Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.Tectologische Thesen. allen untergeordneten, und in letzter Instanz von der ersten Indivi-dualitäts-Stufe zu einander und zum Ganzen einnehmen. 50. Die verschiedenen Grade der morphologischen Vollkommen- heit, welche die verschiedenen Organismen-Arten zeigen, sind theils durch ihre tectologischen, theils durch ihre promorphologischen Eigen- schaften bedingt, also weder allein durch die Structur, noch allein durch die Grundform. 1) 51. Die verschiedenen Grade der Vollkommenheit der Organismen sind, insofern sie unmittelbar auf den Structur-Verhältnissen beruhen, durch mehrere verschiedene tectologische Momente bestimmt, welche wesentlich auf dem gegenseitigen Verhältniss der aggregirten mor- phologischen Individuen verschiedener Ordnung zu einander und zum Ganzen beruhen. 52. Der Organismus ist um so vollkommener, je höher der morpho- logische Individualitäts-Grad ist, zu welchem er sich erhebt, je grösser also die Zahl der untergeordneten Individualitätsstufen ist, welche ihn zusammensetzen. 53. Der Organismus ist, falls er aus gleichartigen Plastiden zu- sammengesetzt ist, um so vollkommener, je grösser die Anzahl der constituirenden Plastiden ist. 1) Wir haben es im Vorhergehenden vermieden, die verwickelte Frage von der "Vollkommenheit und Unvollkommenheit, der höheren und niederen Stellung, der zusammengesetzten und einfachen Natur" der verschiedenen Organismen-Arten speciell zu erörtern, deren Behandlung bei den verschiedenen Autoren das klarste Bild von der chaotischen Verwirrung und dem Mangel fester Begriffsbestim- mungen in der organischen Morphologie liefert. Nicht allein hat man fast all- gemein versäumt, die ganz verschiedene Art der Vollkommenheit oder Aus- bildungsstufe zu unterscheiden, welche durch die Differenzirung der Structur, und diejenige, welche durch die Differenzirung der Grundform bedingt ist; son- dern man hat oft selbst nicht zwischen physiologischer und morphologischer Ver- vollkommnung unterschieden. Ferner hat in dieser schwierigen Frage der Um- stand sehr verhängnissvoll die Verwirrung vermehrt, dass man nicht allein in jeder kleineren, sondern auch in den grösseren Organismen-Gruppen bestrebt war, alle existirenden Formen in einer einzigen aufsteigenden Stufenleiter der Vollkommenheit hinter einander zu ordnen. Diese Vorstellung ist aber grund- falsch, da wegen der allgemeinen "Divergenz der Charactere" überall die ver- wandten Formen und Formengruppen in das baumförmige Schema von coordinir- ten und subordinirten, niemals in das leiterförmige Schema von bloss subordi- nirten Ausbildungsstufen geordnet werden müssen. Allein schon aus diesem Umstande, der im sechsten Buche näher erläutert wird, ist es sehr wichtig, die verschiedenen Arten oder Modi der Vollkommenheit, des zusammengesetzteren und einfachen Baues, der höheren und niederen Stellung, scharf zu unterscheiden. Das Wichtigste ist hierbei zunächst die Trennung der wesentlich verschiedenen. tectologischen und promorphologischen Differenzirung, des Ausbildungsgrades der Structur und der Grundform. 24*
Tectologische Thesen. allen untergeordneten, und in letzter Instanz von der ersten Indivi-dualitäts-Stufe zu einander und zum Ganzen einnehmen. 50. Die verschiedenen Grade der morphologischen Vollkommen- heit, welche die verschiedenen Organismen-Arten zeigen, sind theils durch ihre tectologischen, theils durch ihre promorphologischen Eigen- schaften bedingt, also weder allein durch die Structur, noch allein durch die Grundform. 1) 51. Die verschiedenen Grade der Vollkommenheit der Organismen sind, insofern sie unmittelbar auf den Structur-Verhältnissen beruhen, durch mehrere verschiedene tectologische Momente bestimmt, welche wesentlich auf dem gegenseitigen Verhältniss der aggregirten mor- phologischen Individuen verschiedener Ordnung zu einander und zum Ganzen beruhen. 52. Der Organismus ist um so vollkommener, je höher der morpho- logische Individualitäts-Grad ist, zu welchem er sich erhebt, je grösser also die Zahl der untergeordneten Individualitätsstufen ist, welche ihn zusammensetzen. 