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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Unterschiede der drei Unterklassen der Säugethiere.
Drei Unterklassen der
Säugethiere
Kloakenthiere
Amasta
oder
Ornithodelphia
Beutelthiere
Marsupialia
oder
Didelphia
Placentalthiere
Placentalia
oder
Monodelphia
1. Kloakenbildungbleibendembryonalembryonal
2. Zitzen der Brustdrüse oder
Milchwarzen
fehlendvorhandenvorhanden
3. Vordere Schlüsselbeine oder
Claviculae in der Mitte mit
dem Brustbein zu einem
Gabelbein verwachsen
verwachsennicht
verwachsen
nicht
verwachsen
4. Beutelknochenvorhandenvorhandenfehlend
5. Schwielenkörper des Gehirnsnicht entwickeltnicht entwickeltstark entwickelt
6. Placenta oder Mutterkuchenfehlendfehlendvorhanden

Die Placentalthiere sind in weit höherem Maaße mannichfaltig
differenzirt und vervollkommnet, als die Beutelthiere, und man hat
daher dieselben längst in eine Anzahl von Ordnungen gebracht, die
sich hauptsächlich durch die Bildung des Gebisses und der Füße unter-
scheiden. Noch wichtiger aber, als diese, ist die verschiedenartige Aus-
bildung der Placenta und die Art ihres Zusammenhanges mit dem
mütterlichen Fruchtbehälter. Bei den niederen drei Hauptordnungen
der Placentalthiere nämlich, bei den Hufthieren, Walthieren und Zahn-
armen, entwickelt sich zwischen dem mütterlichen und kindlichen Theil
der Placenta nicht jene eigenthümliche schwammige Haut, welche man
als hinfällige Haut oder Decidua bezeichnet. Diese findet sich
ausschließlich bei den sieben höher stehenden Ordnungen der Placen-
talthiere, und wir können diese letzteren daher nach Huxley in der
Hauptgruppe der Deciduathiere (Deciduata) vereinigen. Die-
sen stehen die drei erstgenannten Legionen als Decidualose (Indeci-
dua)
gegenüber.

Die Placenta unterscheidet sich bei den verschiedenen Ordnungen
der Placentalthiere aber nicht allein durch die wichtigen inneren Struc-
turverschiedenheiten, welche mit dem Mangel oder der Anwesenheit
einer Decidua verbunden sind, sondern auch durch die äußere Form

Unterſchiede der drei Unterklaſſen der Saͤugethiere.
Drei Unterklaſſen der
Saͤugethiere
Kloakenthiere
Amasta
oder
Ornithodelphia
Beutelthiere
Marsupialia
oder
Didelphia
Placentalthiere
Placentalia
oder
Monodelphia
1. Kloakenbildungbleibendembryonalembryonal
2. Zitzen der Bruſtdruͤſe oder
Milchwarzen
fehlendvorhandenvorhanden
3. Vordere Schluͤſſelbeine oder
Claviculae in der Mitte mit
dem Bruſtbein zu einem
Gabelbein verwachſen
verwachſennicht
verwachſen
nicht
verwachſen
4. Beutelknochenvorhandenvorhandenfehlend
5. Schwielenkoͤrper des Gehirnsnicht entwickeltnicht entwickeltſtark entwickelt
6. Placenta oder Mutterkuchenfehlendfehlendvorhanden

Die Placentalthiere ſind in weit hoͤherem Maaße mannichfaltig
differenzirt und vervollkommnet, als die Beutelthiere, und man hat
daher dieſelben laͤngſt in eine Anzahl von Ordnungen gebracht, die
ſich hauptſaͤchlich durch die Bildung des Gebiſſes und der Fuͤße unter-
ſcheiden. Noch wichtiger aber, als dieſe, iſt die verſchiedenartige Aus-
bildung der Placenta und die Art ihres Zuſammenhanges mit dem
muͤtterlichen Fruchtbehaͤlter. Bei den niederen drei Hauptordnungen
der Placentalthiere naͤmlich, bei den Hufthieren, Walthieren und Zahn-
armen, entwickelt ſich zwiſchen dem muͤtterlichen und kindlichen Theil
der Placenta nicht jene eigenthuͤmliche ſchwammige Haut, welche man
als hinfaͤllige Haut oder Decidua bezeichnet. Dieſe findet ſich
ausſchließlich bei den ſieben hoͤher ſtehenden Ordnungen der Placen-
talthiere, und wir koͤnnen dieſe letzteren daher nach Huxley in der
Hauptgruppe der Deciduathiere (Deciduata) vereinigen. Die-
ſen ſtehen die drei erſtgenannten Legionen als Decidualoſe (Indeci-
dua)
gegenuͤber.

Die Placenta unterſcheidet ſich bei den verſchiedenen Ordnungen
der Placentalthiere aber nicht allein durch die wichtigen inneren Struc-
turverſchiedenheiten, welche mit dem Mangel oder der Anweſenheit
einer Decidua verbunden ſind, ſondern auch durch die aͤußere Form

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[472/0497] Unterſchiede der drei Unterklaſſen der Saͤugethiere. Drei Unterklaſſen der Saͤugethiere Kloakenthiere Amasta oder Ornithodelphia Beutelthiere Marsupialia oder Didelphia Placentalthiere Placentalia oder Monodelphia 1. Kloakenbildung bleibend embryonal embryonal 2. Zitzen der Bruſtdruͤſe oder Milchwarzen fehlend vorhanden vorhanden 3. Vordere Schluͤſſelbeine oder Claviculae in der Mitte mit dem Bruſtbein zu einem Gabelbein verwachſen verwachſen nicht verwachſen nicht verwachſen 4. Beutelknochen vorhanden vorhanden fehlend 5. Schwielenkoͤrper des Gehirns nicht entwickelt nicht entwickelt ſtark entwickelt 6. Placenta oder Mutterkuchen fehlend fehlend vorhanden Die Placentalthiere ſind in weit hoͤherem Maaße mannichfaltig differenzirt und vervollkommnet, als die Beutelthiere, und man hat daher dieſelben laͤngſt in eine Anzahl von Ordnungen gebracht, die ſich hauptſaͤchlich durch die Bildung des Gebiſſes und der Fuͤße unter- ſcheiden. Noch wichtiger aber, als dieſe, iſt die verſchiedenartige Aus- bildung der Placenta und die Art ihres Zuſammenhanges mit dem muͤtterlichen Fruchtbehaͤlter. Bei den niederen drei Hauptordnungen der Placentalthiere naͤmlich, bei den Hufthieren, Walthieren und Zahn- armen, entwickelt ſich zwiſchen dem muͤtterlichen und kindlichen Theil der Placenta nicht jene eigenthuͤmliche ſchwammige Haut, welche man als hinfaͤllige Haut oder Decidua bezeichnet. Dieſe findet ſich ausſchließlich bei den ſieben hoͤher ſtehenden Ordnungen der Placen- talthiere, und wir koͤnnen dieſe letzteren daher nach Huxley in der Hauptgruppe der Deciduathiere (Deciduata) vereinigen. Die- ſen ſtehen die drei erſtgenannten Legionen als Decidualoſe (Indeci- dua) gegenuͤber. Die Placenta unterſcheidet ſich bei den verſchiedenen Ordnungen der Placentalthiere aber nicht allein durch die wichtigen inneren Struc- turverſchiedenheiten, welche mit dem Mangel oder der Anweſenheit einer Decidua verbunden ſind, ſondern auch durch die aͤußere Form

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/497>, abgerufen am 23.11.2024.