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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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System der organischen Grundformen.
wird die Grundform des Körpers durch 3 auf einander senkrechte ungleiche,
aber gleichpolige Axen bestimmt, die stachellose Hauptaxe und die beiden
mit verschiedenen Stachelradien versehenen radialen Kreuzaxen. Wenn wir
die Pole dieser 3 ungleichen Axen, die sich alle gegenseitig unter rechten
Winkeln halbiren, durch Linien verbinden und dann durch je 2 benach-
barte Linien Ebenen lagen, so erhalten wir die stereometrisch reine Form
des Rhomben-Octaeders, die Grundform des rhombischen Krystallsystems.
Wenn wir aber die Pole jener 3. Axen nicht unter einander, sondern mit
den Spitzen der nächstliegenden Tropenstacheln durch grade Linien ver-
binden und durch je 2 benachbarte Verbindungslinien Ebenen legen, so er-
halten wir eine sechszehnseitige amphithecte Doppelpyramide (Taf. II, Fig. 27).

Es könnte demnach auch hier wieder zweifelhaft erscheinen, ob wir als
die eigentliche Grundform jener Radiolarien eine amphithecte Doppelpyra-
mide mit 8 Antimeren und 16 Seitenflächen, oder eine solche mit 4 Anti-
meren und 8 Seitenflächen (die specielle Art des Rhomben-Octaeders) zu be-
trachten haben. Auch in diesem Falle (wie oben im analogen Falle der
Isostauren mit 20 Stachelradien), dürfte die letztere Auffassung mehr an-
sprechen, sobald man den realen Kreuzaxen, welche durch die beiden Meri-
dianebenen der Tropenstacheln gehen, nur die Bedeutung von interra-
dialen, nicht von radialen Kreuzaxen zugesteht. Unter den wenigen Pollen-
körnern, welche die polypleure Allostauren-Form besitzen, sind besonders
diejenigen einiger Labiaten hervorzuheben, welche sehr deutlich die zwölf-
seitige amphithecte Doppelpyramide ausgeprägt zeigen, z. B. von Satureja
rupestris, Salvia glutinosa
(Faf. II, Fig. 28).

Zweite Gattung der allostauren Stauraxonien.
Rhomben-Octaeder. Allostaura octopleura.
Stereometrische Grundform: Amphithecte Doppelpyramide mit acht Seiten.
Realer Typus: Stephanastrum
(Taf. II, Fig. 29, 30).

Die achtseitigen amphithecten Doppelpyramiden, welche die spe-
cielle Form des Rhomben-Octaeders repräsentiren, verhalten sich zu
den allgemeineren Formen, den polypleuren (mit mindestens zwölf und
überhaupt mit 8 + 4 n Seitenflächen), ganz ebenso, wie die octopleuren
Isostauren zu den polypleuren. In beiden Fällen, bei den Isostauren,
wie bei den Allostauren, liegt eine wesentliche Differenz der octo-
pleuren und der polypleuren Formen darin, dass bei den octopleuren
nur zwei radiale Kreuzaxen vorhanden sind, die sich unter rechten
Winkeln schneiden und mit den beiden idealen Kreuzaxen zusammen-
fallen, während bei den polypleuren mehr als zwei radiale (oder
semiradiale) Kreuzaxen existiren, die sich unter spitzen Winkeln
schneiden.

Wie die Organismen, welche zu den octopleuren Isostauren ge-
hören, in der Grundform nicht von den Krystallen des quadratischen

System der organischen Grundformen.
wird die Grundform des Körpers durch 3 auf einander senkrechte ungleiche,
aber gleichpolige Axen bestimmt, die stachellose Hauptaxe und die beiden
mit verschiedenen Stachelradien versehenen radialen Kreuzaxen. Wenn wir
die Pole dieser 3 ungleichen Axen, die sich alle gegenseitig unter rechten
Winkeln halbiren, durch Linien verbinden und dann durch je 2 benach-
barte Linien Ebenen lagen, so erhalten wir die stereometrisch reine Form
des Rhomben-Octaeders, die Grundform des rhombischen Krystallsystems.
Wenn wir aber die Pole jener 3. Axen nicht unter einander, sondern mit
den Spitzen der nächstliegenden Tropenstacheln durch grade Linien ver-
binden und durch je 2 benachbarte Verbindungslinien Ebenen legen, so er-
halten wir eine sechszehnseitige amphithecte Doppelpyramide (Taf. II, Fig. 27).

Es könnte demnach auch hier wieder zweifelhaft erscheinen, ob wir als
die eigentliche Grundform jener Radiolarien eine amphithecte Doppelpyra-
mide mit 8 Antimeren und 16 Seitenflächen, oder eine solche mit 4 Anti-
meren und 8 Seitenflächen (die specielle Art des Rhomben-Octaeders) zu be-
trachten haben. Auch in diesem Falle (wie oben im analogen Falle der
Isostauren mit 20 Stachelradien), dürfte die letztere Auffassung mehr an-
sprechen, sobald man den realen Kreuzaxen, welche durch die beiden Meri-
dianebenen der Tropenstacheln gehen, nur die Bedeutung von interra-
dialen, nicht von radialen Kreuzaxen zugesteht. Unter den wenigen Pollen-
körnern, welche die polypleure Allostauren-Form besitzen, sind besonders
diejenigen einiger Labiaten hervorzuheben, welche sehr deutlich die zwölf-
seitige amphithecte Doppelpyramide ausgeprägt zeigen, z. B. von Satureja
rupestris, Salvia glutinosa
(Faf. II, Fig. 28).

