werden, in welcher die Pflanze sie brauchen kann. Diese entnimmt vielmehr die für ihr Leben nöthige lebendige Kraft grösstentheils aus dem Sonnenlicht.
Wie sich die Protisten hinsichtlich des Kraft- und Stoffwechsels verhalten, wissen wir von der Mehrzahl derselben nicht. Einige scheinen sich mehr den Pflanzen, andere mehr den Thieren anzu- schliessen. Doch ist es wahrscheinlich, dass sich im Ganzen bei den meisten Protisten Reduction und Oxydation, progressive und regressive Metamorphose ihres Plasma-Körpers ziemlich das Gleichgewicht halten wird, da sie weder so beträchtliche Mengen von lebendiger Kraft, wie die Pflanzen, noch so beträchtliche Mengen von Spannkraft, wie die Thiere nöthig haben, um ihre Lebensfunctionen zu vollziehen. Sie halten sich wahrscheinlich auch in dieser Beziehung auf einem mehr indifferenten Standpunkte, und sind daher auch von der übrigen organischen Natur weniger abhängig, als es bei den Thieren und Pflanzen der Fall ist.
Stoffwechsel und Kraftwechsel der Organismen in früheren Pe- rioden der Erdgeschichte werden sich wesentlich verschieden von den jetzigen Verhältnissen gestaltet haben. Denken wir an den Urzustand der Erde zurück, als sie zuerst von Organismen bevölkert wurde, so müssen schon allein die ungeheuren Kohlenstoffmassen, die jetzt im Körper der Organismen gebunden sind, und die damals vermuthlich grösstentheils als Kohlensäure, Kohlenwasserstoffe etc. Urmeer und Uratmosphäre sättigten, gänzlich verschiedene Existenzbedingungen hervorgerufen haben. Es ist daher auch wahrscheinlich, dass zuerst ausschliesslich pflanzliche und protistische Moneren durch Auto- gonie entstanden sind, d. h. Eiweiss-Verbindungen in individueller Form, welche vorzugsweise oder fast ausschliesslich in progressivem Stoffwechsel Reduction übten und Massen von disponiblen festen und einfachen Kohlenstoff-Verbindungen in die lockeren und verwickelten Kohlenstoff-Verbindungen des Eiweisses, Fettes, der Kohlenhydrate etc. überführten. Erst nach Verlauf langer Zeiträume, nachdem sich eine reiche Pflanzenwelt entwickelt und Massen von Kohlensäure etc. aus der Atmosphäre und dem Urmeere fortgeschafft hatte, werden in dem nunmehr respirablen Medium durch Autogonie thierische Mone- ren entstanden sein, d. h. Eiweiss-Verbindungen in individueller Form, welche vorzugsweise in regressivem Stoffwechsel Oxydation übten, welche die in den Pflanzen aufgespeicherten Spannkräfte sich zu Nutze machten, und in allmähliger Weiterentwickelung das Wechsel- verhältniss einleiteten, das gegenwärtig zwischen den organischen Reichen existirt.
Die Differenzirung, welche in dieser oder ähnlicher Weise all- mählig stattgefunden hat, lässt sich jedoch auch in der Form denken,
X. Wechselwirkung der drei Reiche.
werden, in welcher die Pflanze sie brauchen kann. Diese entnimmt vielmehr die für ihr Leben nöthige lebendige Kraft grösstentheils aus dem Sonnenlicht.
Wie sich die Protisten hinsichtlich des Kraft- und Stoffwechsels verhalten, wissen wir von der Mehrzahl derselben nicht. Einige scheinen sich mehr den Pflanzen, andere mehr den Thieren anzu- schliessen. Doch ist es wahrscheinlich, dass sich im Ganzen bei den meisten Protisten Reduction und Oxydation, progressive und regressive Metamorphose ihres Plasma-Körpers ziemlich das Gleichgewicht halten wird, da sie weder so beträchtliche Mengen von lebendiger Kraft, wie die Pflanzen, noch so beträchtliche Mengen von Spannkraft, wie die Thiere nöthig haben, um ihre Lebensfunctionen zu vollziehen. Sie halten sich wahrscheinlich auch in dieser Beziehung auf einem mehr indifferenten Standpunkte, und sind daher auch von der übrigen organischen Natur weniger abhängig, als es bei den Thieren und Pflanzen der Fall ist.
