im ganzen Weltall dieselbe ist, und daß deren physikalische und chemische Eigenschaften auf den fernsten Fixsternen nicht verschieden sind von denjenigen unserer Erde.
Die monistische Ueberzeugung von der physikalischen und chemischen Einheit des unendlichen Kosmos, die wir dadurch gewonnen haben, gehört sicherlich zu den werth- vollsten allgemeinen Erkenntnissen, welche wir der Astrophysik verdanken, jenem neuen Zweige der Astronomie, um dem sich namentlich Friedrich Zöllner*) große Verdienste erwarb. Nicht minder wichtig ist die klare, mit Hilfe jener gewonnene Erkenntniß, daß auch dieselben Gesetze der mechanischen Entwickelung im unendlichen Universum ebenso überall herrschen, wie auf unserer Erde; eine gewaltige, allumfassende Metamorphose des Kosmos vollzieht sich ebenso ununterbrochen in allen Theilen des unendlichen Universum wie in der geologischen Ge- schichte unserer Erde; ebenso in der Stammesgeschichte ihrer Bewohner wie in der Völkergeschichte und im Leben jedes einzelnen Menschen. In einem Theile des Kosmos erblicken wir mit unseren vervollkommneten Fernröhren gewaltige Nebelflecke, die aus glühenden, äußerst dünnen Gasmassen bestehen; wir deuten dieselben als Keime von Weltkörpern, die Milliarden von Meilen entfernt und im ersten Stadium der Entwickelung be- griffen sind. Bei einem Theile dieser "Sternkeime" sind wahrscheinlich die chemischen Elemente noch nicht getrennt, sondern bei ungeheuer hoher Temperatur (nach vielen Millionen von Graden berechnet!) im Urelement (Prothyl) vereinigt; ja vielleicht ist hier zum Theil die ursprüngliche "Substanz" (S. 264) noch nicht in "Masse und Aether" gesondert. In anderen Theilen des Universums begegnen wir Sternen, die bereits durch Abkühlung gluthflüssig
*)Friedrich Zöllner, Ueber die Natur der Kometen. Beiträge zur Geschichte und Theorie der Erkenntniß. 1871.
Metamorphoſe des Kosmos. XX.
im ganzen Weltall dieſelbe iſt, und daß deren phyſikaliſche und chemiſche Eigenſchaften auf den fernſten Fixſternen nicht verſchieden ſind von denjenigen unſerer Erde.
Die moniſtiſche Ueberzeugung von der phyſikaliſchen und chemiſchen Einheit des unendlichen Kosmos, die wir dadurch gewonnen haben, gehört ſicherlich zu den werth- vollſten allgemeinen Erkenntniſſen, welche wir der Aſtrophyſik verdanken, jenem neuen Zweige der Aſtronomie, um dem ſich namentlich Friedrich Zöllner*) große Verdienſte erwarb. Nicht minder wichtig iſt die klare, mit Hilfe jener gewonnene Erkenntniß, daß auch dieſelben Geſetze der mechaniſchen Entwickelung im unendlichen Univerſum ebenſo überall herrſchen, wie auf unſerer Erde; eine gewaltige, allumfaſſende Metamorphoſe des Kosmos vollzieht ſich ebenſo ununterbrochen in allen Theilen des unendlichen Univerſum wie in der geologiſchen Ge- ſchichte unſerer Erde; ebenſo in der Stammesgeſchichte ihrer Bewohner wie in der Völkergeſchichte und im Leben jedes einzelnen Menſchen. In einem Theile des Kosmos erblicken wir mit unſeren vervollkommneten Fernröhren gewaltige Nebelflecke, die aus glühenden, äußerſt dünnen Gasmaſſen beſtehen; wir deuten dieſelben als Keime von Weltkörpern, die Milliarden von Meilen entfernt und im erſten Stadium der Entwickelung be- griffen ſind. Bei einem Theile dieſer „Sternkeime“ ſind wahrſcheinlich die chemiſchen Elemente noch nicht getrennt, ſondern bei ungeheuer hoher Temperatur (nach vielen Millionen von Graden berechnet!) im Urelement (Prothyl) vereinigt; ja vielleicht iſt hier zum Theil die urſprüngliche „Subſtanz“ (S. 264) noch nicht in „Maſſe und Aether“ geſondert. In anderen Theilen des Univerſums begegnen wir Sternen, die bereits durch Abkühlung gluthflüſſig
*)Friedrich Zöllner, Ueber die Natur der Kometen. Beiträge zur Geſchichte und Theorie der Erkenntniß. 1871.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0442"n="426"/><fwplace="top"type="header">Metamorphoſe des Kosmos. <hirendition="#aq">XX.</hi></fw><lb/>
im ganzen Weltall dieſelbe iſt, und daß deren phyſikaliſche und<lb/>
chemiſche Eigenſchaften auf den fernſten Fixſternen nicht verſchieden<lb/>ſind von denjenigen unſerer Erde.</p><lb/><p>Die moniſtiſche Ueberzeugung von der <hirendition="#g">phyſikaliſchen</hi><lb/>
