nahme, dass eine grössere Anzahl von ursprünglich (wenn auch nur wenig) verschiedenen Moneren-Arten durch Autogonie entstanden sei, als die entgegengesetzte Hypothese, dass alle Organismen nur einer einzigen oder nur zwei ursprünglich verschiedenen autogonen Moneren- Arten ihren Ursprung verdanken.
Wenn wir uns, was allerdings ausserordentlich schwierig, unsicher und dunkel ist, irgend eine Vorstellung über den Zustand unserer Erdrinde zu der Zeit zu bilden versuchen, als die erste Autogonie von Moneren stattfand, so werden doch wohl alle hierüber möglichen Vor- stellungen darin übereinstimmen, dass zu jener Zeit bereits an ver- schiedenen Orten verschiedene physikalisch-chemische Bedingungen für die Autogonie obwalteten, und dass mithin auch an ver- schiedenen Stellen in Folge dieser Differenzen verschiedene Moneren- Arten entstanden sein werden -- Arten, welche, wie bemerkt, sich wahrscheinlich blos durch leichte Abweichungen in der chemischen Constitution ihres Plasmakörpers, ihrer individualisirten Eiweiss-Ver- bindung unterschieden haben werden. Auch wenn wir uns den ein- fachsten Zustand der erstarrten Erdrinde zu jener Zeit vorstellen, den Fall nämlich, dass die ganze Erdkugel ringsum gleichmässig von einer heissen Wasserhülle und darüber von einer dichten kohlensäurereichen Dampfhülle umgeben gewesen sei, so hat doch sicher schon die feste, allenthalben von dem Urmeere, wie von einer Wasserschale umgebene Erdrinde in ihrer Oberflächenbildung keine absolute Gleichmässigkeit dargeboten. Die Risse und Sprünge, welche bei der Abkühlung der feurig-flüssigen Erdkugel in ihrer erstarrenden Rinde entstanden, haben vielmehr schon frühzeitig mannichfaltige Unebenheiten und Untiefen auf dem Boden des verschieden tiefen Urmeeres bedingt, Unebenheiten, welche durch das Hervorquellen neuer feurig-flüssiger Gesteinsmassen aus den Spalten der Rinde noch bedeutend vermehrt wurden, und, indem sie sich mehr und mehr steigerten, eine immer grössere Man- nichfaltigkeit in der physikalisch-chemischen Beschaffenheit verschiede- ner Stellen des Urmeeres hervorbrachten. Sehr frühzeitig und viel- leicht schon lange vor Eintritt der Autogonie wird die Tiefe des Urmeeres, seine Dichtigkeit, seine Temperatur, sein Salzgehalt, seine Schwängerung mit verschiedenen gelösten Substanzen an vielen Stellen eine sehr verschiedene gewesen sein, und es werden also vielfach ver- schiedene Bedingungen obgewaltet und auf die Autogonie eingewirkt haben. Wahrscheinlich sind also sehr zahlreiche, verschiedene Moneren- Arten autogon entstanden, alle darin übereinstimmend, dass sie die denkbar einfachste Organismenform repräsentirten, nämlich vollkommen homogene, formlose und structurlose Eiweissklumpen, welche lebten (d. h. sich ernährten und durch Theilung fortpflanzten) und welche nur durch sehr geringe Differenzen in der chemischen Constitution der Eiweiss-Verbindungen sich unterschieden.
III. Ursprung des Thier- und Pflanzen-Reiches.
nahme, dass eine grössere Anzahl von ursprünglich (wenn auch nur wenig) verschiedenen Moneren-Arten durch Autogonie entstanden sei, als die entgegengesetzte Hypothese, dass alle Organismen nur einer einzigen oder nur zwei ursprünglich verschiedenen autogonen Moneren- Arten ihren Ursprung verdanken.
