Formen ist. Die unendlich mannichfaltigen Krystallformen des Schnees und Eises, und vor Allem die sehr complicirten, eben hervorgehobenen "höheren und vollkommeneren" Krystallformen (Eisblumen, Eis- blätter etc.), welche aus Krystall-Individuen niederer Ordnung sich zusammensetzen, zeigen äusserst häufig höchst complicirte, einer stereometrischen Betrachtung gar nicht mehr zugängliche, gekrümmte Linien und Flächen.
Während so einerseits der Fall nicht selten ist, dass auch reine und vollkommen geformte anorganische Individuen, gleich den orga- nischen, nur gekrümmte Begrenzungsflächen und krumme Kantenlinien zeigen, die in unmessbaren Ecken zusammenstossen, so kommt ande- rerseits noch häufiger der Fall vor, dass auch organische Individuen, gleich den meisten anorganischen Krystallen, vollkommen ebene Be- grenzungsflächen darbieten, welche sich in geraden Linien schneiden und in messbaren Raumecken zusammenstossen. Wir meinen hier nicht die Krystalle organischer Kohlenstoff-Verbindungen (z. B. Zucker, organische Säuren, Fette etc.), da wir diese nicht als wirkliche orga- nische, d. h. physiologische Individuen, als Lebenseinheiten, ansehen können; wir meinen vielmehr die bisher auffallend vernachlässigten, äusserst interessanten Organismen aus dem Rhizopoden-Stamme, welche besonders in der Radiolarien-Klasse einen so ausserordentlichen Formen- reichthum entwickeln und hier zum Theil vollständig, in ihrer ge- sammten Körperform, und vor Allem in ihrer Skeletbildung, die rein- sten und regelmässigsten Krystallformen (Tetraeder, reguläre Octaeder, Quadrat-Octaeder, Rhomben-Octaeder, dreiseitige Prismen etc.) dar- stellen. Da wir diese höchst wichtige und bisher fast ganz vernach- lässigte Erscheinung im vierten Buche ausführlich zu behandeln haben, so wollen wir hier nur darauf hinweisen, dass sämmtliche stereo- metrische Formen, welche als Grundformen der verschiedenen Krystallsysteme auftreten, auch in Form selbstständiger Organismen vorkommen. Die Radiolarien liefern hierfür die zahlreichsten und schlagendsten Beispiele.
Im Ganzen genommen ist freilich die Zahl dieser Organismen in Krystallform gering, und es muss ausdrücklich hinzugefügt werden, dass es immer nur ein Theil des Körpers ist (wenn auch oft der grösste, und häufig der einzige feste und geformte Theil), wel- cher die einfache Krystallform annimmt. Denn zu diesem (meist aus Kieselsäure gebildeten) Krystall-Skelet kommt stets noch zum Min- desten die amorphe Sarcode, das lebende Protoplasma, hinzu. Diese letztere kann allein die Lebensbewegungen vermitteln, denen auch jener Skelet-Krystall seine Entstehung verdankt.
Bei der Mehrzahl der Organismen ist die Krystallform gewöhnlich schon deshalb ganz oder grösstentheils ausgeschlossen, weil der ganze
Organismen und Anorgane.
Formen ist. Die unendlich mannichfaltigen Krystallformen des Schnees und Eises, und vor Allem die sehr complicirten, eben hervorgehobenen „höheren und vollkommeneren“ Krystallformen (Eisblumen, Eis- blätter etc.), welche aus Krystall-Individuen niederer Ordnung sich zusammensetzen, zeigen äusserst häufig höchst complicirte, einer stereometrischen Betrachtung gar nicht mehr zugängliche, gekrümmte Linien und Flächen.
Während so einerseits der Fall nicht selten ist, dass auch reine und vollkommen geformte anorganische Individuen, gleich den orga- nischen, nur gekrümmte Begrenzungsflächen und krumme Kantenlinien zeigen, die in unmessbaren Ecken zusammenstossen, so kommt ande- rerseits noch häufiger der Fall vor, dass auch organische Individuen, gleich den meisten anorganischen Krystallen, vollkommen ebene Be- grenzungsflächen darbieten, welche sich in geraden Linien schneiden und in messbaren Raumecken zusammenstossen. Wir meinen hier nicht die Krystalle organischer Kohlenstoff-Verbindungen (z. B. Zucker, organische Säuren, Fette etc.), da wir diese nicht als wirkliche orga- nische, d. h. physiologische Individuen, als Lebenseinheiten, ansehen können; wir meinen vielmehr die bisher auffallend vernachlässigten, äusserst interessanten Organismen aus dem Rhizopoden-Stamme, welche besonders in der Radiolarien-Klasse einen so ausserordentlichen Formen- reichthum entwickeln und hier zum Theil vollständig, in ihrer ge- sammten Körperform, und vor Allem in ihrer Skeletbildung, die rein- sten und regelmässigsten Krystallformen (Tetraeder, reguläre Octaeder, Quadrat-Octaeder, Rhomben-Octaeder, dreiseitige Prismen etc.) dar- stellen. Da wir diese höchst wichtige und bisher fast ganz vernach- lässigte Erscheinung im vierten Buche ausführlich zu behandeln haben, so wollen wir hier nur darauf hinweisen, dass sämmtliche stereo- metrische Formen, welche als Grundformen der verschiedenen Krystallsysteme auftreten, auch in Form selbstständiger Organismen vorkommen. Die Radiolarien liefern hierfür die zahlreichsten und schlagendsten Beispiele.
