Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

lehnten Offiziere in den verschiedensten Uniformen, im Hofe standen Equipagen und Packwagen, an deren Deichseln abgesattelte Pferde befestigt waren. Unter dem Thorbogen hielten Ordonnanzen und die jungen Offiziere des Hauptquartiers, welche wohlgemuth dem Lärm und dem Jubel der vorbeiziehenden siegestrunkenen Soldatenhaufen zuschauten.

In dieses Gewühl hinein lenkte Graf S. sein Pferd und wurde von den Kameraden freundlich bewillkommt. Er mußte erzählen, wie es drüben ausschaue, und überbrachte Grüße von Bekannten und Freunden, die man lange nicht gesehen.

Dein Schimmel wird müde sein, sagte ein junger Husarenoffizier lachend, und der Graf entgegnete lustig:

Wie sein Herr. Ich bin jetzt heute schon vierzehn Stunden im Sattel gewesen; habt ihr irgendwo ein Obdach, wo man sich ein wenig ausstrecken kann?

Obdach genug, antwortete der Andere, auch sogar ein schönes, breites Bett. Aber du freust mich, wenn du jetzt schon ans Ausruhen denkst, da droben schreiben sie, daß die Federn davon fliegen; Major E. siegelt eine Depesche um die andere. Ich und F. und M., wir haben schon unsere Bestimmung, und der nächste Befehl, der hinaus muß, ist für dich. Geh nur gleich drüben in das Haus neben der Kirche, da wirst du deinen Burschen mit den Pferden finden.

Der Graf zuckte lachend die Achseln, nahm einen tüchtigen Zug aus einer dargebotenen Feldflasche und

lehnten Offiziere in den verschiedensten Uniformen, im Hofe standen Equipagen und Packwagen, an deren Deichseln abgesattelte Pferde befestigt waren. Unter dem Thorbogen hielten Ordonnanzen und die jungen Offiziere des Hauptquartiers, welche wohlgemuth dem Lärm und dem Jubel der vorbeiziehenden siegestrunkenen Soldatenhaufen zuschauten.

In dieses Gewühl hinein lenkte Graf S. sein Pferd und wurde von den Kameraden freundlich bewillkommt. Er mußte erzählen, wie es drüben ausschaue, und überbrachte Grüße von Bekannten und Freunden, die man lange nicht gesehen.

Dein Schimmel wird müde sein, sagte ein junger Husarenoffizier lachend, und der Graf entgegnete lustig:

Wie sein Herr. Ich bin jetzt heute schon vierzehn Stunden im Sattel gewesen; habt ihr irgendwo ein Obdach, wo man sich ein wenig ausstrecken kann?

Obdach genug, antwortete der Andere, auch sogar ein schönes, breites Bett. Aber du freust mich, wenn du jetzt schon ans Ausruhen denkst, da droben schreiben sie, daß die Federn davon fliegen; Major E. siegelt eine Depesche um die andere. Ich und F. und M., wir haben schon unsere Bestimmung, und der nächste Befehl, der hinaus muß, ist für dich. Geh nur gleich drüben in das Haus neben der Kirche, da wirst du deinen Burschen mit den Pferden finden.

Der Graf zuckte lachend die Achseln, nahm einen tüchtigen Zug aus einer dargebotenen Feldflasche und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="2">
        <p><pb facs="#f0048"/>
lehnten Offiziere in den      verschiedensten Uniformen, im Hofe standen Equipagen und Packwagen, an deren Deichseln      abgesattelte Pferde befestigt waren. Unter dem Thorbogen hielten Ordonnanzen und die jungen      Offiziere des Hauptquartiers, welche wohlgemuth dem Lärm und dem Jubel der vorbeiziehenden      siegestrunkenen Soldatenhaufen zuschauten.</p><lb/>
        <p>In dieses Gewühl hinein lenkte Graf S. sein Pferd und wurde von den Kameraden freundlich      bewillkommt. Er mußte erzählen, wie es drüben ausschaue, und überbrachte Grüße von Bekannten      und Freunden, die man lange nicht gesehen.</p><lb/>
        <p>Dein Schimmel wird müde sein, sagte ein junger Husarenoffizier lachend, und der Graf      entgegnete lustig:</p><lb/>
        <p>Wie sein Herr. Ich bin jetzt heute schon vierzehn Stunden im Sattel gewesen; habt ihr      irgendwo ein Obdach, wo man sich ein wenig ausstrecken kann?</p><lb/>
        <p>Obdach genug, antwortete der Andere, auch sogar ein schönes, breites Bett. Aber du freust      mich, wenn du jetzt schon ans Ausruhen denkst, da droben schreiben sie, daß die Federn davon      fliegen; Major E. siegelt eine Depesche um die andere. Ich und F. und M., wir haben schon      unsere Bestimmung, und der nächste Befehl, der hinaus muß, ist für dich. Geh nur gleich drüben      in das Haus neben der Kirche, da wirst du deinen Burschen mit den Pferden finden.</p><lb/>
        <p>Der Graf zuckte lachend die Achseln, nahm einen tüchtigen Zug aus einer dargebotenen      Feldflasche und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0048] lehnten Offiziere in den verschiedensten Uniformen, im Hofe standen Equipagen und Packwagen, an deren Deichseln abgesattelte Pferde befestigt waren. Unter dem Thorbogen hielten Ordonnanzen und die jungen Offiziere des Hauptquartiers, welche wohlgemuth dem Lärm und dem Jubel der vorbeiziehenden siegestrunkenen Soldatenhaufen zuschauten. In dieses Gewühl hinein lenkte Graf S. sein Pferd und wurde von den Kameraden freundlich bewillkommt. Er mußte erzählen, wie es drüben ausschaue, und überbrachte Grüße von Bekannten und Freunden, die man lange nicht gesehen. Dein Schimmel wird müde sein, sagte ein junger Husarenoffizier lachend, und der Graf entgegnete lustig: Wie sein Herr. Ich bin jetzt heute schon vierzehn Stunden im Sattel gewesen; habt ihr irgendwo ein Obdach, wo man sich ein wenig ausstrecken kann? Obdach genug, antwortete der Andere, auch sogar ein schönes, breites Bett. Aber du freust mich, wenn du jetzt schon ans Ausruhen denkst, da droben schreiben sie, daß die Federn davon fliegen; Major E. siegelt eine Depesche um die andere. Ich und F. und M., wir haben schon unsere Bestimmung, und der nächste Befehl, der hinaus muß, ist für dich. Geh nur gleich drüben in das Haus neben der Kirche, da wirst du deinen Burschen mit den Pferden finden. Der Graf zuckte lachend die Achseln, nahm einen tüchtigen Zug aus einer dargebotenen Feldflasche und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:37:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T10:37:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hacklaender_naechte_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hacklaender_naechte_1910/48
Zitationshilfe: Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hacklaender_naechte_1910/48>, abgerufen am 24.11.2024.