nomie der Natur" vertrauter macht, kommt nothwendig zu der An- schauung, daß diese Zweckmäßigkeit leider nicht existirt, so wenig als etwa die vielgerühmte Allgüte des Schöpfers. Wenn Sie das Zu- sammenleben und die gegenseitigen Beziehungen der Pflanzen und der Thiere (mit Jnbegriff des Menschen) näher betrachten, so finden Sie überall und zu jeder Zeit das Gegentheil von jenem gemüthlichen und friedlichen Beisammensein, welches die Güte des Schöpfers den Geschöpfen hätte bereiten müssen, vielmehr finden Sie überall einen schonungslosen, höchst erbitterten Kampf Aller gegen Alle. Nirgends in der Natur, wohin Sie auch Jhre Blicke lenken mögen, ist jener idyllische, von den Dichtern besungene Friede vorhanden, -- vielmehr überall Kampf, Streben nach Vernichtung des Nächsten und nach Vernichtung der direkten Gegner. Leidenschaft und Selbstsucht, bewußt oder unbewußt, ist überall die Triebfeder des Lebens. Das bekannte Dichterwort:
"Die Natur ist vollkommen überall, Wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual"
ist schön, aber leider nicht wahr. Vielmehr bildet auch in dieser Be- ziehung der Mensch keine Ausnahme von der übrigen Thierwelt. Die Betrachtungen, welche wir bei der Lehre vom "Kampf ums Da- sein" anzustellen haben, werden diese Behauptung zur Genüge recht- fertigen. Es war auch Darwin, welcher gerade diesen wichtigen Punkt in seiner hohen und allgemeinen Bedeutung recht klar vor Augen stellte, und derjenige Abschnitt seiner Lehre, welchen er selbst den "Kampf ums Dasein" nennt, ist einer der wichtigsten Theile derselben.
Wenn wir also jener vitalistischen oder teleologischen Betrachtung der lebendigen Natur, welche die Thier- und Pflanzenformen als Pro- dukte eines gütigen und zweckmäßig thätigen Schöpfers oder einer zweckmäßig thätigen schöpferischen Naturkraft ansieht, durchaus ent- gegenzutreten gezwungen sind, so müssen wir uns entschieden jene Welt- anschauung aneignen, welche man die mechanische oder causale nennt. Man kann sie auch als die monistische oder einheitliche bezeichnen, im Gegensatz zu der zwiespältigen oder dualisti-
Unzweckmaͤßigkeit und Unfriede in der Natur.
nomie der Natur“ vertrauter macht, kommt nothwendig zu der An- ſchauung, daß dieſe Zweckmaͤßigkeit leider nicht exiſtirt, ſo wenig als etwa die vielgeruͤhmte Allguͤte des Schoͤpfers. Wenn Sie das Zu- ſammenleben und die gegenſeitigen Beziehungen der Pflanzen und der Thiere (mit Jnbegriff des Menſchen) naͤher betrachten, ſo finden Sie uͤberall und zu jeder Zeit das Gegentheil von jenem gemuͤthlichen und friedlichen Beiſammenſein, welches die Guͤte des Schoͤpfers den Geſchoͤpfen haͤtte bereiten muͤſſen, vielmehr finden Sie uͤberall einen ſchonungsloſen, hoͤchſt erbitterten Kampf Aller gegen Alle. Nirgends in der Natur, wohin Sie auch Jhre Blicke lenken moͤgen, iſt jener idylliſche, von den Dichtern beſungene Friede vorhanden, — vielmehr uͤberall Kampf, Streben nach Vernichtung des Naͤchſten und nach Vernichtung der direkten Gegner. Leidenſchaft und Selbſtſucht, bewußt oder unbewußt, iſt uͤberall die Triebfeder des Lebens. Das bekannte Dichterwort:
„Die Natur iſt vollkommen uͤberall, Wo der Menſch nicht hinkommt mit ſeiner Qual“
iſt ſchoͤn, aber leider nicht wahr. Vielmehr bildet auch in dieſer Be- ziehung der Menſch keine Ausnahme von der uͤbrigen Thierwelt. Die Betrachtungen, welche wir bei der Lehre vom „Kampf ums Da- ſein“ anzuſtellen haben, werden dieſe Behauptung zur Genuͤge recht- fertigen. Es war auch Darwin, welcher gerade dieſen wichtigen Punkt in ſeiner hohen und allgemeinen Bedeutung recht klar vor Augen ſtellte, und derjenige Abſchnitt ſeiner Lehre, welchen er ſelbſt den „Kampf ums Daſein“ nennt, iſt einer der wichtigſten Theile derſelben.
