"Alles, was den Raum erfüllt, nimmt, insofern es solidescirt, sogleich eine Gestalt an; diese regelt sich mehr oder weniger und hat gegen die Umgebung gleiche Be- züge mit anderen gleichgestalteten Wesen." Goethe.
I. Thesen von der Fundamental-Form der Organismen.
1. Die äussere Form jedes Organismus ist ebenso wie seine innere Structur der Ausdruck des Lagerungs-Verhältnisses der im Ruhestand (Gleichgewichtstand) befindlichen Massen-Atome und der aus ihnen zusammengesetzten Moleküle, welche seine Masse consti- tuiren. 1)
2. Die äusseren Formen der Organismen sind bedingt durch ihre innere Structur, und daher, gleich dieser selbst, als Ruhezustände (Gleichgewichtszustände) der organischen Materie nur in einem einzi- gen Zeitmomente erkennbar.
3. Die Ruhezustände (Gleichgewichtszustände) der Massen-Atome und der aus ihnen zusammengesetzten Moleküle, welche in der äusseren Form des Organismus sich ausdrücken, werden durch dieselben ewigen und unabänderlichen Gesetze der absoluten Nothwendigkeit bedingt, wie alle äusseren Formen in der anorganischen Natur (Krystalle); alle sind mithin die nothwendigen Folgen wirkender Ursachen (nach dem allgemeinen Causalgesetz).
1) Ueber die "Thesen" vergl. p. 364, Anmerk.
Promorphologische Thesen.
Fünfzehntes Capitel. Promorphologische Thesen.
„Alles, was den Raum erfüllt, nimmt, insofern es solidescirt, sogleich eine Gestalt an; diese regelt sich mehr oder weniger und hat gegen die Umgebung gleiche Be- züge mit anderen gleichgestalteten Wesen.“ Goethe.
I. Thesen von der Fundamental-Form der Organismen.
1. Die äussere Form jedes Organismus ist ebenso wie seine innere Structur der Ausdruck des Lagerungs-Verhältnisses der im Ruhestand (Gleichgewichtstand) befindlichen Massen-Atome und der aus ihnen zusammengesetzten Moleküle, welche seine Masse consti- tuiren. 1)
2. Die äusseren Formen der Organismen sind bedingt durch ihre innere Structur, und daher, gleich dieser selbst, als Ruhezustände (Gleichgewichtszustände) der organischen Materie nur in einem einzi- gen Zeitmomente erkennbar.
3. Die Ruhezustände (Gleichgewichtszustände) der Massen-Atome und der aus ihnen zusammengesetzten Moleküle, welche in der äusseren Form des Organismus sich ausdrücken, werden durch dieselben ewigen und unabänderlichen Gesetze der absoluten Nothwendigkeit bedingt, wie alle äusseren Formen in der anorganischen Natur (Krystalle); alle sind mithin die nothwendigen Folgen wirkender Ursachen (nach dem allgemeinen Causalgesetz).
1) Ueber die „Thesen“ vergl. p. 364, Anmerk.
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Promorphologische Thesen.
Fünfzehntes Capitel.
Promorphologische Thesen.
„Alles, was den Raum erfüllt, nimmt,
insofern es solidescirt, sogleich eine Gestalt
an; diese regelt sich mehr oder weniger
und hat gegen die Umgebung gleiche Be-
züge mit anderen gleichgestalteten Wesen.“
Goethe.
I. Thesen von der Fundamental-Form der Organismen.
1. Die äussere Form jedes Organismus ist ebenso wie seine
innere Structur der Ausdruck des Lagerungs-Verhältnisses der im
Ruhestand (Gleichgewichtstand) befindlichen Massen-Atome und der
aus ihnen zusammengesetzten Moleküle, welche seine Masse consti-
tuiren. 1)
2. Die äusseren Formen der Organismen sind bedingt durch ihre
innere Structur, und daher, gleich dieser selbst, als Ruhezustände
(Gleichgewichtszustände) der organischen Materie nur in einem einzi-
gen Zeitmomente erkennbar.
3. Die Ruhezustände (Gleichgewichtszustände) der Massen-Atome
und der aus ihnen zusammengesetzten Moleküle, welche in der äusseren
Form des Organismus sich ausdrücken, werden durch dieselben ewigen
und unabänderlichen Gesetze der absoluten Nothwendigkeit bedingt,
wie alle äusseren Formen in der anorganischen Natur (Krystalle);
alle sind mithin die nothwendigen Folgen wirkender Ursachen (nach
dem allgemeinen Causalgesetz).
1) Ueber die „Thesen“ vergl. p. 364, Anmerk.
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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/579>, abgerufen am 28.06.2024.
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