53. Der Organismus ist, falls er aus gleichartigen Plastiden zu- sammengesetzt ist, um so vollkommener, je grösser die Anzahl der constituirenden Plastiden ist. 1) Wir haben es im Vorhergehenden vermieden, die verwickelte Frage von der „Vollkommenheit und Unvollkommenheit, der höheren und niederen Stellung, der zusammengesetzten und einfachen Natur“ der verschiedenen Organismen-Arten speciell zu erörtern, deren Behandlung bei den verschiedenen Autoren das klarste Bild von der chaotischen Verwirrung und dem Mangel fester Begriffsbestim- mungen in der organischen Morphologie liefert. Nicht allein hat man fast all- gemein versäumt, die ganz verschiedene Art der Vollkommenheit oder Aus- bildungsstufe zu unterscheiden, welche durch die Differenzirung der Structur, und diejenige, welche durch die Differenzirung der Grundform bedingt ist; son- dern man hat oft selbst nicht zwischen physiologischer und morphologischer Ver- vollkommnung unterschieden. Ferner hat in dieser schwierigen Frage der Um- stand sehr verhängnissvoll die Verwirrung vermehrt, dass man nicht allein in jeder kleineren, sondern auch in den grösseren Organismen-Gruppen bestrebt war, alle existirenden Formen in einer einzigen aufsteigenden Stufenleiter der Vollkommenheit hinter einander zu ordnen. Diese Vorstellung ist aber grund- falsch, da wegen der allgemeinen „Divergenz der Charactere“ überall die ver- wandten Formen und Formengruppen in das baumförmige Schema von coordinir- ten und subordinirten, niemals in das leiterförmige Schema von bloss subordi- nirten Ausbildungsstufen geordnet werden müssen. Allein schon aus diesem Umstande, der im sechsten Buche näher erläutert wird, ist es sehr wichtig, die verschiedenen Arten oder Modi der Vollkommenheit, des zusammengesetzteren und einfachen Baues, der höheren und niederen Stellung, scharf zu unterscheiden. Das Wichtigste ist hierbei zunächst die Trennung der wesentlich verschiedenen. tectologischen und promorphologischen Differenzirung, des Ausbildungsgrades der Structur und der Grundform. 24*
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Tectologische Thesen.
allen untergeordneten, und in letzter Instanz von der ersten Indivi-
dualitäts-Stufe zu einander und zum Ganzen einnehmen.
50. Die verschiedenen Grade der morphologischen Vollkommen-
heit, welche die verschiedenen Organismen-Arten zeigen, sind theils
durch ihre tectologischen, theils durch ihre promorphologischen Eigen-
schaften bedingt, also weder allein durch die Structur, noch allein
durch die Grundform. 1)
51. Die verschiedenen Grade der Vollkommenheit der Organismen
sind, insofern sie unmittelbar auf den Structur-Verhältnissen beruhen,
durch mehrere verschiedene tectologische Momente bestimmt, welche
wesentlich auf dem gegenseitigen Verhältniss der aggregirten mor-
phologischen Individuen verschiedener Ordnung zu einander und zum
Ganzen beruhen.
52. Der Organismus ist um so vollkommener, je höher der morpho-
logische Individualitäts-Grad ist, zu welchem er sich erhebt, je grösser
also die Zahl der untergeordneten Individualitätsstufen ist, welche ihn
zusammensetzen.
53. Der Organismus ist, falls er aus gleichartigen Plastiden zu-
sammengesetzt ist, um so vollkommener, je grösser die Anzahl der
constituirenden Plastiden ist.
1) Wir haben es im Vorhergehenden vermieden, die verwickelte Frage von
der „Vollkommenheit und Unvollkommenheit, der höheren und niederen Stellung,
der zusammengesetzten und einfachen Natur“ der verschiedenen Organismen-Arten
speciell zu erörtern, deren Behandlung bei den verschiedenen Autoren das klarste
Bild von der chaotischen Verwirrung und dem Mangel fester Begriffsbestim-
mungen in der organischen Morphologie liefert. Nicht allein hat man fast all-
gemein versäumt, die ganz verschiedene Art der Vollkommenheit oder Aus-
bildungsstufe zu unterscheiden, welche durch die Differenzirung der Structur,
und diejenige, welche durch die Differenzirung der Grundform bedingt ist; son-
dern man hat oft selbst nicht zwischen physiologischer und morphologischer Ver-
vollkommnung unterschieden. Ferner hat in dieser schwierigen Frage der Um-
stand sehr verhängnissvoll die Verwirrung vermehrt, dass man nicht allein in
jeder kleineren, sondern auch in den grösseren Organismen-Gruppen bestrebt
war, alle existirenden Formen in einer einzigen aufsteigenden Stufenleiter der
Vollkommenheit hinter einander zu ordnen. Diese Vorstellung ist aber grund-
falsch, da wegen der allgemeinen „Divergenz der Charactere“ überall die ver-
wandten Formen und Formengruppen in das baumförmige Schema von coordinir-
ten und subordinirten, niemals in das leiterförmige Schema von bloss subordi-
nirten Ausbildungsstufen geordnet werden müssen. Allein schon aus diesem
Umstande, der im sechsten Buche näher erläutert wird, ist es sehr wichtig, die
verschiedenen Arten oder Modi der Vollkommenheit, des zusammengesetzteren
und einfachen Baues, der höheren und niederen Stellung, scharf zu unterscheiden.
Das Wichtigste ist hierbei zunächst die Trennung der wesentlich verschiedenen.
tectologischen und promorphologischen Differenzirung, des Ausbildungsgrades der
Structur und der Grundform.
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