Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.Unhaltbarkeit des Athanismus. XI. auch heute eine höchst wichtige Rolle und üben als "Postulateder praktischen Vernunft" den größten Einfluß auf die Lebens- anschauungen der Individuen und die Geschicke der Völker. Die idealistische und spiritualistische Philosophie der Gegen- Unhaltbarkeit des Athanismus. XI. auch heute eine höchſt wichtige Rolle und üben als „Poſtulateder praktiſchen Vernunft“ den größten Einfluß auf die Lebens- anſchauungen der Individuen und die Geſchicke der Völker. Die idealiſtiſche und ſpiritualiſtiſche Philoſophie der Gegen- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0258" n="242"/><fw place="top" type="header">Unhaltbarkeit des Athanismus. <hi rendition="#aq">XI.</hi></fw><lb/> auch heute eine höchſt wichtige Rolle und üben als „Poſtulate<lb/> der praktiſchen Vernunft“ den größten Einfluß auf die Lebens-<lb/> anſchauungen der Individuen und die Geſchicke der Völker.</p><lb/> <p>Die idealiſtiſche und ſpiritualiſtiſche Philoſophie der Gegen-<lb/> wart wird nun freilich zugeben, daß dieſe herrſchenden materia-<lb/> liſtiſchen Formen des Unſterblichkeits-Glaubens unhaltbar ſeien,<lb/> und ſie wird behaupten, daß an ihre Stelle die geläuterte Vor-<lb/> ſtellung von einem immateriellen Seelen-Weſen, von einer plato-<lb/> niſchen Idee oder einer transſcendenten Seelen-Subſtanz treten<lb/> müſſe. Allein mit dieſen unfaßbaren Vorſtellungen kann die<lb/> realiſtiſche Natur-Anſchauung der Gegenwart abſolut Nichts an-<lb/> fangen; ſie befriedigen weder das Kauſalitäts-Bedürfniß unſers<lb/> Verſtandes, noch die Wünſche unſers Gemüthes. Faſſen wir<lb/> Alles zuſammen, was vorgeſchrittene Anthropologie, Pſychologie<lb/> und Kosmologie der Gegenwart über den Athanismus ergründet<lb/> haben, ſo müſſen wir zu dem beſtimmten Schluſſe kommen: „Der<lb/> Glaube an die Unſterblichkeit der menſchlichen Seele iſt ein<lb/> Dogma, welches mit den ſicherſten Erfahrungs-Sätzen der modernen<lb/> Naturwiſſenſchaft in unlösbarem Widerſpruche ſteht.“</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [242/0258]
Unhaltbarkeit des Athanismus. XI.
auch heute eine höchſt wichtige Rolle und üben als „Poſtulate
der praktiſchen Vernunft“ den größten Einfluß auf die Lebens-
anſchauungen der Individuen und die Geſchicke der Völker.
Die idealiſtiſche und ſpiritualiſtiſche Philoſophie der Gegen-
wart wird nun freilich zugeben, daß dieſe herrſchenden materia-
liſtiſchen Formen des Unſterblichkeits-Glaubens unhaltbar ſeien,
und ſie wird behaupten, daß an ihre Stelle die geläuterte Vor-
ſtellung von einem immateriellen Seelen-Weſen, von einer plato-
niſchen Idee oder einer transſcendenten Seelen-Subſtanz treten
müſſe. Allein mit dieſen unfaßbaren Vorſtellungen kann die
realiſtiſche Natur-Anſchauung der Gegenwart abſolut Nichts an-
fangen; ſie befriedigen weder das Kauſalitäts-Bedürfniß unſers
Verſtandes, noch die Wünſche unſers Gemüthes. Faſſen wir
Alles zuſammen, was vorgeſchrittene Anthropologie, Pſychologie
und Kosmologie der Gegenwart über den Athanismus ergründet
haben, ſo müſſen wir zu dem beſtimmten Schluſſe kommen: „Der
Glaube an die Unſterblichkeit der menſchlichen Seele iſt ein
Dogma, welches mit den ſicherſten Erfahrungs-Sätzen der modernen
Naturwiſſenſchaft in unlösbarem Widerſpruche ſteht.“
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Zitationshilfe: | Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_weltraethsel_1899/258>, abgerufen am 16.02.2025. |