Wissenschaftliche Nothwendigkeit der Entwickelungstheorien.
dieses oder jenes einzelnen Organismus annähernd zu erklären ver- mögen; sondern sie sind streng wissenschaftlich begründete Theorien, welche von einem festen und klaren Standpunkte aus die Gesammt- heit der organischen Naturerscheinungen, und insbesondere die Entste- hung der organischen Species auf das Einfachste erklären, und als die nothwendigen Folgen mechanischer Naturvorgänge nachweisen.
Wie ich bereits im zweiten Vortrage Jhnen zeigte, fallen diese Entwickelungstheorien naturgemäß mit derjenigen allgemeinen Welt- anschauung zusammen, welche man gewöhnlich als die einheitliche oder monistische, häufig auch als die mechanische oder causale zu be- zeichnen pflegt, weil sie nur mechanische oder nothwendig wir- kende Ursachen(causae efficientes) zur Erklärung der Naturer- scheinungen in Anspruch nimmt. Ebenso fallen auf der anderen Seite die von uns bereits betrachteten übernatürlichen Schöpfungshypothe- sen mit derjenigen, völlig entgegengesetzten Weltanschauung zusam- men, welche man im Gegensatz zur ersteren die zwiespältige oder dua- listische, oft auch die teleologische oder vitale nennt, weil sie die organischen Naturerscheinungen aus der Wirksamkeit zweckthätiger oder zweckmäßig wirkender Ursachen(causae finales) ableitet. Ge- rade in diesem tiefen inneren Zusammenhang der verschiedenen Schö- pfungstheorien mit den höchsten Fragen der Philosophie liegt für uns die Anreizung zu ihrer eingehenden Betrachtung.
Der Grundgedanke, welcher allen natürlichen Entwickelungs- theorien nothwendig zu Grunde liegen muß, ist derjenige einer all- mählichen Entwickelung aller (auch der vollkommensten) Organismen aus einem einzigen oder aus sehr wenigen, ganz einfachen und ganz unvollkommenen Urwesen, welche nicht durch übernatürliche Schöpfung, sondern durch Urzeugung oder Archi- gonie (Generatio spontanea) aus anorganischer Materie entstanden. Eigentlich sind in diesem Grundgedanken zwei verschiedene Vorstellun- gen verbunden, welche aber in tiefem inneren Zusammenhang stehen, nämlich erstens die Vorstellung der Urzeugung oder Archigonie der ur- sprünglichen Stammwesen, und zweitens die Vorstellung der fortschrei-
Wiſſenſchaftliche Nothwendigkeit der Entwickelungstheorien.
dieſes oder jenes einzelnen Organismus annaͤhernd zu erklaͤren ver- moͤgen; ſondern ſie ſind ſtreng wiſſenſchaftlich begruͤndete Theorien, welche von einem feſten und klaren Standpunkte aus die Geſammt- heit der organiſchen Naturerſcheinungen, und insbeſondere die Entſte- hung der organiſchen Species auf das Einfachſte erklaͤren, und als die nothwendigen Folgen mechaniſcher Naturvorgaͤnge nachweiſen.
Wie ich bereits im zweiten Vortrage Jhnen zeigte, fallen dieſe Entwickelungstheorien naturgemaͤß mit derjenigen allgemeinen Welt- anſchauung zuſammen, welche man gewoͤhnlich als die einheitliche oder moniſtiſche, haͤufig auch als die mechaniſche oder cauſale zu be- zeichnen pflegt, weil ſie nur mechaniſche oder nothwendig wir- kende Urſachen(causae efficientes) zur Erklaͤrung der Naturer- ſcheinungen in Anſpruch nimmt. Ebenſo fallen auf der anderen Seite die von uns bereits betrachteten uͤbernatuͤrlichen Schoͤpfungshypothe- ſen mit derjenigen, voͤllig entgegengeſetzten Weltanſchauung zuſam- men, welche man im Gegenſatz zur erſteren die zwieſpaͤltige oder dua- liſtiſche, oft auch die teleologiſche oder vitale nennt, weil ſie die organiſchen Naturerſcheinungen aus der Wirkſamkeit zweckthaͤtiger oder zweckmaͤßig wirkender Urſachen(causae finales) ableitet. Ge- rade in dieſem tiefen inneren Zuſammenhang der verſchiedenen Schoͤ- pfungstheorien mit den hoͤchſten Fragen der Philoſophie liegt fuͤr uns die Anreizung zu ihrer eingehenden Betrachtung.
