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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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System der organischen Grundformen.
Zweite Unterfamilie der diplopolen Monaxonien:
Ungleichpolige Einaxige mit einer Grenzebene. Diplopola
monepipeda.

Stereometrische Grundform: Kegel, Halbkugel.
Realer Typus: Conulina.

Eine derjenigen Grundformen, welche am häufigsten zur Bildung
von Plastiden und Organen, aber auch von Stöcken verwendet wird,
ist diejenige reguläre Diplopolen-Form, deren Oberfläche von einer
gekrümmten und von einer ebenen Fläche begrenzt wird. Als ein-
fachste geometrische Form dieser Gruppe kann man entweder den
geraden Kegel oder die Halbkugel bezeichnen. Bei beiden ist
die Ebene, welche dem Mundpol entspricht, und welche wir daher
Area oralis nennen, ein Kreis. Die Meridianebene des geraden
Kegels ist das gleichschenkelige Dreieck, diejenige der Halbkugel der
Halbkreis.

Der gerade Kegel (Conus) ist als Grundform von Plastiden
und Organen äusserst häufig. Auch echte Stöcke zeigen die Kegel-
form oft mehr oder minder rein, wie dieselbe z. B. in einem sehr
grossen Theil der phanerogamen Pflanzenstöcke (sehr rein in vielen
Coniferen) nicht zu verkennen ist. Im letzteren Falle ist die Kegel-
form das materielle Substrat des actuellen Bion, ebenso auch bei
vielen Rhizopoden, namentlich bei den Nodosariden (Conulina u. m. a.)
unter den Polythalamien, bei den Cyrtiden (Cornutella, Eucecryphalus
u. A.) unter den Radiolarien. Die äussere Körperform, bedingt durch
die Bildung des Mantels (der Hautdecke), spiegelt die gerade Kegel-
form auch da sehr häufig vor (z. B. bei vielen Coelenteraten und
Echinodermen), wo durch die innere Zusammensetzung des Körpers
(aus einer bestimmten Zahl congruenter Antimeren) die homostaure
Stauraxonform (reguläre Pyramide) angezeigt wird.

Alle verschiedenen Formen, die in die Gruppe des geraden Kegels
gehören, lassen sich auf eine der drei Arten des geraden Kegels
zurückführen, die auch in der Geometrie nach dem Längenverhältniss
der Höhe des Kegels zum Durchmesser der Grundfläche bestimmt
werden. Diese drei Arten sind: I. der rechtwinkelige gerade Kegel
(Conus orthogonius), dessen Axe (Hauptaxe) gleich dem Durch-
messer der Grundfläche (Area oralis) ist; II. der spitzwinkelige (Conus
oxygonius),
dessen Axe länger, und III. der stumpfwinkelige gerade
Kegel (Conus amblygonius), dessen Axe kürzer als der Durch-
messer der Grundfläche ist.

Die Halbkugel (Hemisphaera) ist weniger häufig als der
Kegel in rein geometrischer Form verkörpert. Um so häufiger ist die

System der organischen Grundformen.
Zweite Unterfamilie der diplopolen Monaxonien:
Ungleichpolige Einaxige mit einer Grenzebene. Diplopola
monepipeda.

Stereometrische Grundform: Kegel, Halbkugel.
Realer Typus: Conulina.

Eine derjenigen Grundformen, welche am häufigsten zur Bildung
von Plastiden und Organen, aber auch von Stöcken verwendet wird,
ist diejenige reguläre Diplopolen-Form, deren Oberfläche von einer
gekrümmten und von einer ebenen Fläche begrenzt wird. Als ein-
fachste geometrische Form dieser Gruppe kann man entweder den
geraden Kegel oder die Halbkugel bezeichnen. Bei beiden ist
die Ebene, welche dem Mundpol entspricht, und welche wir daher
Area oralis nennen, ein Kreis. Die Meridianebene des geraden
Kegels ist das gleichschenkelige Dreieck, diejenige der Halbkugel der
Halbkreis.