Stoffwechsel und Kraftwechsel der Organismen in früheren Pe- rioden der Erdgeschichte werden sich wesentlich verschieden von den jetzigen Verhältnissen gestaltet haben. Denken wir an den Urzustand der Erde zurück, als sie zuerst von Organismen bevölkert wurde, so müssen schon allein die ungeheuren Kohlenstoffmassen, die jetzt im Körper der Organismen gebunden sind, und die damals vermuthlich grösstentheils als Kohlensäure, Kohlenwasserstoffe etc. Urmeer und Uratmosphäre sättigten, gänzlich verschiedene Existenzbedingungen hervorgerufen haben. Es ist daher auch wahrscheinlich, dass zuerst ausschliesslich pflanzliche und protistische Moneren durch Auto- gonie entstanden sind, d. h. Eiweiss-Verbindungen in individueller Form, welche vorzugsweise oder fast ausschliesslich in progressivem Stoffwechsel Reduction übten und Massen von disponiblen festen und einfachen Kohlenstoff-Verbindungen in die lockeren und verwickelten Kohlenstoff-Verbindungen des Eiweisses, Fettes, der Kohlenhydrate etc. überführten. Erst nach Verlauf langer Zeiträume, nachdem sich eine reiche Pflanzenwelt entwickelt und Massen von Kohlensäure etc. aus der Atmosphäre und dem Urmeere fortgeschafft hatte, werden in dem nunmehr respirablen Medium durch Autogonie thierische Mone- ren entstanden sein, d. h. Eiweiss-Verbindungen in individueller Form, welche vorzugsweise in regressivem Stoffwechsel Oxydation übten, welche die in den Pflanzen aufgespeicherten Spannkräfte sich zu Nutze machten, und in allmähliger Weiterentwickelung das Wechsel- verhältniss einleiteten, das gegenwärtig zwischen den organischen Reichen existirt.
Die Differenzirung, welche in dieser oder ähnlicher Weise all- mählig stattgefunden hat, lässt sich jedoch auch in der Form denken,
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X. Wechselwirkung der drei Reiche.
werden, in welcher die Pflanze sie brauchen kann. Diese entnimmt
vielmehr die für ihr Leben nöthige lebendige Kraft grösstentheils aus
dem Sonnenlicht.
Wie sich die Protisten hinsichtlich des Kraft- und Stoffwechsels
verhalten, wissen wir von der Mehrzahl derselben nicht. Einige
scheinen sich mehr den Pflanzen, andere mehr den Thieren anzu-
schliessen. Doch ist es wahrscheinlich, dass sich im Ganzen bei den
meisten Protisten Reduction und Oxydation, progressive und regressive
Metamorphose ihres Plasma-Körpers ziemlich das Gleichgewicht halten
wird, da sie weder so beträchtliche Mengen von lebendiger Kraft,
wie die Pflanzen, noch so beträchtliche Mengen von Spannkraft, wie
die Thiere nöthig haben, um ihre Lebensfunctionen zu vollziehen.
Sie halten sich wahrscheinlich auch in dieser Beziehung auf einem
mehr indifferenten Standpunkte, und sind daher auch von der übrigen
organischen Natur weniger abhängig, als es bei den Thieren und
Pflanzen der Fall ist.
Stoffwechsel und Kraftwechsel der Organismen in früheren Pe-
rioden der Erdgeschichte werden sich wesentlich verschieden von den
jetzigen Verhältnissen gestaltet haben. Denken wir an den Urzustand
der Erde zurück, als sie zuerst von Organismen bevölkert wurde, so
müssen schon allein die ungeheuren Kohlenstoffmassen, die jetzt im
Körper der Organismen gebunden sind, und die damals vermuthlich
grösstentheils als Kohlensäure, Kohlenwasserstoffe etc. Urmeer und
Uratmosphäre sättigten, gänzlich verschiedene Existenzbedingungen
hervorgerufen haben. Es ist daher auch wahrscheinlich, dass zuerst
ausschliesslich pflanzliche und protistische Moneren durch Auto-
gonie entstanden sind, d. h. Eiweiss-Verbindungen in individueller
Form, welche vorzugsweise oder fast ausschliesslich in progressivem
Stoffwechsel Reduction übten und Massen von disponiblen festen und
einfachen Kohlenstoff-Verbindungen in die lockeren und verwickelten
Kohlenstoff-Verbindungen des Eiweisses, Fettes, der Kohlenhydrate etc.
überführten. Erst nach Verlauf langer Zeiträume, nachdem sich eine
reiche Pflanzenwelt entwickelt und Massen von Kohlensäure etc. aus
der Atmosphäre und dem Urmeere fortgeschafft hatte, werden in
dem nunmehr respirablen Medium durch Autogonie thierische Mone-
ren entstanden sein, d. h. Eiweiss-Verbindungen in individueller Form,
welche vorzugsweise in regressivem Stoffwechsel Oxydation übten,
welche die in den Pflanzen aufgespeicherten Spannkräfte sich zu
Nutze machten, und in allmähliger Weiterentwickelung das Wechsel-
verhältniss einleiteten, das gegenwärtig zwischen den organischen
Reichen existirt.
Die Differenzirung, welche in dieser oder ähnlicher Weise all-
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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/270>, abgerufen am 24.11.2024.
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