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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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Einpaarige Grundformen. Dipleura.
Zweite Art der Zygopleuren:
Einpaarige. Dipleura.
(Dizygopleura. Zygopleura dimera.)
Paarige Bilateralformen mit einem Paar Antimeren.
("Bilateral-symmetrische" Formen der Autoren in der vierten (engeren) Bedeutung
des Begriffes.)
Stereometrische Grundform: Einfach-gleichschenkelige Pyramide.
(Halbe Rhomben-Pyramide mit zwei Antimeren) Taf. I, Fig. 14.

Wir sind nun im Laufe unserer promorphologischen Untersuchung
endlich bei denjenigen Formen angelangt, auf welche die vieldeutige
Bezeichnung der "bilateralen Symmetrie" am häufigsten angewandt
wird, weil die Mehrzahl der gewöhnlich sogenannten bilateral-symme-
trischen Thiere hierher gehört, nämlich die meisten Wirbelthiere,
Gliederfüsser und Weich-Thiere, nebst vielen niederen organischen
Formen. Es sind dies diejenigen Formen, welche von Bronn als
"reine Halbkeile oder Hemisphenoid-Formen" betrachtet wurden.

Die allgemeinen Eigenschaften dieser zweizähligen Zygopleuren,
die wir allgemein als Dizygopleuren oder kürzer als Dipleuren
bezeichnen wollen, sind so bekannt und aus der Anschauung unseres
eigenen Körpers Jedem so geläufig, dass wir nur das Wichtigste hier
kurz hervorheben wollen (Vergl. Taf. I, Fig. 14).

Der Körper aller Dipleuren besteht nur aus zwei Antimeren,
einem rechten und einem linken, welche in der Mittelebene des
Körpers (Planum medianum), die hier auch häufig als Sagittalebene 1)
bezeichnet wird, vereinigt sind. Diese Medianebene haben wir als
die einzige Interradialebene des Dipleuren-Körpers aufzufassen,
während die einzige Radialebene desselben durch die gemeinsame
Medianebene der beiden Antimeren gegeben wird, die mit der La-
teralebene
des ganzen Körpers zusammenfällt.

Wie unter den Tetrapleuren, so müssen wir auch unter den Di-
pleuren zwei verschiedene Grundformen als Unterarten unterscheiden,
solche nämlich, wo die beiden Antimeren symmetrisch-gleich sind,
und solche, wo die eine (rechte) Körperhälfte mehr oder weniger
von der anderen (linken) verschieden (also ihr nur symmetrisch-ähn-
lich) ist. Die Letzteren oder die heteropleuren Dipleuren nennen wir
kurz Dysdipleura; die Ersteren oder die homopleuren Dipleuren
können entsprechend Eudipleura genannt werden.

Streng genommen dürfte die grosse Mehrzahl von allen Dipleuren
zu den Heteropleuren gerechnet werden müssen, da in der That nur
sehr selten die beiden Körperhälften vollkommen symmetrisch-gleich

1) Die Bezeichnung der Medianebene oder Mittelebene als "Sagittalebene"
wird insbesondere häufig von den Anthropotomen angewandt, abgeleitet von dem
Verlaufe der Pfeilnaht (Sutura sagittalis) des menschlichen Schädels.
Einpaarige Grundformen. Dipleura.
Zweite Art der Zygopleuren:
Einpaarige. Dipleura.
(Dizygopleura. Zygopleura dimera.)
Paarige Bilateralformen mit einem Paar Antimeren.
(„Bilateral-symmetrische“ Formen der Autoren in der vierten (engeren) Bedeutung
des Begriffes.)
Stereometrische Grundform: Einfach-gleichschenkelige Pyramide.
(Halbe Rhomben-Pyramide mit zwei Antimeren) Taf. I, Fig. 14.

Wir sind nun im Laufe unserer promorphologischen Untersuchung
endlich bei denjenigen Formen angelangt, auf welche die vieldeutige
Bezeichnung der „bilateralen Symmetrie“ am häufigsten angewandt
wird, weil die Mehrzahl der gewöhnlich sogenannten bilateral-symme-
trischen Thiere hierher gehört, nämlich die meisten Wirbelthiere,
Gliederfüsser und Weich-Thiere, nebst vielen niederen organischen
Formen. Es sind dies diejenigen Formen, welche von Bronn als
„reine Halbkeile oder Hemisphenoid-Formen“ betrachtet wurden.

Die allgemeinen Eigenschaften dieser zweizähligen Zygopleuren,
die wir allgemein als Dizygopleuren oder kürzer als Dipleuren
bezeichnen wollen, sind so bekannt und aus der Anschauung unseres
eigenen Körpers Jedem so geläufig, dass wir nur das Wichtigste hier
kurz hervorheben wollen (Vergl. Taf. I, Fig. 14).