Zweite Gattung der allostauren Stauraxonien.
Rhomben-Octaeder. Allostaura octopleura.
Stereometrische Grundform: Amphithecte Doppelpyramide mit acht Seiten.
Realer Typus: Stephanastrum
(Taf. II, Fig. 29, 30).

Die achtseitigen amphithecten Doppelpyramiden, welche die spe-
cielle Form des Rhomben-Octaeders repräsentiren, verhalten sich zu
den allgemeineren Formen, den polypleuren (mit mindestens zwölf und
überhaupt mit 8 + 4 n Seitenflächen), ganz ebenso, wie die octopleuren
Isostauren zu den polypleuren. In beiden Fällen, bei den Isostauren,
wie bei den Allostauren, liegt eine wesentliche Differenz der octo-
pleuren und der polypleuren Formen darin, dass bei den octopleuren
nur zwei radiale Kreuzaxen vorhanden sind, die sich unter rechten
Winkeln schneiden und mit den beiden idealen Kreuzaxen zusammen-
fallen, während bei den polypleuren mehr als zwei radiale (oder
semiradiale) Kreuzaxen existiren, die sich unter spitzen Winkeln
schneiden.

Wie die Organismen, welche zu den octopleuren Isostauren ge-
hören, in der Grundform nicht von den Krystallen des quadratischen

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[450/0489] System der organischen Grundformen. wird die Grundform des Körpers durch 3 auf einander senkrechte ungleiche, aber gleichpolige Axen bestimmt, die stachellose Hauptaxe und die beiden mit verschiedenen Stachelradien versehenen radialen Kreuzaxen. Wenn wir die Pole dieser 3 ungleichen Axen, die sich alle gegenseitig unter rechten Winkeln halbiren, durch Linien verbinden und dann durch je 2 benach- barte Linien Ebenen lagen, so erhalten wir die stereometrisch reine Form des Rhomben-Octaeders, die Grundform des rhombischen Krystallsystems. Wenn wir aber die Pole jener 3. Axen nicht unter einander, sondern mit den Spitzen der nächstliegenden Tropenstacheln durch grade Linien ver- binden und durch je 2 benachbarte Verbindungslinien Ebenen legen, so er- halten wir eine sechszehnseitige amphithecte Doppelpyramide (Taf. II, Fig. 27). Es könnte demnach auch hier wieder zweifelhaft erscheinen, ob wir als die eigentliche Grundform jener Radiolarien eine amphithecte Doppelpyra- mide mit 8 Antimeren und 16 Seitenflächen, oder eine solche mit 4 Anti- meren und 8 Seitenflächen (die specielle Art des Rhomben-Octaeders) zu be- trachten haben. Auch in diesem Falle (wie oben im analogen Falle der Isostauren mit 20 Stachelradien), dürfte die letztere Auffassung mehr an- sprechen, sobald man den realen Kreuzaxen, welche durch die beiden Meri- dianebenen der Tropenstacheln gehen, nur die Bedeutung von interra- dialen, nicht von radialen Kreuzaxen zugesteht. Unter den wenigen Pollen- körnern, welche die polypleure Allostauren-Form besitzen, sind besonders diejenigen einiger Labiaten hervorzuheben, welche sehr deutlich die zwölf- seitige amphithecte Doppelpyramide ausgeprägt zeigen, z. B. von Satureja rupestris, Salvia glutinosa (Faf. II, Fig. 28). Zweite Gattung der allostauren Stauraxonien. Rhomben-Octaeder. Allostaura octopleura. Stereometrische Grundform: Amphithecte Doppelpyramide mit acht Seiten. Realer Typus: Stephanastrum (Taf. II, Fig. 29, 30). Die achtseitigen amphithecten Doppelpyramiden, welche die spe- cielle Form des Rhomben-Octaeders repräsentiren, verhalten sich zu den allgemeineren Formen, den polypleuren (mit mindestens zwölf und überhaupt mit 8 + 4 n Seitenflächen), ganz ebenso, wie die octopleuren Isostauren zu den polypleuren. In beiden Fällen, bei den Isostauren, wie bei den Allostauren, liegt eine wesentliche Differenz der octo- pleuren und der polypleuren Formen darin, dass bei den octopleuren nur zwei radiale Kreuzaxen vorhanden sind, die sich unter rechten Winkeln schneiden und mit den beiden idealen Kreuzaxen zusammen- fallen, während bei den polypleuren mehr als zwei radiale (oder semiradiale) Kreuzaxen existiren, die sich unter spitzen Winkeln schneiden. Wie die Organismen, welche zu den octopleuren Isostauren ge- hören, in der Grundform nicht von den Krystallen des quadratischen

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/489>, abgerufen am 23.11.2024.