Der gerade Kegel (Conus) ist als Grundform von Plastiden
und Organen äusserst häufig. Auch echte Stöcke zeigen die Kegel-
form oft mehr oder minder rein, wie dieselbe z. B. in einem sehr
grossen Theil der phanerogamen Pflanzenstöcke (sehr rein in vielen
Coniferen) nicht zu verkennen ist. Im letzteren Falle ist die Kegel-
form das materielle Substrat des actuellen Bion, ebenso auch bei
vielen Rhizopoden, namentlich bei den Nodosariden (Conulina u. m. a.)
unter den Polythalamien, bei den Cyrtiden (Cornutella, Eucecryphalus
u. A.) unter den Radiolarien. Die äussere Körperform, bedingt durch
die Bildung des Mantels (der Hautdecke), spiegelt die gerade Kegel-
form auch da sehr häufig vor (z. B. bei vielen Coelenteraten und
Echinodermen), wo durch die innere Zusammensetzung des Körpers
(aus einer bestimmten Zahl congruenter Antimeren) die homostaure
Stauraxonform (reguläre Pyramide) angezeigt wird.

Alle verschiedenen Formen, die in die Gruppe des geraden Kegels
gehören, lassen sich auf eine der drei Arten des geraden Kegels
zurückführen, die auch in der Geometrie nach dem Längenverhältniss
der Höhe des Kegels zum Durchmesser der Grundfläche bestimmt
werden. Diese drei Arten sind: I. der rechtwinkelige gerade Kegel
(Conus orthogonius), dessen Axe (Hauptaxe) gleich dem Durch-
messer der Grundfläche (Area oralis) ist; II. der spitzwinkelige (Conus
oxygonius),
dessen Axe länger, und III. der stumpfwinkelige gerade
Kegel (Conus amblygonius), dessen Axe kürzer als der Durch-
messer der Grundfläche ist.

Die Halbkugel (Hemisphaera) ist weniger häufig als der
Kegel in rein geometrischer Form verkörpert. Um so häufiger ist die

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[428/0467] System der organischen Grundformen. Zweite Unterfamilie der diplopolen Monaxonien: Ungleichpolige Einaxige mit einer Grenzebene. Diplopola monepipeda. Stereometrische Grundform: Kegel, Halbkugel. Realer Typus: Conulina. Eine derjenigen Grundformen, welche am häufigsten zur Bildung von Plastiden und Organen, aber auch von Stöcken verwendet wird, ist diejenige reguläre Diplopolen-Form, deren Oberfläche von einer gekrümmten und von einer ebenen Fläche begrenzt wird. Als ein- fachste geometrische Form dieser Gruppe kann man entweder den geraden Kegel oder die Halbkugel bezeichnen. Bei beiden ist die Ebene, welche dem Mundpol entspricht, und welche wir daher Area oralis nennen, ein Kreis. Die Meridianebene des geraden Kegels ist das gleichschenkelige Dreieck, diejenige der Halbkugel der Halbkreis. Der gerade Kegel (Conus) ist als Grundform von Plastiden und Organen äusserst häufig. Auch echte Stöcke zeigen die Kegel- form oft mehr oder minder rein, wie dieselbe z. B. in einem sehr grossen Theil der phanerogamen Pflanzenstöcke (sehr rein in vielen Coniferen) nicht zu verkennen ist. Im letzteren Falle ist die Kegel- form das materielle Substrat des actuellen Bion, ebenso auch bei vielen Rhizopoden, namentlich bei den Nodosariden (Conulina u. m. a.) unter den Polythalamien, bei den Cyrtiden (Cornutella, Eucecryphalus u. A.) unter den Radiolarien. Die äussere Körperform, bedingt durch die Bildung des Mantels (der Hautdecke), spiegelt die gerade Kegel- form auch da sehr häufig vor (z. B. bei vielen Coelenteraten und Echinodermen), wo durch die innere Zusammensetzung des Körpers (aus einer bestimmten Zahl congruenter Antimeren) die homostaure Stauraxonform (reguläre Pyramide) angezeigt wird. Alle verschiedenen Formen, die in die Gruppe des geraden Kegels gehören, lassen sich auf eine der drei Arten des geraden Kegels zurückführen, die auch in der Geometrie nach dem Längenverhältniss der Höhe des Kegels zum Durchmesser der Grundfläche bestimmt werden. Diese drei Arten sind: I. der rechtwinkelige gerade Kegel (Conus orthogonius), dessen Axe (Hauptaxe) gleich dem Durch- messer der Grundfläche (Area oralis) ist; II. der spitzwinkelige (Conus oxygonius), dessen Axe länger, und III. der stumpfwinkelige gerade Kegel (Conus amblygonius), dessen Axe kürzer als der Durch- messer der Grundfläche ist. Die Halbkugel (Hemisphaera) ist weniger häufig als der Kegel in rein geometrischer Form verkörpert. Um so häufiger ist die

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/467>, abgerufen am 27.11.2024.