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Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.

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V. Begründung der Anthropogenie.
thiere, wissenschaftlich erklärt werden könne. Darwin, der
naturgemäß zu derselben Ueberzeugung gelangt war, ging in
seinem Hauptwerk (1859) über diese anstößigste Folgerung seiner
Lehre absichtlich hinweg und hat dieselbe erst später (1871) in
einem zweibändigen Werke über "Die Abstammung des Menschen
und die geschlechtliche Zuchtwahl" geistreich ausgeführt. In-
zwischen hatte aber schon sein Freund Huxley (1863) jenen
wichtigsten Folgeschluß der Abstammungslehre sehr scharfsinnig
erörtert in seiner berühmten kleinen Schrift über die "Zeugnisse
für die Stellung des Menschen in der Natur". An der Hand
der vergleichenden Anatomie und Ontogenie, und gestützt auf die
Thatsachen der Paläontologie zeigte Huxley, daß die "Ab-
stammung des Menschen vom Affen" eine nothwendige Conse-
quenz des Darwinismus sei, und daß eine andere wissenschaftliche
Erklärung von der Entstehung des Menschengeschlechts überhaupt
nicht gegeben werden könne. Diese Ueberzeugung theilte auch
damals schon Carl Gegenbaur, der bedeutendste Vertreter
der vergleichenden Anatomie, welcher diese wichtige Wissenschaft
durch die consequente und scharfsinnige Anwendung der Descen-
denz-Theorie auf eine höhere Stufe erhoben hat.

Als weitere Folgerung dieser Pithecoiden-Theorie
(oder "Affen-Abstammungslehre" des Menschen) ergab sich die
schwierige Aufgabe, nicht nur die nächstverwandten Säugethier-
Ahnen des Menschen in der Tertiär-Zeit zu erforschen,
sondern auch die lange Reihe der älteren thierischen Vorfahren,
welche in früheren Zeiträumen der Erdgeschichte gelebt und
während ungezählter Jahr-Millionen sich entwickelt hatten. Die
hypothetische Lösung dieser großen historischen Aufgabe hatte
ich schon 1866 in der Generellen Morphologie zu beginnen ver-
sucht; weiter ausgeführt habe ich dieselbe 1874 in meiner
Anthropogenie (I. Theil: Keimesgeschichte, II. Theil:
Stammesgeschichte). Die vierte umgearbeitete Auflage dieses

V. Begründung der Anthropogenie.
thiere, wiſſenſchaftlich erklärt werden könne. Darwin, der
naturgemäß zu derſelben Ueberzeugung gelangt war, ging in
ſeinem Hauptwerk (1859) über dieſe anſtößigſte Folgerung ſeiner
Lehre abſichtlich hinweg und hat dieſelbe erſt ſpäter (1871) in
einem zweibändigen Werke über „Die Abſtammung des Menſchen
und die geſchlechtliche Zuchtwahl“ geiſtreich ausgeführt. In-
zwiſchen hatte aber ſchon ſein Freund Huxley (1863) jenen
wichtigſten Folgeſchluß der Abſtammungslehre ſehr ſcharfſinnig
erörtert in ſeiner berühmten kleinen Schrift über die „Zeugniſſe
für die Stellung des Menſchen in der Natur“. An der Hand
der vergleichenden Anatomie und Ontogenie, und geſtützt auf die
Thatſachen der Paläontologie zeigte Huxley, daß die „Ab-
ſtammung des Menſchen vom Affen“ eine nothwendige Conſe-
quenz des Darwinismus ſei, und daß eine andere wiſſenſchaftliche
Erklärung von der Entſtehung des Menſchengeſchlechts überhaupt
nicht gegeben werden könne. Dieſe Ueberzeugung theilte auch
damals ſchon Carl Gegenbaur, der bedeutendſte Vertreter
der vergleichenden Anatomie, welcher dieſe wichtige Wiſſenſchaft
durch die conſequente und ſcharfſinnige Anwendung der Deſcen-
denz-Theorie auf eine höhere Stufe erhoben hat.

Als weitere Folgerung dieſer Pithecoiden-Theorie
(oder „Affen-Abſtammungslehre“ des Menſchen) ergab ſich die
ſchwierige Aufgabe, nicht nur die nächſtverwandten Säugethier-
Ahnen des Menſchen in der Tertiär-Zeit zu erforſchen,
ſondern auch die lange Reihe der älteren thieriſchen Vorfahren,
welche in früheren Zeiträumen der Erdgeſchichte gelebt und
während ungezählter Jahr-Millionen ſich entwickelt hatten. Die
hypothetiſche Löſung dieſer großen hiſtoriſchen Aufgabe hatte
ich ſchon 1866 in der Generellen Morphologie zu beginnen ver-
ſucht; weiter ausgeführt habe ich dieſelbe 1874 in meiner
Anthropogenie (I. Theil: Keimesgeſchichte, II. Theil:
Stammesgeſchichte). Die vierte umgearbeitete Auflage dieſes

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[95/0111] V. Begründung der Anthropogenie. thiere, wiſſenſchaftlich erklärt werden könne. Darwin, der naturgemäß zu derſelben Ueberzeugung gelangt war, ging in ſeinem Hauptwerk (1859) über dieſe anſtößigſte Folgerung ſeiner Lehre abſichtlich hinweg und hat dieſelbe erſt ſpäter (1871) in einem zweibändigen Werke über „Die Abſtammung des Menſchen und die geſchlechtliche Zuchtwahl“ geiſtreich ausgeführt. In- zwiſchen hatte aber ſchon ſein Freund Huxley (1863) jenen wichtigſten Folgeſchluß der Abſtammungslehre ſehr ſcharfſinnig erörtert in ſeiner berühmten kleinen Schrift über die „Zeugniſſe für die Stellung des Menſchen in der Natur“. An der Hand der vergleichenden Anatomie und Ontogenie, und geſtützt auf die Thatſachen der Paläontologie zeigte Huxley, daß die „Ab- ſtammung des Menſchen vom Affen“ eine nothwendige Conſe- quenz des Darwinismus ſei, und daß eine andere wiſſenſchaftliche Erklärung von der Entſtehung des Menſchengeſchlechts überhaupt nicht gegeben werden könne. Dieſe Ueberzeugung theilte auch damals ſchon Carl Gegenbaur, der bedeutendſte Vertreter der vergleichenden Anatomie, welcher dieſe wichtige Wiſſenſchaft durch die conſequente und ſcharfſinnige Anwendung der Deſcen- denz-Theorie auf eine höhere Stufe erhoben hat. Als weitere Folgerung dieſer Pithecoiden-Theorie (oder „Affen-Abſtammungslehre“ des Menſchen) ergab ſich die ſchwierige Aufgabe, nicht nur die nächſtverwandten Säugethier- Ahnen des Menſchen in der Tertiär-Zeit zu erforſchen, ſondern auch die lange Reihe der älteren thieriſchen Vorfahren, welche in früheren Zeiträumen der Erdgeſchichte gelebt und während ungezählter Jahr-Millionen ſich entwickelt hatten. Die hypothetiſche Löſung dieſer großen hiſtoriſchen Aufgabe hatte ich ſchon 1866 in der Generellen Morphologie zu beginnen ver- ſucht; weiter ausgeführt habe ich dieſelbe 1874 in meiner Anthropogenie (I. Theil: Keimesgeſchichte, II. Theil: Stammesgeſchichte). Die vierte umgearbeitete Auflage dieſes

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_weltraethsel_1899/111>, abgerufen am 22.11.2024.