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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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II. Morphologische Individuen zweiter Ordnung: Organe.
Zusammensetzung aus mehreren Formen bedingt ist. Für die Werk-
zeuge des Lebens, die wir im engeren Sinne "Organe" nennen, gilt
dies um so mehr, da sie meistens ungleich complicirtere Form- und
Structur-Verhältnisse zeigen, als die feinsten Organe oder Maschinen,
die wir künstlich zu construiren im Stande sind. Auf diese Zusam-
mensetzung des Organs aus einer Mehrzahl von untergeordneten Form-
einheiten gründete Victor Carus seine morphologische Characteristik
des Organs als einer "Summe bestimmter Elementartheile oder Gewebe
in constanter Verbindung und Form." Diese Definition ist aber zu
allgemein, weil sie eben so gut auf die Form-Individuen dritter bis
bis sechster Ordnung passt. Diese letzteren, sowie auch den Begriff
des Gewebes müssen wir ausschliessen und den Ausdruck Elemen-
tartheil durch den bestimmten morphologischen Begriff der "Plastide"
ersetzen, andererseits den einheitlichen Character des Organs als
eines Ganzen hervorheben.

Der morphologische Begriff des Organs im Allgemeinen lässt sich
nach dieser unserer Auffassung feststellen als "eine constante einheit-
liche Raumgrösse von bestimmter Form, welche aus einer Summe
von mehreren bestimmten Plastiden (entweder von Cytoden oder von
Zellen, oder von Beiden), in constanter Verbindung zusammengesetzt
ist, und welche nicht die positiven Charactere der Form-Individuen
dritter bis sechster Ordnung erkennen lässt." Diese morphologische
Definition des Organs mag insbesondere ihres theilweise negativen
Inhalts wegen sehr mangelhaft erscheinen, wird aber bei der ausser-
ordentlichen Verschiedenartigkeit der verschiedenen Organe nicht leicht
durch eine bessere allgemein anwendbare zu ersetzen sein.

II. 2. Eintheilung der Organe in verschiedene Ordnungen.

Nachdem wir den morphologischen Begriff des Organs festgestellt
haben, müssen wir, um wenigstens eine allgemeine Uebersicht über
die unendlich mannichfaltige Zusammensetzungs-Weise desselben zu
gewinnen, den Versuch wagen, nach dem höheren oder geringeren
Grade ihrer Zusammensetzung verschiedene Ordnungen von Organen
zu unterscheiden. Allerdings ist dieser Versuch sehr schwierig, da
man die morphologischen Einheiten verschiedenen Ranges, welche
sich aus Vielheiten von Plastiden zu Organen verschiedener Ordnung
aufbauen, in den mannichfaltigen Gruppen der Organismen nach ganz
verschiedenen Gesichtspunkten beurtheilt hat. Daher herrscht in den
allgemeinen Ansichten, welche hierüber in den Einleitungen zu histo-
logischen und anatomischen Handbüchern gegeben werden, grosse
Unklarheit, und es ist bekannt, dass in dem Capitel von der soge-
nannten "Classification der Gewebe und Organe" die seltsamsten und
widersprechendsten Ansichten zu Tage kommen. Wenn wir unter

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II. Morphologische Individuen zweiter Ordnung: Organe.
Zusammensetzung aus mehreren Formen bedingt ist. Für die Werk-
zeuge des Lebens, die wir im engeren Sinne „Organe“ nennen, gilt
dies um so mehr, da sie meistens ungleich complicirtere Form- und
Structur-Verhältnisse zeigen, als die feinsten Organe oder Maschinen,
die wir künstlich zu construiren im Stande sind. Auf diese Zusam-
mensetzung des Organs aus einer Mehrzahl von untergeordneten Form-
einheiten gründete Victor Carus seine morphologische Characteristik
des Organs als einer „Summe bestimmter Elementartheile oder Gewebe
in constanter Verbindung und Form.“ Diese Definition ist aber zu
allgemein, weil sie eben so gut auf die Form-Individuen dritter bis
bis sechster Ordnung passt. Diese letzteren, sowie auch den Begriff
des Gewebes müssen wir ausschliessen und den Ausdruck Elemen-
tartheil durch den bestimmten morphologischen Begriff der „Plastide“
ersetzen, andererseits den einheitlichen Character des Organs als
eines Ganzen hervorheben.

Der morphologische Begriff des Organs im Allgemeinen lässt sich
nach dieser unserer Auffassung feststellen als „eine constante einheit-
liche Raumgrösse von bestimmter Form, welche aus einer Summe
von mehreren bestimmten Plastiden (entweder von Cytoden oder von
Zellen, oder von Beiden), in constanter Verbindung zusammengesetzt
ist, und welche nicht die positiven Charactere der Form-Individuen
dritter bis sechster Ordnung erkennen lässt.“ Diese morphologische
Definition des Organs mag insbesondere ihres theilweise negativen
Inhalts wegen sehr mangelhaft erscheinen, wird aber bei der ausser-
ordentlichen Verschiedenartigkeit der verschiedenen Organe nicht leicht
durch eine bessere allgemein anwendbare zu ersetzen sein.

