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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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System der organischen Grundformen.
ist bei allen drei das reguläre Prisma ein dreiseitiges, die Grundflächen also
gleichseitige Dreiecke. Das zur Familie der Acanthodesmiden gehörige Prisma-
tium tripleurum
(Taf. II, Fig. 24) zeigt diese stereometrische Form so rein
verkörpert, dass wir auf die von uns gegebene Beschreibung und Abbil-
dung dieses seltsamen Protisten speciell verweisen müssen (Rad. p. 270,
Taf. IV, Fig. 6). Das Kieselskelet desselben besteht lediglich aus 9 dün-
nen Stäben, welche in ihrer Lagerung und Verbindung in der That voll-
kommen den 9 Kanten des regulären dreiseitigen Prisma entsprechen.
Weniger in die Augen fallend, aber eben so rein, tritt uns das reguläre
dreiseitige Prisma in einigen Sponguriden und Disciden entgegen, nämlich
in Dictyocoryne euchitonia (Rad. p. 468), und in mehreren, mit 3 gleichen
Armen versehenen Arten von Euchitonia, so namentlich E. Leydigii und
E. Köllikeri (Rad. p. 510, 511; Taf. XXXI, Fig. 4--7). Für die erste
oberflächliche Betrachtung scheinen die Kieselskelete dieser Thiere dünne
gleichseitig-dreieckige Scheiben zu sein. Sobald man sie aber auch von
dem schmalen Rande her betrachtet, erkennt man, dass es reguläre dreisei-
tige Prismen mit sehr verkürzter Hauptaxe sind. Die radialen Mittellinien
der 3 gleichen, unter gleichen Winkeln von dem cylindrischen Mittelkör-
per abstehenden Arme, und die interradialen Verlängerungen dieser 3 Mit-
tellinien, die sich unter Winkeln von 60° schneiden, sind die semiradialen
Kreuzaxen des regulären dreiseitigen Prisma. Endlich scheint dieselbe
Grundform auch in dem höchst merkwürdigen Coelodendrum erkennbar zu
sein, dessen Gestalt jedoch nicht hinlänglich genau bekannt ist (vergl. Rad.
p. 360--364, Taf. XIII, Fig. 1, 2, Taf. XXXII, Fig. 1).

Zweite Gattung der isostauren Stauraxonien.
Quadrat-Octaeder. Isostaura octopleura.
Stereometrische Grundform: Reguläre Doppelpyramide mit 8 Seiten.
Realer Typus: Acanthostaurus
(Taf. II, Fig. 25, 26).

Unter allen Arten der Doppelpyramiden ist es diejenige mit acht
gleichen Seitenflächen, welche die einfachsten Verhältnisse darbietet
und sich unmittelbar an das reguläre Octaeder der rhythmischen
Polyaxonform anschliesst. Die Grundform dieser octopleuren Isostauren
ist das Quadrat-Octaeder des quadratischen oder tetrago-
nalen Krystallsystems
. Die beiden radialen realen Kreuzaxen
fallen mit den beiden gleichen idealen Kreuzaxen zusammen und
schneiden sich unter rechten Winkeln, daher man diese Formen auch
Orthogonia nennen kann. Diese Kreuzaxen sind die Diagonalen
des Quadrates, welches die Aequatorialebene des Octaeders bildet.
Die Hauptaxe ist bei den hierher gehörigen Thierformen sehr ver-
schieden entwickelt, bald länger, bald bedeutend kürzer als die
beiden unter einander gleichen radialen Kreuzaxen.

Die Organismen, welche die Grundform des Quadrat-Octaeders

System der organischen Grundformen.
ist bei allen drei das reguläre Prisma ein dreiseitiges, die Grundflächen also
gleichseitige Dreiecke. Das zur Familie der Acanthodesmiden gehörige Prisma-
tium tripleurum
(Taf. II, Fig. 24) zeigt diese stereometrische Form so rein
verkörpert, dass wir auf die von uns gegebene Beschreibung und Abbil-
dung dieses seltsamen Protisten speciell verweisen müssen (Rad. p. 270,
Taf. IV, Fig. 6). Das Kieselskelet desselben besteht lediglich aus 9 dün-
nen Stäben, welche in ihrer Lagerung und Verbindung in der That voll-
kommen den 9 Kanten des regulären dreiseitigen Prisma entsprechen.
Weniger in die Augen fallend, aber eben so rein, tritt uns das reguläre
dreiseitige Prisma in einigen Sponguriden und Disciden entgegen, nämlich
in Dictyocoryne euchitonia (Rad. p. 468), und in mehreren, mit 3 gleichen
Armen versehenen Arten von Euchitonia, so namentlich E. Leydigii und
E. Köllikeri (Rad. p. 510, 511; Taf. XXXI, Fig. 4—7). Für die erste
oberflächliche Betrachtung scheinen die Kieselskelete dieser Thiere dünne
gleichseitig-dreieckige Scheiben zu sein. Sobald man sie aber auch von
dem schmalen Rande her betrachtet, erkennt man, dass es reguläre dreisei-
tige Prismen mit sehr verkürzter Hauptaxe sind. Die radialen Mittellinien
der 3 gleichen, unter gleichen Winkeln von dem cylindrischen Mittelkör-
per abstehenden Arme, und die interradialen Verlängerungen dieser 3 Mit-
tellinien, die sich unter Winkeln von 60° schneiden, sind die semiradialen
Kreuzaxen des regulären dreiseitigen Prisma. Endlich scheint dieselbe
Grundform auch in dem höchst merkwürdigen Coelodendrum erkennbar zu
sein, dessen Gestalt jedoch nicht hinlänglich genau bekannt ist (vergl. Rad.
p. 360—364, Taf. XIII, Fig. 1, 2, Taf. XXXII, Fig. 1).

