Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

Nacktsamige oder Gymnospermen. Palmfarne oder Cycadeen.
bedeutendsten Vertretern als das Zeitalter der Nadelhölzer bezeichnen.
Von den beiden Klassen, in welche die Gymnospermen zerfallen, den
Nadelhölzern und Palmfarnen, ist die erstere am stärksten in der Trias-
zeit, die letztere in der Jurazeit entwickelt. Jedoch fällt die Entste-
hung der ganzen Hauptklasse schon in eine frühere Zeit. Wir finden
versteinerte Reste von beiden Klassen derselben bereits in der Steinkohle
vor, und müssen daraus schließen, daß der Uebergang von Schuppen-
farnen in Gymnospermen bereits während der Steinkohlenzeit, oder
vielleicht schon vorher, in der antecarbonischen oder in der devoni-
schen Zeit erfolgt ist. Jmmerhin spielen die Nacktsamigen während
der ganzen folgenden Primärzeit nur eine sehr untergeordnete Rolle
und gewinnen die Herrschaft über die Farne erst im Beginn der Se-
cundärzeit.

Von den beiden Klassen der Gymnospermen steht diejenige der
Palmfarne oder Zamien (Cycadeae) auf der niedersten Stufe
und schließt sich, wie schon der Name sagt, unmittelbar an die Farne
an, so daß sie selbst von manchen Botanikern wirklich mit dieser Gruppe
im Systeme vereinigt werden. Jn der äußeren Gestalt gleichen sie
sowohl den Palmen als den Farnbäumen oder baumartigen Laub-
farnen und tragen eine aus Fiederblättern zusammengesetzte Krone,
welche entweder auf einem dicken niedrigen Strunke oder auf einem
schlanken, einfachen, säulenförmigen Stamme sitzt. Jn der Gegen-
wart ist diese einst formenreiche Klasse nur noch durch wenige, in der
heißen Zone lebende Formen dürftig vertreten, durch die niedrigen
Zapfenfarne (Zamia), die dickstämmigen Brodfarne (Encephalartos),
und die schlankstämmigen Rollfarne (Cycas). Man findet sie häufig
in unseren Treibhäusern, wo sie gewöhnlich mit Palmen verwechselt
werden. Eine viel größere Formenmannichfaltigkeit als die lebenden,
bieten uns die ausgestorbenen und versteinerten Zapfenfarne, welche
namentlich in der Mitte der Secundärzeit, während der Juraperiode
in größter Masse auftraten und damals vorzugsweise den Charakter
der Wälder bestimmten. Gymnospermen, welche diesen Cycadeen
nächstverwandt und vielleicht nicht von ihnen zu trennen waren, er-

Nacktſamige oder Gymnoſpermen. Palmfarne oder Cycadeen.
bedeutendſten Vertretern als das Zeitalter der Nadelhoͤlzer bezeichnen.
Von den beiden Klaſſen, in welche die Gymnoſpermen zerfallen, den
Nadelhoͤlzern und Palmfarnen, iſt die erſtere am ſtaͤrkſten in der Trias-
zeit, die letztere in der Jurazeit entwickelt. Jedoch faͤllt die Entſte-
hung der ganzen Hauptklaſſe ſchon in eine fruͤhere Zeit. Wir finden
verſteinerte Reſte von beiden Klaſſen derſelben bereits in der Steinkohle
vor, und muͤſſen daraus ſchließen, daß der Uebergang von Schuppen-
farnen in Gymnoſpermen bereits waͤhrend der Steinkohlenzeit, oder
vielleicht ſchon vorher, in der antecarboniſchen oder in der devoni-
ſchen Zeit erfolgt iſt. Jmmerhin ſpielen die Nacktſamigen waͤhrend
der ganzen folgenden Primaͤrzeit nur eine ſehr untergeordnete Rolle
und gewinnen die Herrſchaft uͤber die Farne erſt im Beginn der Se-
cundaͤrzeit.