Der Grundgedanke, welcher allen natuͤrlichen Entwickelungs- theorien nothwendig zu Grunde liegen muß, iſt derjenige einer all- maͤhlichen Entwickelung aller (auch der vollkommenſten) Organismen aus einem einzigen oder aus ſehr wenigen, ganz einfachen und ganz unvollkommenen Urweſen, welche nicht durch uͤbernatuͤrliche Schoͤpfung, ſondern durch Urzeugung oder Archi- gonie (Generatio spontanea) aus anorganiſcher Materie entſtanden. Eigentlich ſind in dieſem Grundgedanken zwei verſchiedene Vorſtellun- gen verbunden, welche aber in tiefem inneren Zuſammenhang ſtehen, naͤmlich erſtens die Vorſtellung der Urzeugung oder Archigonie der ur- ſpruͤnglichen Stammweſen, und zweitens die Vorſtellung der fortſchrei-
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Wiſſenſchaftliche Nothwendigkeit der Entwickelungstheorien.
dieſes oder jenes einzelnen Organismus annaͤhernd zu erklaͤren ver-
moͤgen; ſondern ſie ſind ſtreng wiſſenſchaftlich begruͤndete Theorien,
welche von einem feſten und klaren Standpunkte aus die Geſammt-
heit der organiſchen Naturerſcheinungen, und insbeſondere die Entſte-
hung der organiſchen Species auf das Einfachſte erklaͤren, und als
die nothwendigen Folgen mechaniſcher Naturvorgaͤnge nachweiſen.
Wie ich bereits im zweiten Vortrage Jhnen zeigte, fallen dieſe
Entwickelungstheorien naturgemaͤß mit derjenigen allgemeinen Welt-
anſchauung zuſammen, welche man gewoͤhnlich als die einheitliche oder
moniſtiſche, haͤufig auch als die mechaniſche oder cauſale zu be-
zeichnen pflegt, weil ſie nur mechaniſche oder nothwendig wir-
kende Urſachen (causae efficientes) zur Erklaͤrung der Naturer-
ſcheinungen in Anſpruch nimmt. Ebenſo fallen auf der anderen Seite
die von uns bereits betrachteten uͤbernatuͤrlichen Schoͤpfungshypothe-
ſen mit derjenigen, voͤllig entgegengeſetzten Weltanſchauung zuſam-
men, welche man im Gegenſatz zur erſteren die zwieſpaͤltige oder dua-
liſtiſche, oft auch die teleologiſche oder vitale nennt, weil ſie die
organiſchen Naturerſcheinungen aus der Wirkſamkeit zweckthaͤtiger oder
zweckmaͤßig wirkender Urſachen (causae finales) ableitet. Ge-
rade in dieſem tiefen inneren Zuſammenhang der verſchiedenen Schoͤ-
pfungstheorien mit den hoͤchſten Fragen der Philoſophie liegt fuͤr uns
die Anreizung zu ihrer eingehenden Betrachtung.
Der Grundgedanke, welcher allen natuͤrlichen Entwickelungs-
theorien nothwendig zu Grunde liegen muß, iſt derjenige einer all-
maͤhlichen Entwickelung aller (auch der vollkommenſten)
Organismen aus einem einzigen oder aus ſehr wenigen, ganz
einfachen und ganz unvollkommenen Urweſen, welche nicht durch
uͤbernatuͤrliche Schoͤpfung, ſondern durch Urzeugung oder Archi-
gonie (Generatio spontanea) aus anorganiſcher Materie entſtanden.
Eigentlich ſind in dieſem Grundgedanken zwei verſchiedene Vorſtellun-
gen verbunden, welche aber in tiefem inneren Zuſammenhang ſtehen,
naͤmlich erſtens die Vorſtellung der Urzeugung oder Archigonie der ur-
ſpruͤnglichen Stammweſen, und zweitens die Vorſtellung der fortſchrei-
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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/82>, abgerufen am 22.11.2024.
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