I.Cellulare Vorstellung. Auf den niedersten Stufen begegnet uns die Vorstellung als eine allgemeine physiologische Funktion des Psychoplasma; schon bei den einfachsten einzelligen Protisten können Empfindungen bleibende Spuren im Psycho- plasma hinterlassen, und diese können vom Gedächtniß repro- ducirt werden. Bei mehr als viertausend Radiolarien-Arten, welche ich beschrieben habe, ist jede einzelne Species durch eine besondere erbliche Skelettform ausgezeichnet. Die Produktion dieses specifischen, oft höchst verwickelt gebauten Skeletts durch eine höchst einfach gestaltete (meist kugelige) Zelle ist nur dann erklärlich, wenn wir dem bauenden Plasma die Fähigkeit der Vorstellung zuschreiben, und zwar der besonderen Reproduktion des "plastischen Distanz-Gefühls", wie ich in meiner Psychologie der Radiolarien gezeigt habe *).
II.Histonale Vorstellung. Schon bei den Cöno- bien oder Zellvereinen der geselligen Protisten, noch mehr aber in den Geweben der Pflanzen und der niederen, nervenlosen Thiere (Spongien, Polypen) begegnen wir der zweiten Stufe der unbewußten Vorstellung, welche auf dem gemeinsamen Seelenleben zahlreicher, eng verbundener Zellen beruht. Wenn einmalige Reize nicht bloß eine vorübergehende Reflexbewegung eines Organes (z. B. eines Pflanzen-Blattes, eines Polypen- Armes) auslösen, sondern einen bleibenden Eindruck hinterlassen, der von diesem später spontan reproducirt werden kann, so müssen wir zur Erklärung dieser Erscheinung eine Histonal- Vorstellung annehmen, gebunden an das Psychoplasma der associirten Gewebe-Zellen.
III.Unbewußte Vorstellung der Ganglien- Zellen. Diese dritte, höhere Stufe der Vorstellung ist die
*) E. Haeckel, Allgemeine Naturgeschichte der Radiolarien, 1887, S. 121.
VII. Stufenleiter der Vorſtellungen.
I.Cellulare Vorſtellung. Auf den niederſten Stufen begegnet uns die Vorſtellung als eine allgemeine phyſiologiſche Funktion des Pſychoplasma; ſchon bei den einfachſten einzelligen Protiſten können Empfindungen bleibende Spuren im Pſycho- plasma hinterlaſſen, und dieſe können vom Gedächtniß repro- ducirt werden. Bei mehr als viertauſend Radiolarien-Arten, welche ich beſchrieben habe, iſt jede einzelne Species durch eine beſondere erbliche Skelettform ausgezeichnet. Die Produktion dieſes ſpecifiſchen, oft höchſt verwickelt gebauten Skeletts durch eine höchſt einfach geſtaltete (meiſt kugelige) Zelle iſt nur dann erklärlich, wenn wir dem bauenden Plasma die Fähigkeit der Vorſtellung zuſchreiben, und zwar der beſonderen Reproduktion des „plaſtiſchen Diſtanz-Gefühls“, wie ich in meiner Pſychologie der Radiolarien gezeigt habe *).
II.Hiſtonale Vorſtellung. Schon bei den Cöno- bien oder Zellvereinen der geſelligen Protiſten, noch mehr aber in den Geweben der Pflanzen und der niederen, nervenloſen Thiere (Spongien, Polypen) begegnen wir der zweiten Stufe der unbewußten Vorſtellung, welche auf dem gemeinſamen Seelenleben zahlreicher, eng verbundener Zellen beruht. Wenn einmalige Reize nicht bloß eine vorübergehende Reflexbewegung eines Organes (z. B. eines Pflanzen-Blattes, eines Polypen- Armes) auslöſen, ſondern einen bleibenden Eindruck hinterlaſſen, der von dieſem ſpäter ſpontan reproducirt werden kann, ſo müſſen wir zur Erklärung dieſer Erſcheinung eine Hiſtonal- Vorſtellung annehmen, gebunden an das Pſychoplasma der aſſociirten Gewebe-Zellen.
III.Unbewußte Vorſtellung der Ganglien- Zellen. Dieſe dritte, höhere Stufe der Vorſtellung iſt die
*) E. Haeckel, Allgemeine Naturgeſchichte der Radiolarien, 1887, S. 121.
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VII. Stufenleiter der Vorſtellungen.
I. Cellulare Vorſtellung. Auf den niederſten Stufen
begegnet uns die Vorſtellung als eine allgemeine phyſiologiſche
Funktion des Pſychoplasma; ſchon bei den einfachſten einzelligen
Protiſten können Empfindungen bleibende Spuren im Pſycho-
plasma hinterlaſſen, und dieſe können vom Gedächtniß repro-
ducirt werden. Bei mehr als viertauſend Radiolarien-Arten,
welche ich beſchrieben habe, iſt jede einzelne Species durch eine
beſondere erbliche Skelettform ausgezeichnet. Die Produktion
dieſes ſpecifiſchen, oft höchſt verwickelt gebauten Skeletts durch
eine höchſt einfach geſtaltete (meiſt kugelige) Zelle iſt nur dann
erklärlich, wenn wir dem bauenden Plasma die Fähigkeit der
Vorſtellung zuſchreiben, und zwar der beſonderen Reproduktion
des „plaſtiſchen Diſtanz-Gefühls“, wie ich in meiner Pſychologie
der Radiolarien gezeigt habe *).
II. Hiſtonale Vorſtellung. Schon bei den Cöno-
bien oder Zellvereinen der geſelligen Protiſten, noch mehr aber
in den Geweben der Pflanzen und der niederen, nervenloſen
Thiere (Spongien, Polypen) begegnen wir der zweiten Stufe
der unbewußten Vorſtellung, welche auf dem gemeinſamen
Seelenleben zahlreicher, eng verbundener Zellen beruht. Wenn
einmalige Reize nicht bloß eine vorübergehende Reflexbewegung
eines Organes (z. B. eines Pflanzen-Blattes, eines Polypen-
Armes) auslöſen, ſondern einen bleibenden Eindruck hinterlaſſen,
der von dieſem ſpäter ſpontan reproducirt werden kann, ſo
müſſen wir zur Erklärung dieſer Erſcheinung eine Hiſtonal-
Vorſtellung annehmen, gebunden an das Pſychoplasma der
aſſociirten Gewebe-Zellen.
III. Unbewußte Vorſtellung der Ganglien-
Zellen. Dieſe dritte, höhere Stufe der Vorſtellung iſt die
*) E. Haeckel, Allgemeine Naturgeſchichte der Radiolarien, 1887,
S. 121.
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Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_weltraethsel_1899/153>, abgerufen am 27.11.2024.
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