Von den beiden Klaſſen der Gymnoſpermen ſteht diejenige der
Palmfarne oder Zamien (Cycadeae) auf der niederſten Stufe
und ſchließt ſich, wie ſchon der Name ſagt, unmittelbar an die Farne
an, ſo daß ſie ſelbſt von manchen Botanikern wirklich mit dieſer Gruppe
im Syſteme vereinigt werden. Jn der aͤußeren Geſtalt gleichen ſie
ſowohl den Palmen als den Farnbaͤumen oder baumartigen Laub-
farnen und tragen eine aus Fiederblaͤttern zuſammengeſetzte Krone,
welche entweder auf einem dicken niedrigen Strunke oder auf einem
ſchlanken, einfachen, ſaͤulenfoͤrmigen Stamme ſitzt. Jn der Gegen-
wart iſt dieſe einſt formenreiche Klaſſe nur noch durch wenige, in der
heißen Zone lebende Formen duͤrftig vertreten, durch die niedrigen
Zapfenfarne (Zamia), die dickſtaͤmmigen Brodfarne (Encephalartos),
und die ſchlankſtaͤmmigen Rollfarne (Cycas). Man findet ſie haͤufig
in unſeren Treibhaͤuſern, wo ſie gewoͤhnlich mit Palmen verwechſelt
werden. Eine viel groͤßere Formenmannichfaltigkeit als die lebenden,
bieten uns die ausgeſtorbenen und verſteinerten Zapfenfarne, welche
namentlich in der Mitte der Secundaͤrzeit, waͤhrend der Juraperiode
in groͤßter Maſſe auftraten und damals vorzugsweiſe den Charakter
der Waͤlder beſtimmten. Gymnoſpermen, welche dieſen Cycadeen
naͤchſtverwandt und vielleicht nicht von ihnen zu trennen waren, er-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0399" n="374"/><fw place="top" type="header">Nackt&#x017F;amige oder Gymno&#x017F;permen. Palmfarne oder Cycadeen.</fw><lb/>
bedeutend&#x017F;ten Vertretern als das Zeitalter der Nadelho&#x0364;lzer bezeichnen.<lb/>
Von den beiden Kla&#x017F;&#x017F;en, in welche die Gymno&#x017F;permen zerfallen, den<lb/>
Nadelho&#x0364;lzern und Palmfarnen, i&#x017F;t die er&#x017F;tere am &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten in der Trias-<lb/>
zeit, die letztere in der Jurazeit entwickelt. Jedoch fa&#x0364;llt die Ent&#x017F;te-<lb/>
hung der ganzen Hauptkla&#x017F;&#x017F;e &#x017F;chon in eine fru&#x0364;here Zeit. Wir finden<lb/>
ver&#x017F;teinerte Re&#x017F;te von beiden Kla&#x017F;&#x017F;en der&#x017F;elben bereits in der Steinkohle<lb/>
vor, und mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en daraus &#x017F;chließen, daß der Uebergang von Schuppen-<lb/>
farnen in Gymno&#x017F;permen bereits wa&#x0364;hrend der Steinkohlenzeit, oder<lb/>
vielleicht &#x017F;chon vorher, in der antecarboni&#x017F;chen oder in der devoni-<lb/>
&#x017F;chen Zeit erfolgt i&#x017F;t. Jmmerhin &#x017F;pielen die Nackt&#x017F;amigen wa&#x0364;hrend<lb/>
der ganzen folgenden Prima&#x0364;rzeit nur eine &#x017F;ehr untergeordnete Rolle<lb/>
und gewinnen die Herr&#x017F;chaft u&#x0364;ber die Farne er&#x017F;t im Beginn der Se-<lb/>
cunda&#x0364;rzeit.</p><lb/>
        <p>Von den beiden Kla&#x017F;&#x017F;en der Gymno&#x017F;permen &#x017F;teht diejenige der<lb/><hi rendition="#g">Palmfarne oder Zamien</hi> <hi rendition="#aq">(Cycadeae)</hi> auf der nieder&#x017F;ten Stufe<lb/>
und &#x017F;chließt &#x017F;ich, wie &#x017F;chon der Name &#x017F;agt, unmittelbar an die Farne<lb/>
an, &#x017F;o daß &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t von manchen Botanikern wirklich mit die&#x017F;er Gruppe<lb/>
im Sy&#x017F;teme vereinigt werden. Jn der a&#x0364;ußeren Ge&#x017F;talt gleichen &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;owohl den Palmen als den Farnba&#x0364;umen oder baumartigen Laub-<lb/>
farnen und tragen eine aus Fiederbla&#x0364;ttern zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzte Krone,<lb/>
welche entweder auf einem dicken niedrigen Strunke oder auf einem<lb/>