Wenn wir uns, was allerdings ausserordentlich schwierig, unsicher und dunkel ist, irgend eine Vorstellung über den Zustand unserer Erdrinde zu der Zeit zu bilden versuchen, als die erste Autogonie von Moneren stattfand, so werden doch wohl alle hierüber möglichen Vor- stellungen darin übereinstimmen, dass zu jener Zeit bereits an ver- schiedenen Orten verschiedene physikalisch-chemische Bedingungen für die Autogonie obwalteten, und dass mithin auch an ver- schiedenen Stellen in Folge dieser Differenzen verschiedene Moneren- Arten entstanden sein werden — Arten, welche, wie bemerkt, sich wahrscheinlich blos durch leichte Abweichungen in der chemischen Constitution ihres Plasmakörpers, ihrer individualisirten Eiweiss-Ver- bindung unterschieden haben werden. Auch wenn wir uns den ein- fachsten Zustand der erstarrten Erdrinde zu jener Zeit vorstellen, den Fall nämlich, dass die ganze Erdkugel ringsum gleichmässig von einer heissen Wasserhülle und darüber von einer dichten kohlensäurereichen Dampfhülle umgeben gewesen sei, so hat doch sicher schon die feste, allenthalben von dem Urmeere, wie von einer Wasserschale umgebene Erdrinde in ihrer Oberflächenbildung keine absolute Gleichmässigkeit dargeboten. Die Risse und Sprünge, welche bei der Abkühlung der feurig-flüssigen Erdkugel in ihrer erstarrenden Rinde entstanden, haben vielmehr schon frühzeitig mannichfaltige Unebenheiten und Untiefen auf dem Boden des verschieden tiefen Urmeeres bedingt, Unebenheiten, welche durch das Hervorquellen neuer feurig-flüssiger Gesteinsmassen aus den Spalten der Rinde noch bedeutend vermehrt wurden, und, indem sie sich mehr und mehr steigerten, eine immer grössere Man- nichfaltigkeit in der physikalisch-chemischen Beschaffenheit verschiede- ner Stellen des Urmeeres hervorbrachten. Sehr frühzeitig und viel- leicht schon lange vor Eintritt der Autogonie wird die Tiefe des Urmeeres, seine Dichtigkeit, seine Temperatur, sein Salzgehalt, seine Schwängerung mit verschiedenen gelösten Substanzen an vielen Stellen eine sehr verschiedene gewesen sein, und es werden also vielfach ver- schiedene Bedingungen obgewaltet und auf die Autogonie eingewirkt haben. Wahrscheinlich sind also sehr zahlreiche, verschiedene Moneren- Arten autogon entstanden, alle darin übereinstimmend, dass sie die denkbar einfachste Organismenform repräsentirten, nämlich vollkommen homogene, formlose und structurlose Eiweissklumpen, welche lebten (d. h. sich ernährten und durch Theilung fortpflanzten) und welche nur durch sehr geringe Differenzen in der chemischen Constitution der Eiweiss-Verbindungen sich unterschieden.
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[201/0240]
III. Ursprung des Thier- und Pflanzen-Reiches.
nahme, dass eine grössere Anzahl von ursprünglich (wenn auch nur
wenig) verschiedenen Moneren-Arten durch Autogonie entstanden sei,
als die entgegengesetzte Hypothese, dass alle Organismen nur einer
einzigen oder nur zwei ursprünglich verschiedenen autogonen Moneren-
Arten ihren Ursprung verdanken.
Wenn wir uns, was allerdings ausserordentlich schwierig, unsicher
und dunkel ist, irgend eine Vorstellung über den Zustand unserer
Erdrinde zu der Zeit zu bilden versuchen, als die erste Autogonie von
Moneren stattfand, so werden doch wohl alle hierüber möglichen Vor-
stellungen darin übereinstimmen, dass zu jener Zeit bereits an ver-
schiedenen Orten verschiedene physikalisch-chemische Bedingungen
für die Autogonie obwalteten, und dass mithin auch an ver-
schiedenen Stellen in Folge dieser Differenzen verschiedene Moneren-
Arten entstanden sein werden — Arten, welche, wie bemerkt, sich
wahrscheinlich blos durch leichte Abweichungen in der chemischen
Constitution ihres Plasmakörpers, ihrer individualisirten Eiweiss-Ver-
bindung unterschieden haben werden. Auch wenn wir uns den ein-
fachsten Zustand der erstarrten Erdrinde zu jener Zeit vorstellen, den
Fall nämlich, dass die ganze Erdkugel ringsum gleichmässig von einer
heissen Wasserhülle und darüber von einer dichten kohlensäurereichen
Dampfhülle umgeben gewesen sei, so hat doch sicher schon die feste,
allenthalben von dem Urmeere, wie von einer Wasserschale umgebene
Erdrinde in ihrer Oberflächenbildung keine absolute Gleichmässigkeit
dargeboten. Die Risse und Sprünge, welche bei der Abkühlung der
feurig-flüssigen Erdkugel in ihrer erstarrenden Rinde entstanden, haben
vielmehr schon frühzeitig mannichfaltige Unebenheiten und Untiefen
auf dem Boden des verschieden tiefen Urmeeres bedingt, Unebenheiten,
welche durch das Hervorquellen neuer feurig-flüssiger Gesteinsmassen
aus den Spalten der Rinde noch bedeutend vermehrt wurden, und,
indem sie sich mehr und mehr steigerten, eine immer grössere Man-
nichfaltigkeit in der physikalisch-chemischen Beschaffenheit verschiede-
ner Stellen des Urmeeres hervorbrachten. Sehr frühzeitig und viel-
leicht schon lange vor Eintritt der Autogonie wird die Tiefe des
Urmeeres, seine Dichtigkeit, seine Temperatur, sein Salzgehalt, seine
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eine sehr verschiedene gewesen sein, und es werden also vielfach ver-
schiedene Bedingungen obgewaltet und auf die Autogonie eingewirkt
haben. Wahrscheinlich sind also sehr zahlreiche, verschiedene Moneren-
Arten autogon entstanden, alle darin übereinstimmend, dass sie die
denkbar einfachste Organismenform repräsentirten, nämlich vollkommen
homogene, formlose und structurlose Eiweissklumpen, welche lebten
(d. h. sich ernährten und durch Theilung fortpflanzten) und welche
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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/240>, abgerufen am 25.11.2024.
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