Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

XIII. Geschichte der Erde.
Methode auf das gesammte Gebiet der Geologie von dem
großen englischen Geologen Charles Lyell angewendet; seine
Principien der Geologie (1830) legten den festen Grund,
auf dem die folgende Geschichte der Erde mit so glänzendem
Erfolge weiterbaute *). Die bedeutungsvollen geogenetischen
Forschungen von Alexander Humboldt und Leopold
Buch
, von Gustav Bischof und Eduard Süß, wie von
vielen anderen modernen Geologen stützen sich sämmtlich auf die
festen empirischen Grundlagen und spekulativen Principien, welche
wir den bahnbrechenden Untersuchungen von Karl Hoff und
Charles Lyell verdanken; sie machten der reinen, vernünftigen
Wissenschaft die Bahn frei auf dem Gebiete der Erdgeschichte;
sie entfernten die gewaltigen Hindernisse, welche auch hier die
mythologische Dichtung und die religiöse Tradition aufgehäuft
hatten, vor Allem die Bibel und die darauf gegründete christliche
Mythologie. Ich habe die großen Verdienste von Charles
Lyell
und dessen Beziehungen zu seinem Freunde Charles
Darwin
bereits im sechsten und fünfzehnten Vortrage meiner
Natürlichen Schöpfungsgeschichte besprochen; für die weitere Kennt-
niß der Erdgeschichte und der gewaltigen Fortschritte, welche die
dynamische und historische Geologie in unserem Jahrhundert ge-
macht haben, verweise ich auf die bekannten Werke von Süß,
Neumayr, Credner
und Johannes Walther (S. 270).

Als zwei Hauptabschnitte der Erdgeschichte müssen wir vor
Allem die anorganische und organische Geogenie unter-
scheiden; die letztere beginnt mit dem ersten Auftreten lebender
Wesen auf unserem Erdball. Die anorganische Geschichte
der Erde, der ältere Abschnitt, verlief in derselben Weise wie
diejenige der übrigen Planeten unseres Sonnensystems; sie alle
lösten sich vom Aequator des rotirenden Sonnen-Körpers als

*) Vergl. M. Neumayr, Erdgeschichte. II. Aufl. Leipzig 1895.
Haeckel, Welträthsel. 19

XIII. Geſchichte der Erde.
Methode auf das geſammte Gebiet der Geologie von dem
großen engliſchen Geologen Charles Lyell angewendet; ſeine
Principien der Geologie (1830) legten den feſten Grund,
auf dem die folgende Geſchichte der Erde mit ſo glänzendem
Erfolge weiterbaute *). Die bedeutungsvollen geogenetiſchen
Forſchungen von Alexander Humboldt und Leopold
Buch
, von Guſtav Biſchof und Eduard Süß, wie von
vielen anderen modernen Geologen ſtützen ſich ſämmtlich auf die
feſten empiriſchen Grundlagen und ſpekulativen Principien, welche
wir den bahnbrechenden Unterſuchungen von Karl Hoff und
Charles Lyell verdanken; ſie machten der reinen, vernünftigen
Wiſſenſchaft die Bahn frei auf dem Gebiete der Erdgeſchichte;
ſie entfernten die gewaltigen Hinderniſſe, welche auch hier die
mythologiſche Dichtung und die religiöſe Tradition aufgehäuft
hatten, vor Allem die Bibel und die darauf gegründete chriſtliche
Mythologie. Ich habe die großen Verdienſte von Charles
Lyell
und deſſen Beziehungen zu ſeinem Freunde Charles
Darwin
bereits im ſechſten und fünfzehnten Vortrage meiner
Natürlichen Schöpfungsgeſchichte beſprochen; für die weitere Kennt-
niß der Erdgeſchichte und der gewaltigen Fortſchritte, welche die
dynamiſche und hiſtoriſche Geologie in unſerem Jahrhundert ge-
macht haben, verweiſe ich auf die bekannten Werke von Süß,
Neumayr, Credner
und Johannes Walther (S. 270).

Als zwei Hauptabſchnitte der Erdgeſchichte müſſen wir vor
Allem die anorganiſche und organiſche Geogenie unter-
ſcheiden; die letztere beginnt mit dem erſten Auftreten lebender
Weſen auf unſerem Erdball. Die anorganiſche Geſchichte
der Erde, der ältere Abſchnitt, verlief in derſelben Weiſe wie
diejenige der übrigen Planeten unſeres Sonnenſyſtems; ſie alle
löſten ſich vom Aequator des rotirenden Sonnen-Körpers als