&#x017F;chlanken, einfachen, &#x017F;a&#x0364;ulenfo&#x0364;rmigen Stamme &#x017F;itzt. Jn der Gegen-<lb/>
wart i&#x017F;t die&#x017F;e ein&#x017F;t formenreiche Kla&#x017F;&#x017F;e nur noch durch wenige, in der<lb/>
heißen Zone lebende Formen du&#x0364;rftig vertreten, durch die niedrigen<lb/>
Zapfenfarne <hi rendition="#aq">(Zamia)</hi>, die dick&#x017F;ta&#x0364;mmigen Brodfarne <hi rendition="#aq">(Encephalartos)</hi>,<lb/>
und die &#x017F;chlank&#x017F;ta&#x0364;mmigen Rollfarne <hi rendition="#aq">(Cycas).</hi> Man findet &#x017F;ie ha&#x0364;ufig<lb/>
in un&#x017F;eren Treibha&#x0364;u&#x017F;ern, wo &#x017F;ie gewo&#x0364;hnlich mit Palmen verwech&#x017F;elt<lb/>
werden. Eine viel gro&#x0364;ßere Formenmannichfaltigkeit als die lebenden,<lb/>
bieten uns die ausge&#x017F;torbenen und ver&#x017F;teinerten Zapfenfarne, welche<lb/>
namentlich in der Mitte der Secunda&#x0364;rzeit, wa&#x0364;hrend der Juraperiode<lb/>
in gro&#x0364;ßter Ma&#x017F;&#x017F;e auftraten und damals vorzugswei&#x017F;e den Charakter<lb/>
der Wa&#x0364;lder be&#x017F;timmten. Gymno&#x017F;permen, welche die&#x017F;en Cycadeen<lb/>
na&#x0364;ch&#x017F;tverwandt und vielleicht nicht von ihnen zu trennen waren, er-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[374/0399] Nacktſamige oder Gymnoſpermen. Palmfarne oder Cycadeen. bedeutendſten Vertretern als das Zeitalter der Nadelhoͤlzer bezeichnen. Von den beiden Klaſſen, in welche die Gymnoſpermen zerfallen, den Nadelhoͤlzern und Palmfarnen, iſt die erſtere am ſtaͤrkſten in der Trias- zeit, die letztere in der Jurazeit entwickelt. Jedoch faͤllt die Entſte- hung der ganzen Hauptklaſſe ſchon in eine fruͤhere Zeit. Wir finden verſteinerte Reſte von beiden Klaſſen derſelben bereits in der Steinkohle vor, und muͤſſen daraus ſchließen, daß der Uebergang von Schuppen- farnen in Gymnoſpermen bereits waͤhrend der Steinkohlenzeit, oder vielleicht ſchon vorher, in der antecarboniſchen oder in der devoni- ſchen Zeit erfolgt iſt. Jmmerhin ſpielen die Nacktſamigen waͤhrend der ganzen folgenden Primaͤrzeit nur eine ſehr untergeordnete Rolle und gewinnen die Herrſchaft uͤber die Farne erſt im Beginn der Se- cundaͤrzeit. Von den beiden Klaſſen der Gymnoſpermen ſteht diejenige der Palmfarne oder Zamien (Cycadeae) auf der niederſten Stufe und ſchließt ſich, wie ſchon der Name ſagt, unmittelbar an die Farne an, ſo daß ſie ſelbſt von manchen Botanikern wirklich mit dieſer Gruppe im Syſteme vereinigt werden. Jn der aͤußeren Geſtalt gleichen ſie ſowohl den Palmen als den Farnbaͤumen oder baumartigen Laub- farnen und tragen eine aus Fiederblaͤttern zuſammengeſetzte Krone, welche entweder auf einem dicken niedrigen Strunke oder auf einem ſchlanken, einfachen, ſaͤulenfoͤrmigen Stamme ſitzt. Jn der Gegen- wart iſt dieſe einſt formenreiche Klaſſe nur noch durch wenige, in der heißen Zone lebende Formen duͤrftig vertreten, durch die niedrigen Zapfenfarne (Zamia), die dickſtaͤmmigen Brodfarne (Encephalartos), und die ſchlankſtaͤmmigen Rollfarne (Cycas). Man findet ſie haͤufig in unſeren Treibhaͤuſern, wo ſie gewoͤhnlich mit Palmen verwechſelt werden. Eine viel groͤßere Formenmannichfaltigkeit als die lebenden, bieten uns die ausgeſtorbenen und verſteinerten Zapfenfarne, welche namentlich in der Mitte der Secundaͤrzeit, waͤhrend der Juraperiode in groͤßter Maſſe auftraten und damals vorzugsweiſe den Charakter der Waͤlder beſtimmten. Gymnoſpermen, welche dieſen Cycadeen naͤchſtverwandt und vielleicht nicht von ihnen zu trennen waren, er-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/399
Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/399>, abgerufen am 22.11.2024.