Zweite Gattung der isostauren Stauraxonien.
Quadrat-Octaeder. Isostaura octopleura.
Stereometrische Grundform: Reguläre Doppelpyramide mit 8 Seiten.
Realer Typus: Acanthostaurus
(Taf. II, Fig. 25, 26).

Unter allen Arten der Doppelpyramiden ist es diejenige mit acht
gleichen Seitenflächen, welche die einfachsten Verhältnisse darbietet
und sich unmittelbar an das reguläre Octaeder der rhythmischen
Polyaxonform anschliesst. Die Grundform dieser octopleuren Isostauren
ist das Quadrat-Octaeder des quadratischen oder tetrago-
nalen Krystallsystems
. Die beiden radialen realen Kreuzaxen
fallen mit den beiden gleichen idealen Kreuzaxen zusammen und
schneiden sich unter rechten Winkeln, daher man diese Formen auch
Orthogonia nennen kann. Diese Kreuzaxen sind die Diagonalen
des Quadrates, welches die Aequatorialebene des Octaeders bildet.
Die Hauptaxe ist bei den hierher gehörigen Thierformen sehr ver-
schieden entwickelt, bald länger, bald bedeutend kürzer als die
beiden unter einander gleichen radialen Kreuzaxen.

Die Organismen, welche die Grundform des Quadrat-Octaeders

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[440/0479] System der organischen Grundformen. ist bei allen drei das reguläre Prisma ein dreiseitiges, die Grundflächen also gleichseitige Dreiecke. Das zur Familie der Acanthodesmiden gehörige Prisma- tium tripleurum (Taf. II, Fig. 24) zeigt diese stereometrische Form so rein verkörpert, dass wir auf die von uns gegebene Beschreibung und Abbil- dung dieses seltsamen Protisten speciell verweisen müssen (Rad. p. 270, Taf. IV, Fig. 6). Das Kieselskelet desselben besteht lediglich aus 9 dün- nen Stäben, welche in ihrer Lagerung und Verbindung in der That voll- kommen den 9 Kanten des regulären dreiseitigen Prisma entsprechen. Weniger in die Augen fallend, aber eben so rein, tritt uns das reguläre dreiseitige Prisma in einigen Sponguriden und Disciden entgegen, nämlich in Dictyocoryne euchitonia (Rad. p. 468), und in mehreren, mit 3 gleichen Armen versehenen Arten von Euchitonia, so namentlich E. Leydigii und E. Köllikeri (Rad. p. 510, 511; Taf. XXXI, Fig. 4—7). Für die erste oberflächliche Betrachtung scheinen die Kieselskelete dieser Thiere dünne gleichseitig-dreieckige Scheiben zu sein. Sobald man sie aber auch von dem schmalen Rande her betrachtet, erkennt man, dass es reguläre dreisei- tige Prismen mit sehr verkürzter Hauptaxe sind. Die radialen Mittellinien der 3 gleichen, unter gleichen Winkeln von dem cylindrischen Mittelkör- per abstehenden Arme, und die interradialen Verlängerungen dieser 3 Mit- tellinien, die sich unter Winkeln von 60° schneiden, sind die semiradialen Kreuzaxen des regulären dreiseitigen Prisma. Endlich scheint dieselbe Grundform auch in dem höchst merkwürdigen Coelodendrum erkennbar zu sein, dessen Gestalt jedoch nicht hinlänglich genau bekannt ist (vergl. Rad. p. 360—364, Taf. XIII, Fig. 1, 2, Taf. XXXII, Fig. 1). Zweite Gattung der isostauren Stauraxonien. Quadrat-Octaeder. Isostaura octopleura. Stereometrische Grundform: Reguläre Doppelpyramide mit 8 Seiten. Realer Typus: Acanthostaurus (Taf. II, Fig. 25, 26). Unter allen Arten der Doppelpyramiden ist es diejenige mit acht gleichen Seitenflächen, welche die einfachsten Verhältnisse darbietet und sich unmittelbar an das reguläre Octaeder der rhythmischen Polyaxonform anschliesst. Die Grundform dieser octopleuren Isostauren ist das Quadrat-Octaeder des quadratischen oder tetrago- nalen Krystallsystems. Die beiden radialen realen Kreuzaxen fallen mit den beiden gleichen idealen Kreuzaxen zusammen und schneiden sich unter rechten Winkeln, daher man diese Formen auch Orthogonia nennen kann. Diese Kreuzaxen sind die Diagonalen des Quadrates, welches die Aequatorialebene des Octaeders bildet. Die Hauptaxe ist bei den hierher gehörigen Thierformen sehr ver- schieden entwickelt, bald länger, bald bedeutend kürzer als die beiden unter einander gleichen radialen Kreuzaxen. Die Organismen, welche die Grundform des Quadrat-Octaeders

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/479>, abgerufen am 23.11.2024.