II. 2. Eintheilung der Organe in verschiedene Ordnungen.

Nachdem wir den morphologischen Begriff des Organs festgestellt
haben, müssen wir, um wenigstens eine allgemeine Uebersicht über
die unendlich mannichfaltige Zusammensetzungs-Weise desselben zu
gewinnen, den Versuch wagen, nach dem höheren oder geringeren
Grade ihrer Zusammensetzung verschiedene Ordnungen von Organen
zu unterscheiden. Allerdings ist dieser Versuch sehr schwierig, da
man die morphologischen Einheiten verschiedenen Ranges, welche
sich aus Vielheiten von Plastiden zu Organen verschiedener Ordnung
aufbauen, in den mannichfaltigen Gruppen der Organismen nach ganz
verschiedenen Gesichtspunkten beurtheilt hat. Daher herrscht in den
allgemeinen Ansichten, welche hierüber in den Einleitungen zu histo-
logischen und anatomischen Handbüchern gegeben werden, grosse
Unklarheit, und es ist bekannt, dass in dem Capitel von der soge-
nannten „Classification der Gewebe und Organe“ die seltsamsten und
widersprechendsten Ansichten zu Tage kommen. Wenn wir unter

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[291/0330] II. Morphologische Individuen zweiter Ordnung: Organe. Zusammensetzung aus mehreren Formen bedingt ist. Für die Werk- zeuge des Lebens, die wir im engeren Sinne „Organe“ nennen, gilt dies um so mehr, da sie meistens ungleich complicirtere Form- und Structur-Verhältnisse zeigen, als die feinsten Organe oder Maschinen, die wir künstlich zu construiren im Stande sind. Auf diese Zusam- mensetzung des Organs aus einer Mehrzahl von untergeordneten Form- einheiten gründete Victor Carus seine morphologische Characteristik des Organs als einer „Summe bestimmter Elementartheile oder Gewebe in constanter Verbindung und Form.“ Diese Definition ist aber zu allgemein, weil sie eben so gut auf die Form-Individuen dritter bis bis sechster Ordnung passt. Diese letzteren, sowie auch den Begriff des Gewebes müssen wir ausschliessen und den Ausdruck Elemen- tartheil durch den bestimmten morphologischen Begriff der „Plastide“ ersetzen, andererseits den einheitlichen Character des Organs als eines Ganzen hervorheben. Der morphologische Begriff des Organs im Allgemeinen lässt sich nach dieser unserer Auffassung feststellen als „eine constante einheit- liche Raumgrösse von bestimmter Form, welche aus einer Summe von mehreren bestimmten Plastiden (entweder von Cytoden oder von Zellen, oder von Beiden), in constanter Verbindung zusammengesetzt ist, und welche nicht die positiven Charactere der Form-Individuen dritter bis sechster Ordnung erkennen lässt.“ Diese morphologische Definition des Organs mag insbesondere ihres theilweise negativen Inhalts wegen sehr mangelhaft erscheinen, wird aber bei der ausser- ordentlichen Verschiedenartigkeit der verschiedenen Organe nicht leicht durch eine bessere allgemein anwendbare zu ersetzen sein. II. 2. Eintheilung der Organe in verschiedene Ordnungen. Nachdem wir den morphologischen Begriff des Organs festgestellt haben, müssen wir, um wenigstens eine allgemeine Uebersicht über die unendlich mannichfaltige Zusammensetzungs-Weise desselben zu gewinnen, den Versuch wagen, nach dem höheren oder geringeren Grade ihrer Zusammensetzung verschiedene Ordnungen von Organen zu unterscheiden. Allerdings ist dieser Versuch sehr schwierig, da man die morphologischen Einheiten verschiedenen Ranges, welche sich aus Vielheiten von Plastiden zu Organen verschiedener Ordnung aufbauen, in den mannichfaltigen Gruppen der Organismen nach ganz verschiedenen Gesichtspunkten beurtheilt hat. Daher herrscht in den allgemeinen Ansichten, welche hierüber in den Einleitungen zu histo- logischen und anatomischen Handbüchern gegeben werden, grosse Unklarheit, und es ist bekannt, dass in dem Capitel von der soge- nannten „Classification der Gewebe und Organe“ die seltsamsten und widersprechendsten Ansichten zu Tage kommen. Wenn wir unter 19*

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/330>, abgerufen am 25.11.2024.