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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Beginnende Entwickelung des Säugethiereies.
chen oder den Nucleolus der Zelle (beim Ei "Keimfleck" genannt).
Nach außen ist die kugelige Eizelle des Säugethiers durch eine dicke,
glasartig durchsichtige Haut, die Zellenmembran oder Dotter-
haut, abgeschlossen, welche hier den besonderen Namen der Zona
pellucida
führt (d). Die Eier vieler niederen Thiere (z. B. vieler Me-
dusen) sind dagegen nackte Zellen, indem ihnen die äußere Hülle
oder die Zellenmembran fehlt.

Sobald das Ei (Ovulum) des Säugethiers seinen vollen Reife-
grad erlangt hat, tritt dasselbe aus dem Eierstock des Weibes, in dem
es entstand, heraus, und gelangt in den Eileiter und durch diese enge
Röhre in den weiteren Keimbehälter oder Fruchtbehälter (Uterus).
Wird inzwischen das Ei durch den entgegenkommenden männlichen Sa-
men (Sperma) befruchtet, so entwickelt es sich in diesem Behälter weiter
zum Keim (Embryo), und verläßt denselben nicht eher, als bis der
Keim vollkommen ausgebildet und fähig ist, als junges Säugethier
durch den Geburtsakt in die Welt zu treten.

Die Formveränderungen und Umbildungen, welche das befruch-
tete Ei innerhalb des Keimbehälters durchlaufen muß, ehe es die Ge-
stalt des jungen Säugethiers annimmt, sind äußerst merkwürdig, und
verlaufen vom Anfang an beim Menschen ganz ebenso wie bei den übri-
gen Säugethieren. Zunächst benimmt sich das befruchtete Säuge-
thierei gerade so, wie ein einzelliger Organismus, welcher sich auf
seine Hand selbstständig fortpflanzen und vermehren will, z. B. eine
Amoebe (Vergl. Fig. 2, S. 145). Die einfache Eizelle zerfällt näm-
lich durch den Proceß der Zellentheilung, welchen ich Jhnen bereits
früher beschrieben habe, in zwei Zellen. Zunächst entstehen aus
dem Keimfleck (dem Kernkörperchen der ursprünglichen einfachen Ei-
zelle) zwei neue Kernkörperchen und ebenso dann aus dem Keim-
bläschen (dem Nucleus) zwei neue Zellenkerne. Nun erst schnürt sich
das kugelige Protoplasma durch eine Aequatorialfurche dergestalt
in zwei Hälften ab, daß jede Hälfte einen der beiden Kerne nebst
Kernkörperchen umschließt. So sind aus der einfachen Eizelle inner-

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Beginnende Entwickelung des Saͤugethiereies.
chen oder den Nucleolus der Zelle (beim Ei „Keimfleck“ genannt).
Nach außen iſt die kugelige Eizelle des Saͤugethiers durch eine dicke,
glasartig durchſichtige Haut, die Zellenmembran oder Dotter-
haut, abgeſchloſſen, welche hier den beſonderen Namen der Zona
pellucida
fuͤhrt (d). Die Eier vieler niederen Thiere (z. B. vieler Me-
duſen) ſind dagegen nackte Zellen, indem ihnen die aͤußere Huͤlle
oder die Zellenmembran fehlt.

Sobald das Ei (Ovulum) des Saͤugethiers ſeinen vollen Reife-
grad erlangt hat, tritt daſſelbe aus dem Eierſtock des Weibes, in dem
es entſtand, heraus, und gelangt in den Eileiter und durch dieſe enge
Roͤhre in den weiteren Keimbehaͤlter oder Fruchtbehaͤlter (Uterus).
Wird inzwiſchen das Ei durch den entgegenkommenden maͤnnlichen Sa-
men (Sperma) befruchtet, ſo entwickelt es ſich in dieſem Behaͤlter weiter
zum Keim (Embryo), und verlaͤßt denſelben nicht eher, als bis der
Keim vollkommen ausgebildet und faͤhig iſt, als junges Saͤugethier
durch den Geburtsakt in die Welt zu treten.

