die Farne und vermitteln namentlich in anatomischer Beziehung den Uebergang von den Thalluspflanzen und speciell von den Tangen zu den Farnen. Ob jedoch dadurch ein genealogischer Zusammenhang der Mose und Farne angedeutet wird, ist noch zweifelhaft. Jeden- falls sind die Mose direkt aus Thalluspflanzen und zwar wahrschein- lich entweder aus Grüntangen oder aus Urtangen entstanden. Die Farne stammen entweder in gleicher Weise, als ein von den Mosen unabhängiger Stamm, von den Thalluspflanzen ab, oder sie haben sich aus unbekannten ausgestorbenen Mosformen entwickelt. Für die Schöpfungsgeschichte sind die Farne von weit höherer Bedeutung als die Mose.
Die Hauptklasse der Mose (Muscinae, auch Musci oder Bryo- phyta genannt) enthält die niederen und unvollkommneren Pflanzen der Prothallophytengruppe, welche sich zunächst an die Thalluspflan- zen anschließen. Meistens ist ihr Körper so zart und vergänglich, daß er sich nur sehr schlecht zur kenntlichen Erhaltung in versteinertem Zu- stande eignet. Daher sind die fossilen Reste von allen Mosklassen selten und unbedeutend. Die meisten deutlich erhaltenen stammen aus den tertiären Gesteinen. Jedoch haben zweifelsohne die Mose schon in viel früherer Zeit sich aus den Thalluspflanzen, vermuthlich aus den Urtangen oder Grüntangen entwickelt. Wasserbewohnende Ueber- gangsformen von letzteren zu den Mosen gab es wahrscheinlich schon in der Primordialzeit und landbewohnende in der Primärzeit. Die Mose der Gegenwart, aus deren stufenweis verschiedener Ausbildung die vergleichende Anatomie Einiges auf ihre Genealogie schließen kann, zerfallen in vier verschiedene Klassen, nämlich 1. die Tangmose; 2. die Lebermose; 3. die Laubmose und 4. die Torfmose.
Auf der tiefsten Stufe der mosartigen Pflanzen steht die erste Klasse, die Tangmose (Characeae oder Charobrya). Hierher ge- hören die tangartigen Armleuchterpflanzen (Chara) und Glanzmose (Nitella), welche mit ihren grünen fadenförmigen, quirlartig von ga- belspaltigen Aesten umstellten Stengeln in unseren Teichen und Tüm- peln oft dichte Bänke bilden. Einerseits nähern sich die Characeen im
Hauptklaſſe der Moſe oder Muscinen.
die Farne und vermitteln namentlich in anatomiſcher Beziehung den Uebergang von den Thalluspflanzen und ſpeciell von den Tangen zu den Farnen. Ob jedoch dadurch ein genealogiſcher Zuſammenhang der Moſe und Farne angedeutet wird, iſt noch zweifelhaft. Jeden- falls ſind die Moſe direkt aus Thalluspflanzen und zwar wahrſchein- lich entweder aus Gruͤntangen oder aus Urtangen entſtanden. Die Farne ſtammen entweder in gleicher Weiſe, als ein von den Moſen unabhaͤngiger Stamm, von den Thalluspflanzen ab, oder ſie haben ſich aus unbekannten ausgeſtorbenen Mosformen entwickelt. Fuͤr die Schoͤpfungsgeſchichte ſind die Farne von weit hoͤherer Bedeutung als die Moſe.
Die Hauptklaſſe der Moſe (Muscinae, auch Musci oder Bryo- phyta genannt) enthaͤlt die niederen und unvollkommneren Pflanzen der Prothallophytengruppe, welche ſich zunaͤchſt an die Thalluspflan- zen anſchließen. Meiſtens iſt ihr Koͤrper ſo zart und vergaͤnglich, daß er ſich nur ſehr ſchlecht zur kenntlichen Erhaltung in verſteinertem Zu- ſtande eignet. Daher ſind die foſſilen Reſte von allen Mosklaſſen ſelten und unbedeutend. Die meiſten deutlich erhaltenen ſtammen aus den tertiaͤren Geſteinen. Jedoch haben zweifelsohne die Moſe ſchon in viel fruͤherer Zeit ſich aus den Thalluspflanzen, vermuthlich aus den Urtangen oder Gruͤntangen entwickelt. Waſſerbewohnende Ueber- gangsformen von letzteren zu den Moſen gab es wahrſcheinlich ſchon in der Primordialzeit und landbewohnende in der Primaͤrzeit. Die Moſe der Gegenwart, aus deren ſtufenweis verſchiedener Ausbildung die vergleichende Anatomie Einiges auf ihre Genealogie ſchließen kann, zerfallen in vier verſchiedene Klaſſen, naͤmlich 1. die Tangmoſe; 2. die Lebermoſe; 3. die Laubmoſe und 4. die Torfmoſe.