Der Körper aller Dipleuren besteht nur aus zwei Antimeren,
einem rechten und einem linken, welche in der Mittelebene des
Körpers (Planum medianum), die hier auch häufig als Sagittalebene 1)
bezeichnet wird, vereinigt sind. Diese Medianebene haben wir als
die einzige Interradialebene des Dipleuren-Körpers aufzufassen,
während die einzige Radialebene desselben durch die gemeinsame
Medianebene der beiden Antimeren gegeben wird, die mit der La-
teralebene
des ganzen Körpers zusammenfällt.

Wie unter den Tetrapleuren, so müssen wir auch unter den Di-
pleuren zwei verschiedene Grundformen als Unterarten unterscheiden,
solche nämlich, wo die beiden Antimeren symmetrisch-gleich sind,
und solche, wo die eine (rechte) Körperhälfte mehr oder weniger
von der anderen (linken) verschieden (also ihr nur symmetrisch-ähn-
lich) ist. Die Letzteren oder die heteropleuren Dipleuren nennen wir
kurz Dysdipleura; die Ersteren oder die homopleuren Dipleuren
können entsprechend Eudipleura genannt werden.

Streng genommen dürfte die grosse Mehrzahl von allen Dipleuren
zu den Heteropleuren gerechnet werden müssen, da in der That nur
sehr selten die beiden Körperhälften vollkommen symmetrisch-gleich

1) Die Bezeichnung der Medianebene oder Mittelebene als „Sagittalebene“
wird insbesondere häufig von den Anthropotomen angewandt, abgeleitet von dem
Verlaufe der Pfeilnaht (Sutura sagittalis) des menschlichen Schädels.
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[519/0558] Einpaarige Grundformen. Dipleura. Zweite Art der Zygopleuren: Einpaarige. Dipleura. (Dizygopleura. Zygopleura dimera.) Paarige Bilateralformen mit einem Paar Antimeren. („Bilateral-symmetrische“ Formen der Autoren in der vierten (engeren) Bedeutung des Begriffes.) Stereometrische Grundform: Einfach-gleichschenkelige Pyramide. (Halbe Rhomben-Pyramide mit zwei Antimeren) Taf. I, Fig. 14. Wir sind nun im Laufe unserer promorphologischen Untersuchung endlich bei denjenigen Formen angelangt, auf welche die vieldeutige Bezeichnung der „bilateralen Symmetrie“ am häufigsten angewandt wird, weil die Mehrzahl der gewöhnlich sogenannten bilateral-symme- trischen Thiere hierher gehört, nämlich die meisten Wirbelthiere, Gliederfüsser und Weich-Thiere, nebst vielen niederen organischen Formen. Es sind dies diejenigen Formen, welche von Bronn als „reine Halbkeile oder Hemisphenoid-Formen“ betrachtet wurden. Die allgemeinen Eigenschaften dieser zweizähligen Zygopleuren, die wir allgemein als Dizygopleuren oder kürzer als Dipleuren bezeichnen wollen, sind so bekannt und aus der Anschauung unseres eigenen Körpers Jedem so geläufig, dass wir nur das Wichtigste hier kurz hervorheben wollen (Vergl. Taf. I, Fig. 14). Der Körper aller Dipleuren besteht nur aus zwei Antimeren, einem rechten und einem linken, welche in der Mittelebene des Körpers (Planum medianum), die hier auch häufig als Sagittalebene 1) bezeichnet wird, vereinigt sind. Diese Medianebene haben wir als die einzige Interradialebene des Dipleuren-Körpers aufzufassen, während die einzige Radialebene desselben durch die gemeinsame Medianebene der beiden Antimeren gegeben wird, die mit der La- teralebene des ganzen Körpers zusammenfällt. Wie unter den Tetrapleuren, so müssen wir auch unter den Di- pleuren zwei verschiedene Grundformen als Unterarten unterscheiden, solche nämlich, wo die beiden Antimeren symmetrisch-gleich sind, und solche, wo die eine (rechte) Körperhälfte mehr oder weniger von der anderen (linken) verschieden (also ihr nur symmetrisch-ähn- lich) ist. Die Letzteren oder die heteropleuren Dipleuren nennen wir kurz Dysdipleura; die Ersteren oder die homopleuren Dipleuren können entsprechend Eudipleura genannt werden. Streng genommen dürfte die grosse Mehrzahl von allen Dipleuren zu den Heteropleuren gerechnet werden müssen, da in der That nur sehr selten die beiden Körperhälften vollkommen symmetrisch-gleich 1) Die Bezeichnung der Medianebene oder Mittelebene als „Sagittalebene“ wird insbesondere häufig von den Anthropotomen angewandt, abgeleitet von dem Verlaufe der Pfeilnaht (Sutura sagittalis) des menschlichen Schädels.

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/558>, abgerufen am 24.11.2024.