese wichtige Aufgabe wurde erst vollständig von dem bedeutendsten vergleichenden Anatomen der Gegenwart gelöst, von Carl Gegenbaur. Er zeigte in seinen "Untersuchungen zur ver- gleichenden Anatomie der Wirbelthiere" (1864), wie diese charakte- ristische "fünfzehige Beinform" der landbewohnenden Tetrapoden ursprünglich (erst in der Steinkohlen-Periode) aus der viel- strahligen "Flosse" (Brustflosse oder Bauchflosse) der älteren, wasserbewohnenden Fische entstanden war. In gleicher Weise hatte Derselbe in seinen berühmten Untersuchungen über "das Kopfskelett der Wirbelthiere" (1872) den jüngeren Schädel der Tetrapoden aus der ältesten Schädelform der Fische abgeleitet, derjenigen der Haifische (Selachier). Besonders bemerkenswerth ist noch, daß die ursprüngliche, 3 *
II. Tetrapoden-Natur des Menſchen. Oberſchenkel, Femur); dagegen wird das zweite Glied urſprünglichſtets durch zwei Knochen geſtützt (vorn Ellbogen, Ulna, und Speiche, Radiuſ; hinten Wadenbein, Fibula, und Schienbein, Tibia). Vergleichen wir dann weiter den verwickelten Bau des eigentlichen Fußes, ſo überraſcht uns die Wahrnehmung, daß die zahlreichen, denſelben zuſammenſetzenden, kleinen Knochen ebenfalls überall ähnlich angeordnet und geſondert ſind; vorn entſprechen ſich in allen Klaſſen der Tetrapoden die drei Knochen- gruppen des Vorderfußes (oder der „Hand“): I. Handwurzel (Carpuſ), II. Mittelhand (Metacarpuſ) und III. fünf Finger (Digiti anterioreſ); ebenſo hinten die drei Knochengruppen des Hinterfußes: I. Fußwurzel (Tarſuſ), II. Mittelfuß (Meta- tarſuſ) und III. fünf Zehen (Digiti poſterioreſ). Sehr ſchwierig war die Aufgabe, alle dieſe zahlreichen kleinen Knochen, die im Einzelnen höchſt mannigfaltig geſtaltet und umgebildet, theilweiſe oft verſchmolzen oder verſchwunden ſind, auf eine und dieſelbe Urform zurückzuführen, ſowie die Gleichwerthigkeit (oder Homologie) der einzelnen Theile überall feſtzuſtellen. Dieſe wichtige Aufgabe wurde erſt vollſtändig von dem bedeutendſten vergleichenden Anatomen der Gegenwart gelöſt, von Carl Gegenbaur. Er zeigte in ſeinen „Unterſuchungen zur ver- gleichenden Anatomie der Wirbelthiere“ (1864), wie dieſe charakte- riſtiſche „fünfzehige Beinform“ der landbewohnenden Tetrapoden urſprünglich (erſt in der Steinkohlen-Periode) aus der viel- ſtrahligen „Floſſe“ (Bruſtfloſſe oder Bauchfloſſe) der älteren, waſſerbewohnenden Fiſche entſtanden war. In gleicher Weiſe hatte Derſelbe in ſeinen berühmten Unterſuchungen über „das Kopfſkelett der Wirbelthiere“ (1872) den jüngeren Schädel der Tetrapoden aus der älteſten Schädelform der Fiſche abgeleitet, derjenigen der Haifiſche (Selachier). Beſonders bemerkenswerth iſt noch, daß die urſprüngliche, 3 *
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II. Tetrapoden-Natur des Menſchen.
Oberſchenkel, Femur); dagegen wird das zweite Glied urſprünglich
ſtets durch zwei Knochen geſtützt (vorn Ellbogen, Ulna, und
Speiche, Radiuſ; hinten Wadenbein, Fibula, und Schienbein,
Tibia). Vergleichen wir dann weiter den verwickelten Bau des
eigentlichen Fußes, ſo überraſcht uns die Wahrnehmung, daß
die zahlreichen, denſelben zuſammenſetzenden, kleinen Knochen
ebenfalls überall ähnlich angeordnet und geſondert ſind; vorn
entſprechen ſich in allen Klaſſen der Tetrapoden die drei Knochen-
gruppen des Vorderfußes (oder der „Hand“): I. Handwurzel
(Carpuſ), II. Mittelhand (Metacarpuſ) und III. fünf Finger
(Digiti anterioreſ); ebenſo hinten die drei Knochengruppen
des Hinterfußes: I. Fußwurzel (Tarſuſ), II. Mittelfuß (Meta-
tarſuſ) und III. fünf Zehen (Digiti poſterioreſ). Sehr
ſchwierig war die Aufgabe, alle dieſe zahlreichen kleinen Knochen,
die im Einzelnen höchſt mannigfaltig geſtaltet und umgebildet,
theilweiſe oft verſchmolzen oder verſchwunden ſind, auf eine
und dieſelbe Urform zurückzuführen, ſowie die Gleichwerthigkeit
(oder Homologie) der einzelnen Theile überall feſtzuſtellen. Dieſe
wichtige Aufgabe wurde erſt vollſtändig von dem bedeutendſten
vergleichenden Anatomen der Gegenwart gelöſt, von Carl
Gegenbaur. Er zeigte in ſeinen „Unterſuchungen zur ver-
gleichenden Anatomie der Wirbelthiere“ (1864), wie dieſe charakte-
riſtiſche „fünfzehige Beinform“ der landbewohnenden Tetrapoden
urſprünglich (erſt in der Steinkohlen-Periode) aus der viel-
ſtrahligen „Floſſe“ (Bruſtfloſſe oder Bauchfloſſe) der älteren,
waſſerbewohnenden Fiſche entſtanden war. In gleicher Weiſe
hatte Derſelbe in ſeinen berühmten Unterſuchungen über „das
Kopfſkelett der Wirbelthiere“ (1872) den jüngeren Schädel der
Tetrapoden aus der älteſten Schädelform der Fiſche abgeleitet,
derjenigen der Haifiſche (Selachier).
Beſonders bemerkenswerth iſt noch, daß die urſprüngliche,
zuerſt bei den alten Amphibien der Steinkohlenzeit entſtandene
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