während doch dieselben wesentlichen Organe bei Beiden in derselben Zahl und Verbindung angelegt sind; die Linke wird also dann der Rechten nicht nur entgegengesetzt, sondern auch ungleich, bleibt ihr aber dennoch mehr oder weniger vollkommen ähnlich. Nach diesem wichtigen Unterschiede können wir unter den allopolen Heterostauren zwei Gruppen unterscheiden, indem wir die symme- trisch-gleichen Formen als Homopleura, die symmetrisch- ähnlichen, aber ungleichen, als Heteropleura bezeichnen.
Die letzterwähnte Differenz lässt sich wiederum sehr einfach darauf zurückführen, dass bei der einen Abtheilung, den Homopleuren, bloss die beiden Pole der einen (dorsoventralen) Richtaxe ungleich werden, während diejenigen der anderen (lateralen) Richtaxe gleich bleiben; bei den Heteropleuren dagegen werden die beiden Pole beider Richtaxen ungleich, oft in so hohem Grade, dass die Centre- pipedie dadurch stark gestört wird, wie bei den Pleuronectiden, den spiral aufgerollten Gasteropoden, vielen Siphonophoren, Cyrtiden u. s. w. Die homopleuren Zeugiten oder die "streng bilateral-symmetrischen Thiere" unterscheiden sich demnach von allen anderen Heterostauren dadurch, dass von den drei auf einander senkrechten ungleichen Euthynen eine (die Lateralaxe) gleichpolig, die beiden anderen (Dorso- ventral- und Hauptaxe) ungleichpolig sind, während bei den heteropleuren Zeugiten, bei denen auch Rechte und Linke sich differenziren, alle drei Richtaxen ungleichpolig sind.
So wichtig die Unterscheidung der homopleuren und heteropleuren Zeugiten im Princip erscheinen könnte, so unwichtig und ohne tiefere Bedeutung für das Wesen der Grundform stellt sie sich doch in der praktischen Morphologie heraus, indem die Differenzirung der rechten und linken Körperhälfte oder der beiden Pole der Lateralaxe niemals diejenige Bedeutung für die Form gewinnt, welche die Differenzirung der beiden Pole der Dorsoventralaxe und der Hauptaxe allgemein besitzt. Ganz streng genommen ist die Heteropleurie unter den Zeu- giten sehr weit verbreitet, indem nur selten rechte und linke Hälfte ganz genau bis in die kleinsten Einzelheiten der Form und Grösse übereinstimmen. Trotzdem werden diese feineren Differenzen mit Recht bei der gewöhnlichen allgemeinen Formbetrachtung nicht be- rücksichtigt und nur solche Formen als echte Heteropleuren betrachtet, bei denen die Ungleichheit der symmetrisch-ähnlichen rechten und linken Seitenhälfte augenfällig hervortritt, wie die Pleuronectiden, die spiralig aufgerollten Gasteropoden, die Pleuroconchen unter den Acephalen, die Abyliden unter den Siphonophoren u. s. w.
Die Antimeren-Zahl hat bei der bisherigen Betrachtung der Zeu- giten, indem man sie alle als bilateral-symmetrische Formen zusammen- fasset, gar keine Berücksichtigung gefunden, und doch ist es von der
System der organischen Grundformen.
während doch dieselben wesentlichen Organe bei Beiden in derselben Zahl und Verbindung angelegt sind; die Linke wird also dann der Rechten nicht nur entgegengesetzt, sondern auch ungleich, bleibt ihr aber dennoch mehr oder weniger vollkommen ähnlich. Nach diesem wichtigen Unterschiede können wir unter den allopolen Heterostauren zwei Gruppen unterscheiden, indem wir die symme- trisch-gleichen Formen als Homopleura, die symmetrisch- ähnlichen, aber ungleichen, als Heteropleura bezeichnen.
Die letzterwähnte Differenz lässt sich wiederum sehr einfach darauf zurückführen, dass bei der einen Abtheilung, den Homopleuren, bloss die beiden Pole der einen (dorsoventralen) Richtaxe ungleich werden, während diejenigen der anderen (lateralen) Richtaxe gleich bleiben; bei den Heteropleuren dagegen werden die beiden Pole beider Richtaxen ungleich, oft in so hohem Grade, dass die Centre- pipedie dadurch stark gestört wird, wie bei den Pleuronectiden, den spiral aufgerollten Gasteropoden, vielen Siphonophoren, Cyrtiden u. s. w. Die homopleuren Zeugiten oder die „streng bilateral-symmetrischen Thiere“ unterscheiden sich demnach von allen anderen Heterostauren dadurch, dass von den drei auf einander senkrechten ungleichen Euthynen eine (die Lateralaxe) gleichpolig, die beiden anderen (Dorso- ventral- und Hauptaxe) ungleichpolig sind, während bei den heteropleuren Zeugiten, bei denen auch Rechte und Linke sich differenziren, alle drei Richtaxen ungleichpolig sind.
