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Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.

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Verwandlung der Zellseele. IX.
über die "Perigenesis der Plastidule" erörtert, theils 1877 in
meiner Münchener Rede "über die heutige Entwickelungslehre im
Verhältniß zur Gesammtwissenschaft". Eine mehr populäre Dar-
stellung derselben enthalten meine beiden Wiener Vorträge (1878)
"über Ursprung und Entwickelung der Sinneswerkzeuge" und
"über Zellseelen und Seelenzellen" *)

Die einfache Zellseele zeigt übrigens schon innerhalb des
Protistenreiches eine lange Reihe von Entwickelungsstufen, von
ganz einfachen, primitiven bis zu sehr vollkommenen und hohen
Seelen-Zuständen. Bei den ältesten und einfachsten Protisten ist
das Vermögen der Empfindung und Bewegung gleichmäßig auf
das ganze Plasma des homogenen Körperchens vertheilt; bei den
höheren Formen dagegen sondern sich als physiologische Organe
derselben besondere "Zellwerkzeuge" oder Organelle. Der-
artige motorische Zelltheile sind die Pseudopodien der Rhizopoden,
die Flimmerhaare, Geißeln und Wimpern der Infusorien. Als
ein inneres Central-Organ des Zellenlebens wird der Zellkern
betrachtet, welcher den ältesten und niedersten Protisten noch
fehlt. In physiologisch-chemischer Beziehung ist besonders hervor-
zuheben, daß die ursprünglichsten und ältesten Protisten Plas-
modomen
waren, mit pflanzlichem Stoffwechsel, also Proto-
phyten
oder "Urpflanzen"; aus ihnen entstanden erst sekundär,
durch Metasitismus, die ersten Plasmophagen, mit thierischem
Stoffwechsel, also Protozoen oder "Urthiere" **). Dieser
Metasitismus, die "Umkehrung des Stoffwechsels", bedeutete
einen wichtigen psychologischen Fortschritt; denn damit begann
die Entwickelung jener charakteristischen Vorzüge der "Thierseele",
welche der "Pflanzenseele" noch fehlen.

Die höchste Ausbildung der thierischen Zellseele treffen wir
in der Klasse der Ciliaten oder Wimper-Infusorien.



*) E. Haeckel, Gesammelte populäre Vorträge aus dem Gebiete der
Entwickelungslehre. Bonn 1878.
**) E. Haeckel, Systematische Phylogenie Bd. I, 1894, § 38.

Verwandlung der Zellſeele. IX.
über die „Perigeneſis der Plaſtidule“ erörtert, theils 1877 in
meiner Münchener Rede „über die heutige Entwickelungslehre im
Verhältniß zur Geſammtwiſſenſchaft“. Eine mehr populäre Dar-
ſtellung derſelben enthalten meine beiden Wiener Vorträge (1878)
„über Urſprung und Entwickelung der Sinneswerkzeuge“ und
„über Zellſeelen und Seelenzellen“ *)

Die einfache Zellſeele zeigt übrigens ſchon innerhalb des
Protiſtenreiches eine lange Reihe von Entwickelungsſtufen, von
ganz einfachen, primitiven bis zu ſehr vollkommenen und hohen
Seelen-Zuſtänden. Bei den älteſten und einfachſten Protiſten iſt
das Vermögen der Empfindung und Bewegung gleichmäßig auf
das ganze Plasma des homogenen Körperchens vertheilt; bei den
höheren Formen dagegen ſondern ſich als phyſiologiſche Organe
derſelben beſondere „Zellwerkzeuge“ oder Organelle. Der-
artige motoriſche Zelltheile ſind die Pſeudopodien der Rhizopoden,
die Flimmerhaare, Geißeln und Wimpern der Infuſorien. Als
ein inneres Central-Organ des Zellenlebens wird der Zellkern
betrachtet, welcher den älteſten und niederſten Protiſten noch
fehlt. In phyſiologiſch-chemiſcher Beziehung iſt beſonders hervor-
zuheben, daß die urſprünglichſten und älteſten Protiſten Plas-
modomen
waren, mit pflanzlichem Stoffwechſel, alſo Proto-
phyten
oder „Urpflanzen“; aus ihnen entſtanden erſt ſekundär,
durch Metaſitismus, die erſten Plasmophagen, mit thieriſchem
Stoffwechſel, alſo Protozoen oder „Urthiere“ **). Dieſer
Metaſitismus, die „Umkehrung des Stoffwechſels“, bedeutete
einen wichtigen pſychologiſchen Fortſchritt; denn damit begann
die Entwickelung jener charakteriſtiſchen Vorzüge der „Thierſeele“,
welche der „Pflanzenſeele“ noch fehlen.

Die höchſte Ausbildung der thieriſchen Zellſeele treffen wir
in der Klaſſe der Ciliaten oder Wimper-Infuſorien.



*) E. Haeckel, Geſammelte populäre Vorträge aus dem Gebiete der
Entwickelungslehre. Bonn 1878.
**) E. Haeckel, Syſtematiſche Phylogenie Bd. I, 1894, § 38.
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[178/0194] Verwandlung der Zellſeele. IX. über die „Perigeneſis der Plaſtidule“ erörtert, theils 1877 in meiner Münchener Rede „über die heutige Entwickelungslehre im Verhältniß zur Geſammtwiſſenſchaft“. Eine mehr populäre Dar- ſtellung derſelben enthalten meine beiden Wiener Vorträge (1878) „über Urſprung und Entwickelung der Sinneswerkzeuge“ und „über Zellſeelen und Seelenzellen“ *) Die einfache Zellſeele zeigt übrigens ſchon innerhalb des Protiſtenreiches eine lange Reihe von Entwickelungsſtufen, von ganz einfachen, primitiven bis zu ſehr vollkommenen und hohen Seelen-Zuſtänden. Bei den älteſten und einfachſten Protiſten iſt das Vermögen der Empfindung und Bewegung gleichmäßig auf das ganze Plasma des homogenen Körperchens vertheilt; bei den höheren Formen dagegen ſondern ſich als phyſiologiſche Organe derſelben beſondere „Zellwerkzeuge“ oder Organelle. Der- artige motoriſche Zelltheile ſind die Pſeudopodien der Rhizopoden, die Flimmerhaare, Geißeln und Wimpern der Infuſorien. Als ein inneres Central-Organ des Zellenlebens wird der Zellkern betrachtet, welcher den älteſten und niederſten Protiſten noch fehlt. In phyſiologiſch-chemiſcher Beziehung iſt beſonders hervor- zuheben, daß die urſprünglichſten und älteſten Protiſten Plas- modomen waren, mit pflanzlichem Stoffwechſel, alſo Proto- phyten oder „Urpflanzen“; aus ihnen entſtanden erſt ſekundär, durch Metaſitismus, die erſten Plasmophagen, mit thieriſchem Stoffwechſel, alſo Protozoen oder „Urthiere“ **). Dieſer Metaſitismus, die „Umkehrung des Stoffwechſels“, bedeutete einen wichtigen pſychologiſchen Fortſchritt; denn damit begann die Entwickelung jener charakteriſtiſchen Vorzüge der „Thierſeele“, welche der „Pflanzenſeele“ noch fehlen. Die höchſte Ausbildung der thieriſchen Zellſeele treffen wir in der Klaſſe der Ciliaten oder Wimper-Infuſorien. *) E. Haeckel, Geſammelte populäre Vorträge aus dem Gebiete der Entwickelungslehre. Bonn 1878. **) E. Haeckel, Syſtematiſche Phylogenie Bd. I, 1894, § 38.

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_weltraethsel_1899/194>, abgerufen am 23.11.2024.