Die Formveraͤnderungen und Umbildungen, welche das befruch-
tete Ei innerhalb des Keimbehaͤlters durchlaufen muß, ehe es die Ge-
ſtalt des jungen Saͤugethiers annimmt, ſind aͤußerſt merkwuͤrdig, und
verlaufen vom Anfang an beim Menſchen ganz ebenſo wie bei den uͤbri-
gen Saͤugethieren. Zunaͤchſt benimmt ſich das befruchtete Saͤuge-
thierei gerade ſo, wie ein einzelliger Organismus, welcher ſich auf
ſeine Hand ſelbſtſtaͤndig fortpflanzen und vermehren will, z. B. eine
Amoebe (Vergl. Fig. 2, S. 145). Die einfache Eizelle zerfaͤllt naͤm-
lich durch den Proceß der Zellentheilung, welchen ich Jhnen bereits
fruͤher beſchrieben habe, in zwei Zellen. Zunaͤchſt entſtehen aus
dem Keimfleck (dem Kernkoͤrperchen der urſpruͤnglichen einfachen Ei-
zelle) zwei neue Kernkoͤrperchen und ebenſo dann aus dem Keim-
blaͤschen (dem Nucleus) zwei neue Zellenkerne. Nun erſt ſchnuͤrt ſich
das kugelige Protoplasma durch eine Aequatorialfurche dergeſtalt
in zwei Haͤlften ab, daß jede Haͤlfte einen der beiden Kerne nebſt
Kernkoͤrperchen umſchließt. So ſind aus der einfachen Eizelle inner-

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[243/0268] Beginnende Entwickelung des Saͤugethiereies. chen oder den Nucleolus der Zelle (beim Ei „Keimfleck“ genannt). Nach außen iſt die kugelige Eizelle des Saͤugethiers durch eine dicke, glasartig durchſichtige Haut, die Zellenmembran oder Dotter- haut, abgeſchloſſen, welche hier den beſonderen Namen der Zona pellucida fuͤhrt (d). Die Eier vieler niederen Thiere (z. B. vieler Me- duſen) ſind dagegen nackte Zellen, indem ihnen die aͤußere Huͤlle oder die Zellenmembran fehlt. Sobald das Ei (Ovulum) des Saͤugethiers ſeinen vollen Reife- grad erlangt hat, tritt daſſelbe aus dem Eierſtock des Weibes, in dem es entſtand, heraus, und gelangt in den Eileiter und durch dieſe enge Roͤhre in den weiteren Keimbehaͤlter oder Fruchtbehaͤlter (Uterus). Wird inzwiſchen das Ei durch den entgegenkommenden maͤnnlichen Sa- men (Sperma) befruchtet, ſo entwickelt es ſich in dieſem Behaͤlter weiter zum Keim (Embryo), und verlaͤßt denſelben nicht eher, als bis der Keim vollkommen ausgebildet und faͤhig iſt, als junges Saͤugethier durch den Geburtsakt in die Welt zu treten. Die Formveraͤnderungen und Umbildungen, welche das befruch- tete Ei innerhalb des Keimbehaͤlters durchlaufen muß, ehe es die Ge- ſtalt des jungen Saͤugethiers annimmt, ſind aͤußerſt merkwuͤrdig, und verlaufen vom Anfang an beim Menſchen ganz ebenſo wie bei den uͤbri- gen Saͤugethieren. Zunaͤchſt benimmt ſich das befruchtete Saͤuge- thierei gerade ſo, wie ein einzelliger Organismus, welcher ſich auf ſeine Hand ſelbſtſtaͤndig fortpflanzen und vermehren will, z. B. eine Amoebe (Vergl. Fig. 2, S. 145). Die einfache Eizelle zerfaͤllt naͤm- lich durch den Proceß der Zellentheilung, welchen ich Jhnen bereits fruͤher beſchrieben habe, in zwei Zellen. Zunaͤchſt entſtehen aus dem Keimfleck (dem Kernkoͤrperchen der urſpruͤnglichen einfachen Ei- zelle) zwei neue Kernkoͤrperchen und ebenſo dann aus dem Keim- blaͤschen (dem Nucleus) zwei neue Zellenkerne. Nun erſt ſchnuͤrt ſich das kugelige Protoplasma durch eine Aequatorialfurche dergeſtalt in zwei Haͤlften ab, daß jede Haͤlfte einen der beiden Kerne nebſt Kernkoͤrperchen umſchließt. So ſind aus der einfachen Eizelle inner- 16 *

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/268>, abgerufen am 24.11.2024.