*) Vergl. M. Neumayr, Erdgeſchichte. II. Aufl. Leipzig 1895.
Haeckel, Welträthſel. 19
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0305" n="289"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XIII.</hi> Ge&#x017F;chichte der Erde.</fw><lb/><hi rendition="#g">Methode</hi> auf das ge&#x017F;ammte Gebiet der <hi rendition="#g">Geologie</hi> von dem<lb/>
großen engli&#x017F;chen Geologen <hi rendition="#g">Charles Lyell</hi> angewendet; &#x017F;eine<lb/><hi rendition="#g">Principien der Geologie</hi> (1830) legten den fe&#x017F;ten Grund,<lb/>
auf dem die folgende Ge&#x017F;chichte der Erde mit &#x017F;o glänzendem<lb/>
Erfolge weiterbaute <note place="foot" n="*)">Vergl. M. <hi rendition="#g">Neumayr</hi>, Erdge&#x017F;chichte. <hi rendition="#aq">II.</hi> Aufl. Leipzig 1895.</note>. Die bedeutungsvollen geogeneti&#x017F;chen<lb/>
For&#x017F;chungen von <hi rendition="#g">Alexander Humboldt</hi> und <hi rendition="#g">Leopold<lb/>
Buch</hi>, von <hi rendition="#g">Gu&#x017F;tav Bi&#x017F;chof</hi> und <hi rendition="#g">Eduard Süß</hi>, wie von<lb/>
vielen anderen modernen Geologen &#x017F;tützen &#x017F;ich &#x017F;ämmtlich auf die<lb/>
fe&#x017F;ten empiri&#x017F;chen Grundlagen und &#x017F;pekulativen Principien, welche<lb/>
wir den bahnbrechenden Unter&#x017F;uchungen von <hi rendition="#g">Karl Hoff</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Charles Lyell</hi> verdanken; &#x017F;ie machten der reinen, vernünftigen<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft die Bahn frei auf dem Gebiete der Erdge&#x017F;chichte;<lb/>
&#x017F;ie entfernten die gewaltigen Hinderni&#x017F;&#x017F;e, welche auch hier die<lb/>
mythologi&#x017F;che Dichtung und die religiö&#x017F;e Tradition aufgehäuft<lb/>
hatten, vor Allem die Bibel und die darauf gegründete chri&#x017F;tliche<lb/>
Mythologie. Ich habe die großen Verdien&#x017F;te von <hi rendition="#g">Charles<lb/>
Lyell</hi> und de&#x017F;&#x017F;en Beziehungen zu &#x017F;einem Freunde <hi rendition="#g">Charles<lb/>
Darwin</hi> bereits im &#x017F;ech&#x017F;ten und fünfzehnten Vortrage meiner<lb/>
Natürlichen Schöpfungsge&#x017F;chichte be&#x017F;prochen; für die weitere Kennt-<lb/>
niß der Erdge&#x017F;chichte und der gewaltigen Fort&#x017F;chritte, welche die<lb/>
dynami&#x017F;che und hi&#x017F;tori&#x017F;che Geologie in un&#x017F;erem Jahrhundert ge-<lb/>
macht haben, verwei&#x017F;e ich auf die bekannten Werke von <hi rendition="#g">Süß,<lb/>
Neumayr, Credner</hi> und <hi rendition="#g">Johannes Walther</hi> (S. 270).</p><lb/>
          <p>Als zwei Hauptab&#x017F;chnitte der Erdge&#x017F;chichte mü&#x017F;&#x017F;en wir vor<lb/>
Allem die <hi rendition="#g">anorgani&#x017F;che</hi> und <hi rendition="#g">organi&#x017F;che Geogenie</hi> unter-<lb/>
&#x017F;cheiden; die letztere beginnt mit dem er&#x017F;ten Auftreten lebender<lb/>
We&#x017F;en auf un&#x017F;erem Erdball. Die <hi rendition="#g">anorgani&#x017F;che Ge&#x017F;chichte</hi><lb/>
der Erde, der ältere Ab&#x017F;chnitt, verlief in der&#x017F;elben Wei&#x017F;e wie<lb/>
diejenige der übrigen Planeten un&#x017F;eres Sonnen&#x017F;y&#x017F;tems; &#x017F;ie alle<lb/>&#x017F;ten &#x017F;ich vom Aequator des rotirenden Sonnen-Körpers als<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Haeckel</hi>, Welträth&#x017F;el. 19</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[289/0305] XIII. Geſchichte der Erde. Methode auf das geſammte Gebiet der Geologie von dem großen engliſchen Geologen Charles Lyell angewendet; ſeine Principien der Geologie (1830) legten den feſten Grund, auf dem die folgende Geſchichte der Erde mit ſo glänzendem Erfolge weiterbaute *). Die bedeutungsvollen geogenetiſchen Forſchungen von Alexander Humboldt und Leopold Buch, von Guſtav Biſchof und Eduard Süß, wie von vielen anderen modernen Geologen ſtützen ſich ſämmtlich auf die feſten empiriſchen Grundlagen und ſpekulativen Principien, welche wir den bahnbrechenden Unterſuchungen von Karl Hoff und Charles Lyell verdanken; ſie machten der reinen, vernünftigen Wiſſenſchaft die Bahn frei auf dem Gebiete der Erdgeſchichte; ſie entfernten die gewaltigen Hinderniſſe, welche auch hier die mythologiſche Dichtung und die religiöſe Tradition aufgehäuft hatten, vor Allem die Bibel und die darauf gegründete chriſtliche Mythologie. Ich habe die großen Verdienſte von Charles Lyell und deſſen Beziehungen zu ſeinem Freunde Charles Darwin bereits im ſechſten und fünfzehnten Vortrage meiner Natürlichen Schöpfungsgeſchichte beſprochen; für die weitere Kennt- niß der Erdgeſchichte und der gewaltigen Fortſchritte, welche die dynamiſche und hiſtoriſche Geologie in unſerem Jahrhundert ge- macht haben, verweiſe ich auf die bekannten Werke von Süß, Neumayr, Credner und Johannes Walther (S. 270). Als zwei Hauptabſchnitte der Erdgeſchichte müſſen wir vor Allem die anorganiſche und organiſche Geogenie unter- ſcheiden; die letztere beginnt mit dem erſten Auftreten lebender Weſen auf unſerem Erdball. Die anorganiſche Geſchichte der Erde, der ältere Abſchnitt, verlief in derſelben Weiſe wie diejenige der übrigen Planeten unſeres Sonnenſyſtems; ſie alle löſten ſich vom Aequator des rotirenden Sonnen-Körpers als *) Vergl. M. Neumayr, Erdgeſchichte. II. Aufl. Leipzig 1895. Haeckel, Welträthſel. 19

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_weltraethsel_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_weltraethsel_1899/305
Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_weltraethsel_1899/305>, abgerufen am 25.11.2024.