und <hirendition="#g">chemiſchen Einheit des unendlichen Kosmos,</hi> die<lb/>
wir dadurch gewonnen haben, gehört ſicherlich zu den werth-<lb/>
vollſten allgemeinen Erkenntniſſen, welche wir der <hirendition="#g">Aſtrophyſik</hi><lb/>
verdanken, jenem neuen Zweige der Aſtronomie, um dem ſich<lb/>
namentlich <hirendition="#g">Friedrich Zöllner</hi><noteplace="foot"n="*)"><hirendition="#g">Friedrich Zöllner,</hi> Ueber die Natur der Kometen. Beiträge zur<lb/>
Geſchichte und Theorie der Erkenntniß. 1871.</note> große Verdienſte erwarb.<lb/>
Nicht minder wichtig iſt die klare, mit Hilfe jener gewonnene<lb/>
Erkenntniß, daß auch dieſelben Geſetze der mechaniſchen Entwickelung<lb/>
im unendlichen Univerſum ebenſo überall herrſchen, wie auf<lb/>
unſerer Erde; eine gewaltige, allumfaſſende <hirendition="#g">Metamorphoſe<lb/>
des Kosmos</hi> vollzieht ſich ebenſo ununterbrochen in allen<lb/>
Theilen des unendlichen Univerſum wie in der geologiſchen Ge-<lb/>ſchichte unſerer Erde; ebenſo in der Stammesgeſchichte ihrer<lb/>
Bewohner wie in der Völkergeſchichte und im Leben jedes<lb/>
einzelnen Menſchen. In einem Theile des Kosmos erblicken wir<lb/>
mit unſeren vervollkommneten Fernröhren gewaltige Nebelflecke,<lb/>
die aus glühenden, äußerſt dünnen Gasmaſſen beſtehen; wir<lb/>
deuten dieſelben als <hirendition="#g">Keime</hi> von Weltkörpern, die Milliarden von<lb/>
Meilen entfernt und im erſten Stadium der Entwickelung be-<lb/>
griffen ſind. Bei einem Theile dieſer „Sternkeime“ſind wahrſcheinlich<lb/>
die chemiſchen Elemente noch nicht getrennt, ſondern bei ungeheuer<lb/>
hoher Temperatur (nach vielen Millionen von Graden berechnet!) im<lb/><hirendition="#g">Urelement (Prothyl)</hi> vereinigt; ja vielleicht iſt hier zum Theil<lb/>
die urſprüngliche „<hirendition="#g">Subſtanz</hi>“ (S. 264) noch nicht in „Maſſe<lb/>
und Aether“ geſondert. In anderen Theilen des Univerſums<lb/>
begegnen wir Sternen, die bereits durch Abkühlung gluthflüſſig<lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[426/0442]
Metamorphoſe des Kosmos. XX.
im ganzen Weltall dieſelbe iſt, und daß deren phyſikaliſche und
chemiſche Eigenſchaften auf den fernſten Fixſternen nicht verſchieden
ſind von denjenigen unſerer Erde.
Die moniſtiſche Ueberzeugung von der phyſikaliſchen
und chemiſchen Einheit des unendlichen Kosmos, die
wir dadurch gewonnen haben, gehört ſicherlich zu den werth-
vollſten allgemeinen Erkenntniſſen, welche wir der Aſtrophyſik
verdanken, jenem neuen Zweige der Aſtronomie, um dem ſich
namentlich Friedrich Zöllner *) große Verdienſte erwarb.
Nicht minder wichtig iſt die klare, mit Hilfe jener gewonnene
Erkenntniß, daß auch dieſelben Geſetze der mechaniſchen Entwickelung
im unendlichen Univerſum ebenſo überall herrſchen, wie auf
unſerer Erde; eine gewaltige, allumfaſſende Metamorphoſe
des Kosmos vollzieht ſich ebenſo ununterbrochen in allen
Theilen des unendlichen Univerſum wie in der geologiſchen Ge-
ſchichte unſerer Erde; ebenſo in der Stammesgeſchichte ihrer
Bewohner wie in der Völkergeſchichte und im Leben jedes
einzelnen Menſchen. In einem Theile des Kosmos erblicken wir
mit unſeren vervollkommneten Fernröhren gewaltige Nebelflecke,
die aus glühenden, äußerſt dünnen Gasmaſſen beſtehen; wir
deuten dieſelben als Keime von Weltkörpern, die Milliarden von
Meilen entfernt und im erſten Stadium der Entwickelung be-
griffen ſind. Bei einem Theile dieſer „Sternkeime“ ſind wahrſcheinlich
die chemiſchen Elemente noch nicht getrennt, ſondern bei ungeheuer
hoher Temperatur (nach vielen Millionen von Graden berechnet!) im
Urelement (Prothyl) vereinigt; ja vielleicht iſt hier zum Theil
die urſprüngliche „Subſtanz“ (S. 264) noch nicht in „Maſſe
und Aether“ geſondert. In anderen Theilen des Univerſums
begegnen wir Sternen, die bereits durch Abkühlung gluthflüſſig
*) Friedrich Zöllner, Ueber die Natur der Kometen. Beiträge zur
Geſchichte und Theorie der Erkenntniß. 1871.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_weltraethsel_1899/442>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.