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Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.

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Als letzten und höchsten Urgrund aller Erscheinungen be-
trachtet die Menschheit seit Jahrtausenden eine bewirkende Ursache
unter dem Begriffe Gott (Deus, Theos). Wie alle anderen
allgemeinen Begriffe so ist auch dieser höchste Grundbegriff im
Laufe der Vernunft-Entwickelung den bedeutendsten Umbildungen
und den mannigfaltigsten Abartungen unterworfen gewesen. Ja
man kann sagen, daß kein anderer Begriff so sehr umgestaltet
und abgeändert worden ist; denn kein anderer berührt in gleich
hohem Maße sowohl die höchsten Aufgaben des erkennenden Ver-
standes und der vernünftigen Wissenschaft als auch zugleich die
tiefsten Interessen des gläubigen Gemüthes und der dichtenden
Phantasie.

Eine vergleichende Kritik der zahlreichen verschiedenen Haupt-
formen der Gottes-Vorstellung ist zwar höchst interessant und
lehrreich, würde uns hier aber viel zu weit führen; wir müssen
uns damit begnügen, nur auf die wichtigsten Gestaltungen der
Gottes-Idee und auf ihre Beziehung zu unserer heutigen, durch
die reine Natur-Erkenntniß bedingten Weltanschauung einen flüch-
tigen Blick zu werfen. Für alle weiteren Untersuchungen über
dieses interessante Gebiet verweisen wir auf das ausgezeichnete
mehrfach citirte Werk von Adalbert Svoboda: "Gestalten
des Glaubens" (2 Bände. Leipzig 1897).

Wenn wir von allen feineren Abtönungen und bunten Ge-
wandungen des Gottes-Bildes absehen, können wir füglich --

Als letzten und höchſten Urgrund aller Erſcheinungen be-
trachtet die Menſchheit ſeit Jahrtauſenden eine bewirkende Urſache
unter dem Begriffe Gott (Deuſ, Theoſ). Wie alle anderen
allgemeinen Begriffe ſo iſt auch dieſer höchſte Grundbegriff im
Laufe der Vernunft-Entwickelung den bedeutendſten Umbildungen
und den mannigfaltigſten Abartungen unterworfen geweſen. Ja
man kann ſagen, daß kein anderer Begriff ſo ſehr umgeſtaltet
und abgeändert worden iſt; denn kein anderer berührt in gleich
hohem Maße ſowohl die höchſten Aufgaben des erkennenden Ver-
ſtandes und der vernünftigen Wiſſenſchaft als auch zugleich die
tiefſten Intereſſen des gläubigen Gemüthes und der dichtenden
Phantaſie.

Eine vergleichende Kritik der zahlreichen verſchiedenen Haupt-
formen der Gottes-Vorſtellung iſt zwar höchſt intereſſant und
lehrreich, würde uns hier aber viel zu weit führen; wir müſſen
uns damit begnügen, nur auf die wichtigſten Geſtaltungen der
Gottes-Idee und auf ihre Beziehung zu unſerer heutigen, durch
die reine Natur-Erkenntniß bedingten Weltanſchauung einen flüch-
tigen Blick zu werfen. Für alle weiteren Unterſuchungen über
dieſes intereſſante Gebiet verweiſen wir auf das ausgezeichnete
mehrfach citirte Werk von Adalbert Svoboda: „Geſtalten
des Glaubens“ (2 Bände. Leipzig 1897).

Wenn wir von allen feineren Abtönungen und bunten Ge-
wandungen des Gottes-Bildes abſehen, können wir füglich —

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[[319]/0335] Als letzten und höchſten Urgrund aller Erſcheinungen be- trachtet die Menſchheit ſeit Jahrtauſenden eine bewirkende Urſache unter dem Begriffe Gott (Deuſ, Theoſ). Wie alle anderen allgemeinen Begriffe ſo iſt auch dieſer höchſte Grundbegriff im Laufe der Vernunft-Entwickelung den bedeutendſten Umbildungen und den mannigfaltigſten Abartungen unterworfen geweſen. Ja man kann ſagen, daß kein anderer Begriff ſo ſehr umgeſtaltet und abgeändert worden iſt; denn kein anderer berührt in gleich hohem Maße ſowohl die höchſten Aufgaben des erkennenden Ver- ſtandes und der vernünftigen Wiſſenſchaft als auch zugleich die tiefſten Intereſſen des gläubigen Gemüthes und der dichtenden Phantaſie. Eine vergleichende Kritik der zahlreichen verſchiedenen Haupt- formen der Gottes-Vorſtellung iſt zwar höchſt intereſſant und lehrreich, würde uns hier aber viel zu weit führen; wir müſſen uns damit begnügen, nur auf die wichtigſten Geſtaltungen der Gottes-Idee und auf ihre Beziehung zu unſerer heutigen, durch die reine Natur-Erkenntniß bedingten Weltanſchauung einen flüch- tigen Blick zu werfen. Für alle weiteren Unterſuchungen über dieſes intereſſante Gebiet verweiſen wir auf das ausgezeichnete mehrfach citirte Werk von Adalbert Svoboda: „Geſtalten des Glaubens“ (2 Bände. Leipzig 1897). Wenn wir von allen feineren Abtönungen und bunten Ge- wandungen des Gottes-Bildes abſehen, können wir füglich —

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899, S. [319]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_weltraethsel_1899/335>, abgerufen am 24.11.2024.