Wenn wir alſo jener vitaliſtiſchen oder teleologiſchen Betrachtung der lebendigen Natur, welche die Thier- und Pflanzenformen als Pro- dukte eines guͤtigen und zweckmaͤßig thaͤtigen Schoͤpfers oder einer zweckmaͤßig thaͤtigen ſchoͤpferiſchen Naturkraft anſieht, durchaus ent- gegenzutreten gezwungen ſind, ſo muͤſſen wir uns entſchieden jene Welt- anſchauung aneignen, welche man die mechaniſche oder cauſale nennt. Man kann ſie auch als die moniſtiſche oder einheitliche bezeichnen, im Gegenſatz zu der zwieſpaͤltigen oder dualiſti-
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Unzweckmaͤßigkeit und Unfriede in der Natur.
nomie der Natur“ vertrauter macht, kommt nothwendig zu der An-
ſchauung, daß dieſe Zweckmaͤßigkeit leider nicht exiſtirt, ſo wenig als
etwa die vielgeruͤhmte Allguͤte des Schoͤpfers. Wenn Sie das Zu-
ſammenleben und die gegenſeitigen Beziehungen der Pflanzen und
der Thiere (mit Jnbegriff des Menſchen) naͤher betrachten, ſo finden
Sie uͤberall und zu jeder Zeit das Gegentheil von jenem gemuͤthlichen
und friedlichen Beiſammenſein, welches die Guͤte des Schoͤpfers den
Geſchoͤpfen haͤtte bereiten muͤſſen, vielmehr finden Sie uͤberall einen
ſchonungsloſen, hoͤchſt erbitterten Kampf Aller gegen Alle.
Nirgends in der Natur, wohin Sie auch Jhre Blicke lenken moͤgen,
iſt jener idylliſche, von den Dichtern beſungene Friede vorhanden, —
vielmehr uͤberall Kampf, Streben nach Vernichtung des Naͤchſten und
nach Vernichtung der direkten Gegner. Leidenſchaft und Selbſtſucht,
bewußt oder unbewußt, iſt uͤberall die Triebfeder des Lebens. Das
bekannte Dichterwort:
„Die Natur iſt vollkommen uͤberall,
Wo der Menſch nicht hinkommt mit ſeiner Qual“
iſt ſchoͤn, aber leider nicht wahr. Vielmehr bildet auch in dieſer Be-
ziehung der Menſch keine Ausnahme von der uͤbrigen Thierwelt.
Die Betrachtungen, welche wir bei der Lehre vom „Kampf ums Da-
ſein“ anzuſtellen haben, werden dieſe Behauptung zur Genuͤge recht-
fertigen. Es war auch Darwin, welcher gerade dieſen wichtigen
Punkt in ſeiner hohen und allgemeinen Bedeutung recht klar vor
Augen ſtellte, und derjenige Abſchnitt ſeiner Lehre, welchen er ſelbſt den
„Kampf ums Daſein“ nennt, iſt einer der wichtigſten Theile derſelben.
Wenn wir alſo jener vitaliſtiſchen oder teleologiſchen Betrachtung
der lebendigen Natur, welche die Thier- und Pflanzenformen als Pro-
dukte eines guͤtigen und zweckmaͤßig thaͤtigen Schoͤpfers oder einer
zweckmaͤßig thaͤtigen ſchoͤpferiſchen Naturkraft anſieht, durchaus ent-
gegenzutreten gezwungen ſind, ſo muͤſſen wir uns entſchieden jene Welt-
anſchauung aneignen, welche man die mechaniſche oder cauſale
nennt. Man kann ſie auch als die moniſtiſche oder einheitliche
bezeichnen, im Gegenſatz zu der zwieſpaͤltigen oder dualiſti-
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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/37>, abgerufen am 23.07.2024.
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