Form). Nach dem bisherigen morphologischen Verfahren bedurfte es einer zeilenlangen Beschreibung, um diese allgemeine Grundform (noch dazu meist ganz unvollständig) zu eruiren, während jetzt nach unserer promorphologischen, auf das Antimeren-Verständniss gegründeten Dar- stellungs-Methode durch das einzige Wort "Tetractinot" alle wesent- lichen formellen Eigenschaften der Meduse, ihre gesammte typische Grundform ausgedrückt ist, an welche sich unmittelbar die detaillirte Darstellung der formellen Einzelnheiten anlehnen kann. Die promor- phologische, auf die Tectologie gegründete Erkenntniss der Grund- form liefert uns so das mathematisch bestimmte und klare ideale Skelet der organischen Form, welches wir mit dem realen Fleische der concreten Detail-Schilderung zu überkleiden haben.
Jedes andere Beispiel zeigt eben so treffend wie das angeführte den hohen Werth, welchen unsere tectologische und promorphologische Analyse des organischen Individuums für das wahre philosophisch- anatomische Verständniss desselben besitzt. Dieses gründet sich we- sentlich auf die Erkenntniss der Zusammensetzung der individuellen Form aus den homotypischen Theilen, welche durch ihre Zahl, Gleich- heit, Grundform etc. die Beschaffenheit der maassgebenden Axen des Ganzen und ihrer Pole bedingen. Hieraus ergiebt sich auch, warum alle bisherigen promorphologischen Versuche zu keinem erspriesslichen Resultate gelangen konnten. Da sie die Antimeren selbst entweder gar nicht oder doch nicht genügend berücksichtigten, so konnte auch von der Grundform kein klares Verständniss erreicht werden.
Ganz denselben hohen Werth, welchen die Antimeren als die die Grundform bestimmenden Theile für die morphologischen Indivi- duen vierter und fünfter Ordnung (Metameren und Personen) haben, besitzen die Parameren für die Form-Individuen erster und zweiter Ordnung (Plastiden und Organe). Wir haben oben alle jene Theile von einzelnen Organen oder von einzelnen Plastiden als Parameren oder Nebenstücke bezeichnet (p. 311), welche in analoger Weise um eine gemeinsame Mitte dieser Form-Individuen zweiter und erster Ordnung herum liegen, wie die Antimeren oder Gegenstücke um die Mitte der Metameren und Personen. Dieselbe Grundform, welche die letzteren zeigen, besitzen auch die ersteren, und es ist hier wie dort die Beschaffenheit der homotypischen und homonomen Theile, welche die maassgebenden Axen und deren Pole bestimmt. So wird z. B. die eudipleure Form der meisten pflanzlichen Blätter (Organe) durch die Zahl, Gleichheit und Grundform der beiden constituirenden Para- meren, der symmetrisch gleichen, dysdipleuren Blatthälften bedingt. Ebenso wird die octopleure Allostauren-Form (Rhomben-Octaeder), welche die Grundform von Stephanastrum, von vielen Pollen-Zellen etc. ist, durch die Zahl, Gleichheit und Grundform der vier constituirenden
VI. Promorphologische Bedeutung der Antimeren.
Form). Nach dem bisherigen morphologischen Verfahren bedurfte es einer zeilenlangen Beschreibung, um diese allgemeine Grundform (noch dazu meist ganz unvollständig) zu eruiren, während jetzt nach unserer promorphologischen, auf das Antimeren-Verständniss gegründeten Dar- stellungs-Methode durch das einzige Wort „Tetractinot“ alle wesent- lichen formellen Eigenschaften der Meduse, ihre gesammte typische Grundform ausgedrückt ist, an welche sich unmittelbar die detaillirte Darstellung der formellen Einzelnheiten anlehnen kann. Die promor- phologische, auf die Tectologie gegründete Erkenntniss der Grund- form liefert uns so das mathematisch bestimmte und klare ideale Skelet der organischen Form, welches wir mit dem realen Fleische der concreten Detail-Schilderung zu überkleiden haben.
Jedes andere Beispiel zeigt eben so treffend wie das angeführte den hohen Werth, welchen unsere tectologische und promorphologische Analyse des organischen Individuums für das wahre philosophisch- anatomische Verständniss desselben besitzt. Dieses gründet sich we- sentlich auf die Erkenntniss der Zusammensetzung der individuellen Form aus den homotypischen Theilen, welche durch ihre Zahl, Gleich- heit, Grundform etc. die Beschaffenheit der maassgebenden Axen des Ganzen und ihrer Pole bedingen. Hieraus ergiebt sich auch, warum alle bisherigen promorphologischen Versuche zu keinem erspriesslichen Resultate gelangen konnten. Da sie die Antimeren selbst entweder gar nicht oder doch nicht genügend berücksichtigten, so konnte auch von der Grundform kein klares Verständniss erreicht werden.