So wichtig die Unterscheidung der homopleuren und heteropleuren Zeugiten im Princip erscheinen könnte, so unwichtig und ohne tiefere Bedeutung für das Wesen der Grundform stellt sie sich doch in der praktischen Morphologie heraus, indem die Differenzirung der rechten und linken Körperhälfte oder der beiden Pole der Lateralaxe niemals diejenige Bedeutung für die Form gewinnt, welche die Differenzirung der beiden Pole der Dorsoventralaxe und der Hauptaxe allgemein besitzt. Ganz streng genommen ist die Heteropleurie unter den Zeu- giten sehr weit verbreitet, indem nur selten rechte und linke Hälfte ganz genau bis in die kleinsten Einzelheiten der Form und Grösse übereinstimmen. Trotzdem werden diese feineren Differenzen mit Recht bei der gewöhnlichen allgemeinen Formbetrachtung nicht be- rücksichtigt und nur solche Formen als echte Heteropleuren betrachtet, bei denen die Ungleichheit der symmetrisch-ähnlichen rechten und linken Seitenhälfte augenfällig hervortritt, wie die Pleuronectiden, die spiralig aufgerollten Gasteropoden, die Pleuroconchen unter den Acephalen, die Abyliden unter den Siphonophoren u. s. w.
Die Antimeren-Zahl hat bei der bisherigen Betrachtung der Zeu- giten, indem man sie alle als bilateral-symmetrische Formen zusammen- fasset, gar keine Berücksichtigung gefunden, und doch ist es von der
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[498/0537]
System der organischen Grundformen.
während doch dieselben wesentlichen Organe bei Beiden in derselben
Zahl und Verbindung angelegt sind; die Linke wird also dann der
Rechten nicht nur entgegengesetzt, sondern auch ungleich,
bleibt ihr aber dennoch mehr oder weniger vollkommen ähnlich.
Nach diesem wichtigen Unterschiede können wir unter den allopolen
Heterostauren zwei Gruppen unterscheiden, indem wir die symme-
trisch-gleichen Formen als Homopleura, die symmetrisch-
ähnlichen, aber ungleichen, als Heteropleura bezeichnen.
Die letzterwähnte Differenz lässt sich wiederum sehr einfach darauf
zurückführen, dass bei der einen Abtheilung, den Homopleuren,
bloss die beiden Pole der einen (dorsoventralen) Richtaxe ungleich
werden, während diejenigen der anderen (lateralen) Richtaxe gleich
bleiben; bei den Heteropleuren dagegen werden die beiden Pole
beider Richtaxen ungleich, oft in so hohem Grade, dass die Centre-
pipedie dadurch stark gestört wird, wie bei den Pleuronectiden, den
spiral aufgerollten Gasteropoden, vielen Siphonophoren, Cyrtiden u. s. w.
Die homopleuren Zeugiten oder die „streng bilateral-symmetrischen
Thiere“ unterscheiden sich demnach von allen anderen Heterostauren
dadurch, dass von den drei auf einander senkrechten ungleichen Euthynen
eine (die Lateralaxe) gleichpolig, die beiden anderen (Dorso-
ventral- und Hauptaxe) ungleichpolig sind, während bei den
heteropleuren Zeugiten, bei denen auch Rechte und Linke sich
differenziren, alle drei Richtaxen ungleichpolig sind.
So wichtig die Unterscheidung der homopleuren und heteropleuren
Zeugiten im Princip erscheinen könnte, so unwichtig und ohne tiefere
Bedeutung für das Wesen der Grundform stellt sie sich doch in der
praktischen Morphologie heraus, indem die Differenzirung der rechten
und linken Körperhälfte oder der beiden Pole der Lateralaxe niemals
diejenige Bedeutung für die Form gewinnt, welche die Differenzirung
der beiden Pole der Dorsoventralaxe und der Hauptaxe allgemein
besitzt. Ganz streng genommen ist die Heteropleurie unter den Zeu-
giten sehr weit verbreitet, indem nur selten rechte und linke Hälfte
ganz genau bis in die kleinsten Einzelheiten der Form und Grösse
übereinstimmen. Trotzdem werden diese feineren Differenzen mit
Recht bei der gewöhnlichen allgemeinen Formbetrachtung nicht be-
rücksichtigt und nur solche Formen als echte Heteropleuren betrachtet,
bei denen die Ungleichheit der symmetrisch-ähnlichen rechten und
linken Seitenhälfte augenfällig hervortritt, wie die Pleuronectiden, die
spiralig aufgerollten Gasteropoden, die Pleuroconchen unter den
Acephalen, die Abyliden unter den Siphonophoren u. s. w.
Die Antimeren-Zahl hat bei der bisherigen Betrachtung der Zeu-
giten, indem man sie alle als bilateral-symmetrische Formen zusammen-
fasset, gar keine Berücksichtigung gefunden, und doch ist es von der
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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/537>, abgerufen am 23.11.2024.
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