Auf der tiefſten Stufe der mosartigen Pflanzen ſteht die erſte Klaſſe, die Tangmoſe (Characeae oder Charobrya). Hierher ge- hoͤren die tangartigen Armleuchterpflanzen (Chara) und Glanzmoſe (Nitella), welche mit ihren gruͤnen fadenfoͤrmigen, quirlartig von ga- belſpaltigen Aeſten umſtellten Stengeln in unſeren Teichen und Tuͤm- peln oft dichte Baͤnke bilden. Einerſeits naͤhern ſich die Characeen im
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Hauptklaſſe der Moſe oder Muscinen.
die Farne und vermitteln namentlich in anatomiſcher Beziehung den
Uebergang von den Thalluspflanzen und ſpeciell von den Tangen zu
den Farnen. Ob jedoch dadurch ein genealogiſcher Zuſammenhang
der Moſe und Farne angedeutet wird, iſt noch zweifelhaft. Jeden-
falls ſind die Moſe direkt aus Thalluspflanzen und zwar wahrſchein-
lich entweder aus Gruͤntangen oder aus Urtangen entſtanden. Die
Farne ſtammen entweder in gleicher Weiſe, als ein von den Moſen
unabhaͤngiger Stamm, von den Thalluspflanzen ab, oder ſie haben
ſich aus unbekannten ausgeſtorbenen Mosformen entwickelt. Fuͤr die
Schoͤpfungsgeſchichte ſind die Farne von weit hoͤherer Bedeutung
als die Moſe.
Die Hauptklaſſe der Moſe (Muscinae, auch Musci oder Bryo-
phyta genannt) enthaͤlt die niederen und unvollkommneren Pflanzen
der Prothallophytengruppe, welche ſich zunaͤchſt an die Thalluspflan-
zen anſchließen. Meiſtens iſt ihr Koͤrper ſo zart und vergaͤnglich, daß
er ſich nur ſehr ſchlecht zur kenntlichen Erhaltung in verſteinertem Zu-
ſtande eignet. Daher ſind die foſſilen Reſte von allen Mosklaſſen
ſelten und unbedeutend. Die meiſten deutlich erhaltenen ſtammen aus
den tertiaͤren Geſteinen. Jedoch haben zweifelsohne die Moſe ſchon
in viel fruͤherer Zeit ſich aus den Thalluspflanzen, vermuthlich aus
den Urtangen oder Gruͤntangen entwickelt. Waſſerbewohnende Ueber-
gangsformen von letzteren zu den Moſen gab es wahrſcheinlich ſchon
in der Primordialzeit und landbewohnende in der Primaͤrzeit. Die
Moſe der Gegenwart, aus deren ſtufenweis verſchiedener Ausbildung
die vergleichende Anatomie Einiges auf ihre Genealogie ſchließen kann,
zerfallen in vier verſchiedene Klaſſen, naͤmlich 1. die Tangmoſe; 2. die
Lebermoſe; 3. die Laubmoſe und 4. die Torfmoſe.
Auf der tiefſten Stufe der mosartigen Pflanzen ſteht die erſte
Klaſſe, die Tangmoſe (Characeae oder Charobrya). Hierher ge-
hoͤren die tangartigen Armleuchterpflanzen (Chara) und Glanzmoſe
(Nitella), welche mit ihren gruͤnen fadenfoͤrmigen, quirlartig von ga-
belſpaltigen Aeſten umſtellten Stengeln in unſeren Teichen und Tuͤm-
peln oft dichte Baͤnke bilden. Einerſeits naͤhern ſich die Characeen im
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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/389>, abgerufen am 24.07.2024.
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