Ganz denselben hohen Werth, welchen die Antimeren als die die Grundform bestimmenden Theile für die morphologischen Indivi- duen vierter und fünfter Ordnung (Metameren und Personen) haben, besitzen die Parameren für die Form-Individuen erster und zweiter Ordnung (Plastiden und Organe). Wir haben oben alle jene Theile von einzelnen Organen oder von einzelnen Plastiden als Parameren oder Nebenstücke bezeichnet (p. 311), welche in analoger Weise um eine gemeinsame Mitte dieser Form-Individuen zweiter und erster Ordnung herum liegen, wie die Antimeren oder Gegenstücke um die Mitte der Metameren und Personen. Dieselbe Grundform, welche die letzteren zeigen, besitzen auch die ersteren, und es ist hier wie dort die Beschaffenheit der homotypischen und homonomen Theile, welche die maassgebenden Axen und deren Pole bestimmt. So wird z. B. die eudipleure Form der meisten pflanzlichen Blätter (Organe) durch die Zahl, Gleichheit und Grundform der beiden constituirenden Para- meren, der symmetrisch gleichen, dysdipleuren Blatthälften bedingt. Ebenso wird die octopleure Allostauren-Form (Rhomben-Octaeder), welche die Grundform von Stephanastrum, von vielen Pollen-Zellen etc. ist, durch die Zahl, Gleichheit und Grundform der vier constituirenden
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VI. Promorphologische Bedeutung der Antimeren.
Form). Nach dem bisherigen morphologischen Verfahren bedurfte es
einer zeilenlangen Beschreibung, um diese allgemeine Grundform (noch
dazu meist ganz unvollständig) zu eruiren, während jetzt nach unserer
promorphologischen, auf das Antimeren-Verständniss gegründeten Dar-
stellungs-Methode durch das einzige Wort „Tetractinot“ alle wesent-
lichen formellen Eigenschaften der Meduse, ihre gesammte typische
Grundform ausgedrückt ist, an welche sich unmittelbar die detaillirte
Darstellung der formellen Einzelnheiten anlehnen kann. Die promor-
phologische, auf die Tectologie gegründete Erkenntniss der Grund-
form liefert uns so das mathematisch bestimmte und klare ideale
Skelet der organischen Form, welches wir mit dem realen Fleische
der concreten Detail-Schilderung zu überkleiden haben.
Jedes andere Beispiel zeigt eben so treffend wie das angeführte
den hohen Werth, welchen unsere tectologische und promorphologische
Analyse des organischen Individuums für das wahre philosophisch-
anatomische Verständniss desselben besitzt. Dieses gründet sich we-
sentlich auf die Erkenntniss der Zusammensetzung der individuellen
Form aus den homotypischen Theilen, welche durch ihre Zahl, Gleich-
heit, Grundform etc. die Beschaffenheit der maassgebenden Axen des
Ganzen und ihrer Pole bedingen. Hieraus ergiebt sich auch, warum
alle bisherigen promorphologischen Versuche zu keinem erspriesslichen
Resultate gelangen konnten. Da sie die Antimeren selbst entweder
gar nicht oder doch nicht genügend berücksichtigten, so konnte auch
von der Grundform kein klares Verständniss erreicht werden.
Ganz denselben hohen Werth, welchen die Antimeren als die
die Grundform bestimmenden Theile für die morphologischen Indivi-
duen vierter und fünfter Ordnung (Metameren und Personen) haben,
besitzen die Parameren für die Form-Individuen erster und zweiter
Ordnung (Plastiden und Organe). Wir haben oben alle jene Theile
von einzelnen Organen oder von einzelnen Plastiden als Parameren
oder Nebenstücke bezeichnet (p. 311), welche in analoger Weise um
eine gemeinsame Mitte dieser Form-Individuen zweiter und erster
Ordnung herum liegen, wie die Antimeren oder Gegenstücke um die
Mitte der Metameren und Personen. Dieselbe Grundform, welche die
letzteren zeigen, besitzen auch die ersteren, und es ist hier wie dort
die Beschaffenheit der homotypischen und homonomen Theile, welche
die maassgebenden Axen und deren Pole bestimmt. So wird z. B.
die eudipleure Form der meisten pflanzlichen Blätter (Organe) durch
die Zahl, Gleichheit und Grundform der beiden constituirenden Para-
meren, der symmetrisch gleichen, dysdipleuren Blatthälften bedingt.
Ebenso wird die octopleure Allostauren-Form (Rhomben-Octaeder),
welche die Grundform von Stephanastrum, von vielen Pollen-Zellen etc.
ist, durch die Zahl, Gleichheit und Grundform der vier constituirenden
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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/432>, abgerufen am 23.11.2024.
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