Im Ganzen genommen ist freilich die Zahl dieser Organismen in Krystallform gering, und es muss ausdrücklich hinzugefügt werden, dass es immer nur ein Theil des Körpers ist (wenn auch oft der grösste, und häufig der einzige feste und geformte Theil), wel- cher die einfache Krystallform annimmt. Denn zu diesem (meist aus Kieselsäure gebildeten) Krystall-Skelet kommt stets noch zum Min- desten die amorphe Sarcode, das lebende Protoplasma, hinzu. Diese letztere kann allein die Lebensbewegungen vermitteln, denen auch jener Skelet-Krystall seine Entstehung verdankt.
Bei der Mehrzahl der Organismen ist die Krystallform gewöhnlich schon deshalb ganz oder grösstentheils ausgeschlossen, weil der ganze
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Organismen und Anorgane.
Formen ist. Die unendlich mannichfaltigen Krystallformen des Schnees
und Eises, und vor Allem die sehr complicirten, eben hervorgehobenen
„höheren und vollkommeneren“ Krystallformen (Eisblumen, Eis-
blätter etc.), welche aus Krystall-Individuen niederer Ordnung sich
zusammensetzen, zeigen äusserst häufig höchst complicirte, einer
stereometrischen Betrachtung gar nicht mehr zugängliche, gekrümmte
Linien und Flächen.
Während so einerseits der Fall nicht selten ist, dass auch reine
und vollkommen geformte anorganische Individuen, gleich den orga-
nischen, nur gekrümmte Begrenzungsflächen und krumme Kantenlinien
zeigen, die in unmessbaren Ecken zusammenstossen, so kommt ande-
rerseits noch häufiger der Fall vor, dass auch organische Individuen,
gleich den meisten anorganischen Krystallen, vollkommen ebene Be-
grenzungsflächen darbieten, welche sich in geraden Linien schneiden
und in messbaren Raumecken zusammenstossen. Wir meinen hier
nicht die Krystalle organischer Kohlenstoff-Verbindungen (z. B. Zucker,
organische Säuren, Fette etc.), da wir diese nicht als wirkliche orga-
nische, d. h. physiologische Individuen, als Lebenseinheiten, ansehen
können; wir meinen vielmehr die bisher auffallend vernachlässigten,
äusserst interessanten Organismen aus dem Rhizopoden-Stamme, welche
besonders in der Radiolarien-Klasse einen so ausserordentlichen Formen-
reichthum entwickeln und hier zum Theil vollständig, in ihrer ge-
sammten Körperform, und vor Allem in ihrer Skeletbildung, die rein-
sten und regelmässigsten Krystallformen (Tetraeder, reguläre Octaeder,
Quadrat-Octaeder, Rhomben-Octaeder, dreiseitige Prismen etc.) dar-
stellen. Da wir diese höchst wichtige und bisher fast ganz vernach-
lässigte Erscheinung im vierten Buche ausführlich zu behandeln haben,
so wollen wir hier nur darauf hinweisen, dass sämmtliche stereo-
metrische Formen, welche als Grundformen der verschiedenen
Krystallsysteme auftreten, auch in Form selbstständiger Organismen
vorkommen. Die Radiolarien liefern hierfür die zahlreichsten und
schlagendsten Beispiele.
Im Ganzen genommen ist freilich die Zahl dieser Organismen in
Krystallform gering, und es muss ausdrücklich hinzugefügt werden,
dass es immer nur ein Theil des Körpers ist (wenn auch oft der
grösste, und häufig der einzige feste und geformte Theil), wel-
cher die einfache Krystallform annimmt. Denn zu diesem (meist aus
Kieselsäure gebildeten) Krystall-Skelet kommt stets noch zum Min-
desten die amorphe Sarcode, das lebende Protoplasma, hinzu. Diese
letztere kann allein die Lebensbewegungen vermitteln, denen auch
jener Skelet-Krystall seine Entstehung verdankt.
Bei der Mehrzahl der Organismen ist die Krystallform gewöhnlich
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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/177>, abgerufen am 26.11.2024.
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