und die damit verknüpfte Ueberzeugung von der Einheit der Naturkräfte, von ihrem gemeinsamen Ursprung, durch alle kompetenten Physiker anerkannt und als der wichtigste Fort- schritt der Physik im 19. Jahrhundert gewürdigt wird. Wir wissen jetzt, daß Wärme ebenso gut eine Form der Bewegung ist wie Schall, Elektricität ebenso wie Licht, Chemismus ebenso wie Magnetismus. Wir können durch geeignete Vor- richtungen eine dieser Kräfte in die andere verwandeln und überzeugen uns dabei durch genaueste Messung, daß von ihrer Gesammt-Summe niemals das kleinste Theilchen verloren geht.
Spannkraft und lebendige Kraft (Potentielle und aktuelle Energie). Die Gesammtsumme der Kraft oder Energie im Weltall bleibt beständig, gleichviel, welche Ver- änderungen uns erscheinen; sie ist ewig und unendlich, wie die Materie, an die sie untrennbar gebunden ist. Das ganze Spiel der Natur beruht auf dem Wechsel von scheinbarer Ruhe und Bewegung; die ruhenden Körper besitzen aber ebenso eine unverlierbare Größe von Kraft, wie die bewegten. Bei der Bewegung selbst verwandelt sich die Spannkraft der ersteren in die lebendige Kraft der letzteren. "Indem das Princip der Er- haltung der Kraft sowohl die Abstoßung als die Anziehung in Betracht zieht, behauptet es, daß der mechanische Werth der Spannkräfte und der lebendigen Kräfte in der materiellen Welt eine konstante Quantität ist. Kurz gesagt zerfällt der Kraft- besitz des Universums in zwei Theile, die nach einem bestimmten Werthverhältniß in einander verwandelt werden können. Die Verminderung des einen bringt die Vergrößerung des anderen mit sich; der Gesammtwerth seines Besitzes bleibt jedoch unver- ändert." Die Spannkraft oder die potentielle Energie und die lebendige Kraft oder die aktuelle Energie werden beständig in einander umgewandelt, ohne daß die unendliche
Spannkraft und lebendige Kraft. XII.
und die damit verknüpfte Ueberzeugung von der Einheit der Naturkräfte, von ihrem gemeinſamen Urſprung, durch alle kompetenten Phyſiker anerkannt und als der wichtigſte Fort- ſchritt der Phyſik im 19. Jahrhundert gewürdigt wird. Wir wiſſen jetzt, daß Wärme ebenſo gut eine Form der Bewegung iſt wie Schall, Elektricität ebenſo wie Licht, Chemismus ebenſo wie Magnetismus. Wir können durch geeignete Vor- richtungen eine dieſer Kräfte in die andere verwandeln und überzeugen uns dabei durch genaueſte Meſſung, daß von ihrer Geſammt-Summe niemals das kleinſte Theilchen verloren geht.
Spannkraft und lebendige Kraft (Potentielle und aktuelle Energie). Die Geſammtſumme der Kraft oder Energie im Weltall bleibt beſtändig, gleichviel, welche Ver- änderungen uns erſcheinen; ſie iſt ewig und unendlich, wie die Materie, an die ſie untrennbar gebunden iſt. Das ganze Spiel der Natur beruht auf dem Wechſel von ſcheinbarer Ruhe und Bewegung; die ruhenden Körper beſitzen aber ebenſo eine unverlierbare Größe von Kraft, wie die bewegten. Bei der Bewegung ſelbſt verwandelt ſich die Spannkraft der erſteren in die lebendige Kraft der letzteren. „Indem das Princip der Er- haltung der Kraft ſowohl die Abſtoßung als die Anziehung in Betracht zieht, behauptet es, daß der mechaniſche Werth der Spannkräfte und der lebendigen Kräfte in der materiellen Welt eine konſtante Quantität iſt. Kurz geſagt zerfällt der Kraft- beſitz des Univerſums in zwei Theile, die nach einem beſtimmten Werthverhältniß in einander verwandelt werden können. Die Verminderung des einen bringt die Vergrößerung des anderen mit ſich; der Geſammtwerth ſeines Beſitzes bleibt jedoch unver- ändert.“ Die Spannkraft oder die potentielle Energie und die lebendige Kraft oder die aktuelle Energie werden beſtändig in einander umgewandelt, ohne daß die unendliche
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Spannkraft und lebendige Kraft. XII.
und die damit verknüpfte Ueberzeugung von der Einheit der
Naturkräfte, von ihrem gemeinſamen Urſprung, durch alle
kompetenten Phyſiker anerkannt und als der wichtigſte Fort-
ſchritt der Phyſik im 19. Jahrhundert gewürdigt wird. Wir
wiſſen jetzt, daß Wärme ebenſo gut eine Form der Bewegung
iſt wie Schall, Elektricität ebenſo wie Licht, Chemismus
ebenſo wie Magnetismus. Wir können durch geeignete Vor-
richtungen eine dieſer Kräfte in die andere verwandeln und
überzeugen uns dabei durch genaueſte Meſſung, daß von ihrer
Geſammt-Summe niemals das kleinſte Theilchen verloren geht.
Spannkraft und lebendige Kraft (Potentielle und
aktuelle Energie). Die Geſammtſumme der Kraft oder
Energie im Weltall bleibt beſtändig, gleichviel, welche Ver-
änderungen uns erſcheinen; ſie iſt ewig und unendlich, wie die
Materie, an die ſie untrennbar gebunden iſt. Das ganze
Spiel der Natur beruht auf dem Wechſel von ſcheinbarer Ruhe
und Bewegung; die ruhenden Körper beſitzen aber ebenſo eine
unverlierbare Größe von Kraft, wie die bewegten. Bei der
Bewegung ſelbſt verwandelt ſich die Spannkraft der erſteren in
die lebendige Kraft der letzteren. „Indem das Princip der Er-
haltung der Kraft ſowohl die Abſtoßung als die Anziehung in
Betracht zieht, behauptet es, daß der mechaniſche Werth der
Spannkräfte und der lebendigen Kräfte in der materiellen Welt
eine konſtante Quantität iſt. Kurz geſagt zerfällt der Kraft-
beſitz des Univerſums in zwei Theile, die nach einem beſtimmten
Werthverhältniß in einander verwandelt werden können. Die
Verminderung des einen bringt die Vergrößerung des anderen
mit ſich; der Geſammtwerth ſeines Beſitzes bleibt jedoch unver-
ändert.“ Die Spannkraft oder die potentielle Energie
und die lebendige Kraft oder die aktuelle Energie werden
beſtändig in einander umgewandelt, ohne daß die unendliche
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Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_weltraethsel_1899/282>, abgerufen am 16.02.2025.
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