Grundstoffe und Verbindungen der Organismen und Anorgane.
Durch die Chemie sind wir dahin gelangt, sämmtliche uns be- kannte Körper zu zerlegen in eine geringe Anzahl von Elementen oder Grundstoffen, nicht weiter zerlegbaren Körpern, z. B. Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Schwefel, ferner die verschiedenen Metalle Kalium, Natrium, Eisen, Gold u. s. w. Man zählt jetzt gegen sieb- zig solcher Elemente oder Grundstoffe. Die Mehrzahl derselben ist ziemlich unwichtig und selten; nur die Minderzahl ist allgemeiner ver- breitet und setzt nicht allein die meisten Anorgane, sondern auch sämmt- liche Organismen zusammen. Vergleichen wir nun diejenigen Ele- mente, welche den Körper der Organismen aufbauen, mit denjenigen, welche in den Anorganen sich finden, so haben wir zunächst die höchst wichtige Thatsache hervorzuheben, daß im Thier- und Pflanzenkörper kein Grundstoff vorkommt, der nicht auch außerhalb desselben in der leblosen Natur zu finden wäre. Es giebt keine besonderen organischen Elemente oder Grundstoffe.
Die chemischen und physikalischen Unterschiede, welche zwischen den Organismen und den Anorganen existiren, haben also ihren ma- teriellen Grund nicht in einer verschiedenen Natur der sie zusammen- setzenden Grundstoffe, sondern in der verschiedenen Art und Weise, in welcher die letzteren zu chemischen Verbindungen zu- sammengesetzt sind. Diese verschiedene Verbindungsweise bedingt zu- nächst gewisse physikalische Eigenthümlichkeiten, insbesondere in der Dichtigkeit der Materie, welche auf den ersten Blick eine tiefe Kluft zwischen beiden Körpergruppen zu begründen scheinen. Die geformten anorganischen oder leblosen Naturkörper, die Krystalle und die amorphen Gesteine, befinden sich in einem Dichtigkeitszustande, den wir den festen nennen, und den wir entgegensetzen dem tropfbar- flüssigen Dichtigkeitszustande des Wassers und dem gasförmigen Dichtigkeitszustande der Luft. Es ist Jhnen bekannt, daß diese drei verschiedenen Dichtigkeitsgrade oder Aggregatzustände der Anorgane durchaus nicht den verschiedenen Elementen eigenthümlich, sondern die Folgen eines bestimmten Temperaturgrades sind. Jeder anor- ganische feste Körper kann durch Erhöhung der Temperatur zunächst
Grundſtoffe und Verbindungen der Organismen und Anorgane.
Durch die Chemie ſind wir dahin gelangt, ſaͤmmtliche uns be- kannte Koͤrper zu zerlegen in eine geringe Anzahl von Elementen oder Grundſtoffen, nicht weiter zerlegbaren Koͤrpern, z. B. Kohlenſtoff, Sauerſtoff, Stickſtoff, Schwefel, ferner die verſchiedenen Metalle Kalium, Natrium, Eiſen, Gold u. ſ. w. Man zaͤhlt jetzt gegen ſieb- zig ſolcher Elemente oder Grundſtoffe. Die Mehrzahl derſelben iſt ziemlich unwichtig und ſelten; nur die Minderzahl iſt allgemeiner ver- breitet und ſetzt nicht allein die meiſten Anorgane, ſondern auch ſaͤmmt- liche Organismen zuſammen. Vergleichen wir nun diejenigen Ele- mente, welche den Koͤrper der Organismen aufbauen, mit denjenigen, welche in den Anorganen ſich finden, ſo haben wir zunaͤchſt die hoͤchſt wichtige Thatſache hervorzuheben, daß im Thier- und Pflanzenkoͤrper kein Grundſtoff vorkommt, der nicht auch außerhalb deſſelben in der lebloſen Natur zu finden waͤre. Es giebt keine beſonderen organiſchen Elemente oder Grundſtoffe.
