Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.Prothalluspflanzen oder Prothallophyten (Mose und Farne). verbindungen, welche sie zu verwickelteren zusammensetzen. Sie ath-men Kohlensäure ein und Sauerstoff aus. Die Pilze dagegen leben größtentheils, gleich den Thieren, von organischer Nahrung, d. h. von verwickelten und lockeren Kohlenstoffverbindungen, welche sie zer- setzen. Sie athmen Sauerstoff ein und Kohlensäure aus, wie die Thiere. Auch bilden sie niemals das Blattgrün oder Chlorophyll, welches für die meisten übrigen Pflanzen so charakteristisch ist. Daher haben schon wiederholt hervorragende Botaniker den Vorschlag ge- macht, die Pilze ganz aus dem Pflanzenreiche zu entfernen und als ein besonderes drittes Reich zwischen Thier- und Pflanzenreich zu setzen. Dadurch würde unser Protistenreich einen sehr bedeutenden Zuwachs erhalten, und ich habe kürzlich in einer neuen Begrenzung des Protistenreichs die Pilze in der That als eine besondere Protisten- klasse neben die Phycochromaceen und die Schleimpilze (Myxomyceten) gestellt 15). Da jedoch die meisten von Jhnen wohl mehr geneigt sein werden, der herkömmlichen Anschauung gemäß die Pilze als echte Pflanzen zu betrachten, lasse ich sie hier im Pflanzenreiche stehen, und verbinde sie mit den Flechten, denen sie im anatomischen inneren Bau am nächsten verwandt sind. Ob dieselben aber aus den Flechten oder aus den Urtangen entstanden sind, oder ob sie, was mir das Wahrscheinlichste ist, mehreren selbstständigen archigonen Moneren ihren Ursprung verdanken, das will ich hier ganz dahingestellt sein lassen. Jndem wir nun die Pilze, Flechten und Tange, welche gewöhnlich Prothalluspflanzen oder Prothallophyten (Moſe und Farne). verbindungen, welche ſie zu verwickelteren zuſammenſetzen. Sie ath-men Kohlenſaͤure ein und Sauerſtoff aus. Die Pilze dagegen leben groͤßtentheils, gleich den Thieren, von organiſcher Nahrung, d. h. von verwickelten und lockeren Kohlenſtoffverbindungen, welche ſie zer- ſetzen. Sie athmen Sauerſtoff ein und Kohlenſaͤure aus, wie die Thiere. Auch bilden ſie niemals das Blattgruͤn oder Chlorophyll, welches fuͤr die meiſten uͤbrigen Pflanzen ſo charakteriſtiſch iſt. Daher haben ſchon wiederholt hervorragende Botaniker den Vorſchlag ge- macht, die Pilze ganz aus dem Pflanzenreiche zu entfernen und als ein beſonderes drittes Reich zwiſchen Thier- und Pflanzenreich zu ſetzen. Dadurch wuͤrde unſer Protiſtenreich einen ſehr bedeutenden Zuwachs erhalten, und ich habe kuͤrzlich in einer neuen Begrenzung des Protiſtenreichs die Pilze in der That als eine beſondere Protiſten- klaſſe neben die Phycochromaceen und die Schleimpilze (Myxomyceten) geſtellt 15). Da jedoch die meiſten von Jhnen wohl mehr geneigt ſein werden, der herkoͤmmlichen Anſchauung gemaͤß die Pilze als echte Pflanzen zu betrachten, laſſe ich ſie hier im Pflanzenreiche ſtehen, und verbinde ſie mit den Flechten, denen ſie im anatomiſchen inneren Bau am naͤchſten verwandt ſind. Ob dieſelben aber aus den Flechten oder aus den Urtangen entſtanden ſind, oder ob ſie, was mir das Wahrſcheinlichſte iſt, mehreren ſelbſtſtaͤndigen archigonen Moneren ihren Urſprung verdanken, das will ich hier ganz dahingeſtellt ſein laſſen. Jndem wir nun die Pilze, Flechten und Tange, welche gewoͤhnlich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0387" n="362"/><fw place="top" type="header">Prothalluspflanzen oder Prothallophyten (Moſe und Farne).</fw><lb/> verbindungen, welche ſie zu verwickelteren zuſammenſetzen. Sie ath-<lb/> men Kohlenſaͤure ein und Sauerſtoff aus. 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Prothalluspflanzen oder Prothallophyten (Moſe und Farne).
verbindungen, welche ſie zu verwickelteren zuſammenſetzen. Sie ath-
men Kohlenſaͤure ein und Sauerſtoff aus. Die Pilze dagegen leben
groͤßtentheils, gleich den Thieren, von organiſcher Nahrung, d. h.
von verwickelten und lockeren Kohlenſtoffverbindungen, welche ſie zer-
ſetzen. Sie athmen Sauerſtoff ein und Kohlenſaͤure aus, wie die
Thiere. Auch bilden ſie niemals das Blattgruͤn oder Chlorophyll,
welches fuͤr die meiſten uͤbrigen Pflanzen ſo charakteriſtiſch iſt. Daher
haben ſchon wiederholt hervorragende Botaniker den Vorſchlag ge-
macht, die Pilze ganz aus dem Pflanzenreiche zu entfernen und als
ein beſonderes drittes Reich zwiſchen Thier- und Pflanzenreich zu
ſetzen. Dadurch wuͤrde unſer Protiſtenreich einen ſehr bedeutenden
Zuwachs erhalten, und ich habe kuͤrzlich in einer neuen Begrenzung
des Protiſtenreichs die Pilze in der That als eine beſondere Protiſten-
klaſſe neben die Phycochromaceen und die Schleimpilze (Myxomyceten)
geſtellt 15). Da jedoch die meiſten von Jhnen wohl mehr geneigt
ſein werden, der herkoͤmmlichen Anſchauung gemaͤß die Pilze als echte
Pflanzen zu betrachten, laſſe ich ſie hier im Pflanzenreiche ſtehen, und
verbinde ſie mit den Flechten, denen ſie im anatomiſchen inneren Bau
am naͤchſten verwandt ſind. Ob dieſelben aber aus den Flechten
oder aus den Urtangen entſtanden ſind, oder ob ſie, was mir das
Wahrſcheinlichſte iſt, mehreren ſelbſtſtaͤndigen archigonen Moneren
ihren Urſprung verdanken, das will ich hier ganz dahingeſtellt ſein laſſen.
Jndem wir nun die Pilze, Flechten und Tange, welche gewoͤhnlich
als Thalluspflanzen zuſammengefaßt werden, verlaſſen, betreten wir
das Gebiet der zweiten großen Hauptabtheilung des Pflanzenreichs,
der Prothalluspflanzen (Prothallophyta), welche von anderen
als phyllogoniſche Kryptogamen bezeichnet werden (im Gegenſatz zu den
Thalluspflanzen oder thallogoniſchen Kryptogamen). Dieſes Gebiet
umfaßt die beiden Hauptklaſſen der Moſe und Farne. Hier be-
gegnen wir bereits allgemein (wenige der unterſten Stufen ausge-
nommen) der Sonderung des Pflanzenkoͤrpers in zwei verſchiedene
Grundorgane: Stengel oder Axenorgane, und Blaͤtter oder Seitenor-
gane. Hierin gleichen die Prothalluspflanzen bereits den Blumen-
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