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Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.

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IX. Theorie der Zellseele.
Versuche gestützten "Psycho-physiologischen Protisten-
Studien
". Auch die wenigen älteren Beobachtungen über
"das Seelenleben der Protisten" sind darin zusammengestellt.
Verworn gelangte zu der festen Ueberzeugung, daß bei allen
Protisten die psychischen Vorgänge noch unbewußt sind, daß
die Vorgänge der Empfindung und Bewegung hier noch mit den
molekularen Lebensprocessen im Plasma selbst zusammenfallen,
und daß ihre letzten Ursachen in den Eigenschaften der Plasma-
Moleküle
(der Plastidule) zu suchen sind. "Die psychischen
Vorgänge im Protistenreich sind daher die Brücke, welche die
chemischen Processe in der unorganischen Natur mit dem Seelen-
leben der höchsten Thiere verbindet; sie repräsentiren den Keim
der höchsten psychischen Erscheinungen bei den Metazoen und dem
Menschen."

Die sorgfältigen Beobachtungen und zahlreichen Experimente
von Verworn, im Verein mit denjenigen von Wilhelm
Engelmann, Wilhelm Preyer, Richard Hertwig

und anderen neueren Protisten-Forschern, liefern die bündigen
Beweise für meine monistische "Theorie der Zellseele"
(1866). Gestützt auf eigene langjährige Untersuchungen von
verschiedenen Protisten, besonders von Rhizopoden und Infusorien,
hatte ich schon vor 33 Jahren den Satz aufgestellt, daß jede
lebendige Zelle psychische Eigenschaften besitzt, und daß also auch
das Seelenleben der vielzelligen Thiere und Pflanzen nichts
Anderes ist als das Resultat der psychischen Funktionen der
ihren Leib zusammensetzenden Zellen. Bei den niederen Gruppen
(z. B. Algen und Spongien) sind alle Zellen des Körpers
gleichmäßig (oder mit geringen Unterschieden) daran betheiligt;
in den höheren Gruppen dagegen, entsprechend den Gesetzen der
Arbeitstheilung, nur ein auserlesener Theil derselben, die
"Seelenzellen". Die bedeutungsvollen Konsequenzen dieser "Cel-
lular-Psychologie
" hatte ich theils 1876 in meiner Schrift

Haeckel, Welträthsel. 12

IX. Theorie der Zellſeele.
Verſuche geſtützten „Pſycho-phyſiologiſchen Protiſten-
Studien
“. Auch die wenigen älteren Beobachtungen über
„das Seelenleben der Protiſten“ ſind darin zuſammengeſtellt.
Verworn gelangte zu der feſten Ueberzeugung, daß bei allen
Protiſten die pſychiſchen Vorgänge noch unbewußt ſind, daß
die Vorgänge der Empfindung und Bewegung hier noch mit den
molekularen Lebensproceſſen im Plasma ſelbſt zuſammenfallen,
und daß ihre letzten Urſachen in den Eigenſchaften der Plasma-
Moleküle
(der Plaſtidule) zu ſuchen ſind. „Die pſychiſchen
Vorgänge im Protiſtenreich ſind daher die Brücke, welche die
chemiſchen Proceſſe in der unorganiſchen Natur mit dem Seelen-
leben der höchſten Thiere verbindet; ſie repräſentiren den Keim
der höchſten pſychiſchen Erſcheinungen bei den Metazoen und dem
Menſchen.“

Die ſorgfältigen Beobachtungen und zahlreichen Experimente
von Verworn, im Verein mit denjenigen von Wilhelm
Engelmann, Wilhelm Preyer, Richard Hertwig

und anderen neueren Protiſten-Forſchern, liefern die bündigen
Beweiſe für meine moniſtiſche „Theorie der Zellſeele
(1866). Geſtützt auf eigene langjährige Unterſuchungen von
verſchiedenen Protiſten, beſonders von Rhizopoden und Infuſorien,
hatte ich ſchon vor 33 Jahren den Satz aufgeſtellt, daß jede
lebendige Zelle pſychiſche Eigenſchaften beſitzt, und daß alſo auch
das Seelenleben der vielzelligen Thiere und Pflanzen nichts
Anderes iſt als das Reſultat der pſychiſchen Funktionen der
ihren Leib zuſammenſetzenden Zellen. Bei den niederen Gruppen
(z. B. Algen und Spongien) ſind alle Zellen des Körpers
gleichmäßig (oder mit geringen Unterſchieden) daran betheiligt;
in den höheren Gruppen dagegen, entſprechend den Geſetzen der
Arbeitstheilung, nur ein auserleſener Theil derſelben, die
„Seelenzellen“. Die bedeutungsvollen Konſequenzen dieſer „Cel-
lular-Pſychologie
“ hatte ich theils 1876 in meiner Schrift

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[177/0193] IX. Theorie der Zellſeele. Verſuche geſtützten „Pſycho-phyſiologiſchen Protiſten- Studien“. Auch die wenigen älteren Beobachtungen über „das Seelenleben der Protiſten“ ſind darin zuſammengeſtellt. Verworn gelangte zu der feſten Ueberzeugung, daß bei allen Protiſten die pſychiſchen Vorgänge noch unbewußt ſind, daß die Vorgänge der Empfindung und Bewegung hier noch mit den molekularen Lebensproceſſen im Plasma ſelbſt zuſammenfallen, und daß ihre letzten Urſachen in den Eigenſchaften der Plasma- Moleküle (der Plaſtidule) zu ſuchen ſind. „Die pſychiſchen Vorgänge im Protiſtenreich ſind daher die Brücke, welche die chemiſchen Proceſſe in der unorganiſchen Natur mit dem Seelen- leben der höchſten Thiere verbindet; ſie repräſentiren den Keim der höchſten pſychiſchen Erſcheinungen bei den Metazoen und dem Menſchen.“ Die ſorgfältigen Beobachtungen und zahlreichen Experimente von Verworn, im Verein mit denjenigen von Wilhelm Engelmann, Wilhelm Preyer, Richard Hertwig und anderen neueren Protiſten-Forſchern, liefern die bündigen Beweiſe für meine moniſtiſche „Theorie der Zellſeele“ (1866). Geſtützt auf eigene langjährige Unterſuchungen von verſchiedenen Protiſten, beſonders von Rhizopoden und Infuſorien, hatte ich ſchon vor 33 Jahren den Satz aufgeſtellt, daß jede lebendige Zelle pſychiſche Eigenſchaften beſitzt, und daß alſo auch das Seelenleben der vielzelligen Thiere und Pflanzen nichts Anderes iſt als das Reſultat der pſychiſchen Funktionen der ihren Leib zuſammenſetzenden Zellen. Bei den niederen Gruppen (z. B. Algen und Spongien) ſind alle Zellen des Körpers gleichmäßig (oder mit geringen Unterſchieden) daran betheiligt; in den höheren Gruppen dagegen, entſprechend den Geſetzen der Arbeitstheilung, nur ein auserleſener Theil derſelben, die „Seelenzellen“. Die bedeutungsvollen Konſequenzen dieſer „Cel- lular-Pſychologie“ hatte ich theils 1876 in meiner Schrift Haeckel, Welträthſel. 12

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_weltraethsel_1899/193>, abgerufen am 23.11.2024.