Die chemiſchen und phyſikaliſchen Unterſchiede, welche zwiſchen den Organismen und den Anorganen exiſtiren, haben alſo ihren ma- teriellen Grund nicht in einer verſchiedenen Natur der ſie zuſammen- ſetzenden Grundſtoffe, ſondern in der verſchiedenen Art und Weiſe, in welcher die letzteren zu chemiſchen Verbindungen zu- ſammengeſetzt ſind. Dieſe verſchiedene Verbindungsweiſe bedingt zu- naͤchſt gewiſſe phyſikaliſche Eigenthuͤmlichkeiten, insbeſondere in der Dichtigkeit der Materie, welche auf den erſten Blick eine tiefe Kluft zwiſchen beiden Koͤrpergruppen zu begruͤnden ſcheinen. Die geformten anorganiſchen oder lebloſen Naturkoͤrper, die Kryſtalle und die amorphen Geſteine, befinden ſich in einem Dichtigkeitszuſtande, den wir den feſten nennen, und den wir entgegenſetzen dem tropfbar- fluͤſſigen Dichtigkeitszuſtande des Waſſers und dem gasfoͤrmigen Dichtigkeitszuſtande der Luft. Es iſt Jhnen bekannt, daß dieſe drei verſchiedenen Dichtigkeitsgrade oder Aggregatzuſtaͤnde der Anorgane durchaus nicht den verſchiedenen Elementen eigenthuͤmlich, ſondern die Folgen eines beſtimmten Temperaturgrades ſind. Jeder anor- ganiſche feſte Koͤrper kann durch Erhoͤhung der Temperatur zunaͤchſt
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Grundſtoffe und Verbindungen der Organismen und Anorgane.
Durch die Chemie ſind wir dahin gelangt, ſaͤmmtliche uns be-
kannte Koͤrper zu zerlegen in eine geringe Anzahl von Elementen oder
Grundſtoffen, nicht weiter zerlegbaren Koͤrpern, z. B. Kohlenſtoff,
Sauerſtoff, Stickſtoff, Schwefel, ferner die verſchiedenen Metalle
Kalium, Natrium, Eiſen, Gold u. ſ. w. Man zaͤhlt jetzt gegen ſieb-
zig ſolcher Elemente oder Grundſtoffe. Die Mehrzahl derſelben iſt
ziemlich unwichtig und ſelten; nur die Minderzahl iſt allgemeiner ver-
breitet und ſetzt nicht allein die meiſten Anorgane, ſondern auch ſaͤmmt-
liche Organismen zuſammen. Vergleichen wir nun diejenigen Ele-
mente, welche den Koͤrper der Organismen aufbauen, mit denjenigen,
welche in den Anorganen ſich finden, ſo haben wir zunaͤchſt die hoͤchſt
wichtige Thatſache hervorzuheben, daß im Thier- und Pflanzenkoͤrper
kein Grundſtoff vorkommt, der nicht auch außerhalb deſſelben in der
lebloſen Natur zu finden waͤre. Es giebt keine beſonderen organiſchen
Elemente oder Grundſtoffe.
Die chemiſchen und phyſikaliſchen Unterſchiede, welche zwiſchen
den Organismen und den Anorganen exiſtiren, haben alſo ihren ma-
teriellen Grund nicht in einer verſchiedenen Natur der ſie zuſammen-
ſetzenden Grundſtoffe, ſondern in der verſchiedenen Art und
Weiſe, in welcher die letzteren zu chemiſchen Verbindungen zu-
ſammengeſetzt ſind. Dieſe verſchiedene Verbindungsweiſe bedingt zu-
naͤchſt gewiſſe phyſikaliſche Eigenthuͤmlichkeiten, insbeſondere in der
Dichtigkeit der Materie, welche auf den erſten Blick eine tiefe
Kluft zwiſchen beiden Koͤrpergruppen zu begruͤnden ſcheinen. Die
geformten anorganiſchen oder lebloſen Naturkoͤrper, die Kryſtalle und
die amorphen Geſteine, befinden ſich in einem Dichtigkeitszuſtande,
den wir den feſten nennen, und den wir entgegenſetzen dem tropfbar-
fluͤſſigen Dichtigkeitszuſtande des Waſſers und dem gasfoͤrmigen
Dichtigkeitszuſtande der Luft. Es iſt Jhnen bekannt, daß dieſe drei
verſchiedenen Dichtigkeitsgrade oder Aggregatzuſtaͤnde der Anorgane
durchaus nicht den verſchiedenen Elementen eigenthuͤmlich, ſondern
die Folgen eines beſtimmten Temperaturgrades ſind. Jeder anor-
ganiſche feſte Koͤrper kann durch Erhoͤhung der Temperatur zunaͤchſt
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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/295>, abgerufen am 24.11.2024.
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