Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.Hebungszeiträume oder Anteperioden. mehr und mehr unter den Meeresspiegel versinkt, so gelangen die ab-gelagerten Schlammschichten in immer tieferes und ruhigeres Wasser, wo sie sich ungestört zu Gestein verdichten können. Wenn sich dagegen umgekehrt der Boden langsam hebt, so kommen die soeben abgelager- ten Schlammschichten, welche Reste von Pflanzen und Thieren um- schließen, sogleich wieder in den Bereich des Wogenspiels, und wer- den durch die Kraft der Brandung alsbald nebst den eingeschlossenen organischen Resten zerstört. Aus diesem einfachen, aber sehr gewich- tigen Grunde können also nur während einer andauernden Senkung des Bodens sich reichlichere Schichten ablagern, in denen die organi- schen Reste erhalten bleiben. Wenn je zwei verschiedene übereinan- der liegende Formationen oder Schichten mithin zwei verschiedenen Senkungsperioden entsprechen, so müssen wir zwischen diesen letzteren einen langen Zeitraum der Hebung annehmen, von dem wir gar Nichts wissen, weil uns keine fossilen Reste von den damals lebenden Thieren und Pflanzen aufbewahrt werden konnten. Offenbar ver- dienen aber diese spurlos dahingegangenen größeren und kleineren Hebungszeiträume nicht geringere Berücksichtigung als die damit abwechselnden größeren und kleineren Senkungszeiträume, von de- ren organischer Bevölkerung uns die versteinerungsführenden Schichten eine ungefähre Vorstellung geben. Wahrscheinlich waren die ersteren von nicht geringerer Dauer als die letzteren. Man kann diese sehr wichtigen versteinerungslosen Hebungszeit- Hebungszeitraͤume oder Anteperioden. mehr und mehr unter den Meeresſpiegel verſinkt, ſo gelangen die ab-gelagerten Schlammſchichten in immer tieferes und ruhigeres Waſſer, wo ſie ſich ungeſtoͤrt zu Geſtein verdichten koͤnnen. Wenn ſich dagegen umgekehrt der Boden langſam hebt, ſo kommen die ſoeben abgelager- ten Schlammſchichten, welche Reſte von Pflanzen und Thieren um- ſchließen, ſogleich wieder in den Bereich des Wogenſpiels, und wer- den durch die Kraft der Brandung alsbald nebſt den eingeſchloſſenen organiſchen Reſten zerſtoͤrt. Aus dieſem einfachen, aber ſehr gewich- tigen Grunde koͤnnen alſo nur waͤhrend einer andauernden Senkung des Bodens ſich reichlichere Schichten ablagern, in denen die organi- ſchen Reſte erhalten bleiben. Wenn je zwei verſchiedene uͤbereinan- der liegende Formationen oder Schichten mithin zwei verſchiedenen Senkungsperioden entſprechen, ſo muͤſſen wir zwiſchen dieſen letzteren einen langen Zeitraum der Hebung annehmen, von dem wir gar Nichts wiſſen, weil uns keine foſſilen Reſte von den damals lebenden Thieren und Pflanzen aufbewahrt werden konnten. Offenbar ver- dienen aber dieſe ſpurlos dahingegangenen groͤßeren und kleineren Hebungszeitraͤume nicht geringere Beruͤckſichtigung als die damit abwechſelnden groͤßeren und kleineren Senkungszeitraͤume, von de- ren organiſcher Bevoͤlkerung uns die verſteinerungsfuͤhrenden Schichten eine ungefaͤhre Vorſtellung geben. Wahrſcheinlich waren die erſteren von nicht geringerer Dauer als die letzteren. Man kann dieſe ſehr wichtigen verſteinerungsloſen Hebungszeit- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0329" n="304"/><fw place="top" type="header">Hebungszeitraͤume oder Anteperioden.</fw><lb/> mehr und mehr unter den Meeresſpiegel verſinkt, ſo gelangen die ab-<lb/> gelagerten Schlammſchichten in immer tieferes und ruhigeres Waſſer,<lb/> wo ſie ſich ungeſtoͤrt zu Geſtein verdichten koͤnnen. Wenn ſich dagegen<lb/> umgekehrt der Boden langſam hebt, ſo kommen die ſoeben abgelager-<lb/> ten Schlammſchichten, welche Reſte von Pflanzen und Thieren um-<lb/> ſchließen, ſogleich wieder in den Bereich des Wogenſpiels, und wer-<lb/> den durch die Kraft der Brandung alsbald nebſt den eingeſchloſſenen<lb/> organiſchen Reſten zerſtoͤrt. Aus dieſem einfachen, aber ſehr gewich-<lb/> tigen Grunde koͤnnen alſo nur waͤhrend einer andauernden Senkung<lb/> des Bodens ſich reichlichere Schichten ablagern, in denen die organi-<lb/> ſchen Reſte erhalten bleiben. 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Hebungszeitraͤume oder Anteperioden.
mehr und mehr unter den Meeresſpiegel verſinkt, ſo gelangen die ab-
gelagerten Schlammſchichten in immer tieferes und ruhigeres Waſſer,
wo ſie ſich ungeſtoͤrt zu Geſtein verdichten koͤnnen. Wenn ſich dagegen
umgekehrt der Boden langſam hebt, ſo kommen die ſoeben abgelager-
ten Schlammſchichten, welche Reſte von Pflanzen und Thieren um-
ſchließen, ſogleich wieder in den Bereich des Wogenſpiels, und wer-
den durch die Kraft der Brandung alsbald nebſt den eingeſchloſſenen
organiſchen Reſten zerſtoͤrt. Aus dieſem einfachen, aber ſehr gewich-
tigen Grunde koͤnnen alſo nur waͤhrend einer andauernden Senkung
des Bodens ſich reichlichere Schichten ablagern, in denen die organi-
ſchen Reſte erhalten bleiben. Wenn je zwei verſchiedene uͤbereinan-
der liegende Formationen oder Schichten mithin zwei verſchiedenen
Senkungsperioden entſprechen, ſo muͤſſen wir zwiſchen dieſen letzteren
einen langen Zeitraum der Hebung annehmen, von dem wir gar
Nichts wiſſen, weil uns keine foſſilen Reſte von den damals lebenden
Thieren und Pflanzen aufbewahrt werden konnten. Offenbar ver-
dienen aber dieſe ſpurlos dahingegangenen groͤßeren und kleineren
Hebungszeitraͤume nicht geringere Beruͤckſichtigung als die damit
abwechſelnden groͤßeren und kleineren Senkungszeitraͤume, von de-
ren organiſcher Bevoͤlkerung uns die verſteinerungsfuͤhrenden Schichten
eine ungefaͤhre Vorſtellung geben. Wahrſcheinlich waren die erſteren
von nicht geringerer Dauer als die letzteren.
Man kann dieſe ſehr wichtigen verſteinerungsloſen Hebungszeit-
raͤume ganz paſſend ihrem relativen Alter nach dadurch bezeichnen, daß
man vor den Namen des darauf folgenden verſteinerungsbildenden
Senkungszeitraums das Woͤrtchen „Ante“ (Vor) ſetzt. So z. B.
wuͤrde die lange Hebungsperiode, welche zwiſchen Ablagerung der
juͤngſten ſiluriſchen und der aͤlteſten devoniſchen Schichten verfloß, als
Antedevonperiode zu bezeichnen ſein, die lange Hebungszeit,
welche zwiſchen Bildung der juͤngſten Trias- und der aͤlteſten Jura-
ſchichten verfloß, als Antejuraperiode u. ſ. w. Offenbar iſt die
gehoͤrige Beruͤckſichtigung dieſer Zwiſchenzeiten oder „Anteperio-
den,“ von denen wir keine Verſteinerungen beſitzen, von der groͤßten
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