Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Wir warten hier geduldig, entgegnete der Chevaulegeroffizier, bis wir den verdammten Fluß passieren dürfen. -- Hast du vielleicht einen Befehl deßhalb mitgebracht, Generalstäbler? Etwas der Art wohl, lachte dieser, aber vom passieren ist für heute keine Rede. Ihr werdet hier wahrscheinlich ruhig liegen bleiben; eine herrliche Nacht wird es geben, euer Wein ist auch nicht schlecht, wie ich merke, und so könnt ihr es schon aushalten. Verdammt! murrte der Husar, seit vier Tagen sind wir beständig rückwärts und bekommen nicht einen feindlichen Pferdeschweif zu sehen; vom Einhauen ist schon seit langer Zeit keine Rede mehr. Die da vorn, sagte der vom Generalstab lachend, haben es auch nicht besser, Pferdeschweife sehen wir freilich, auch Kanonenmündungen genug, aber alles das in der allerweitesten Entfernung. Und bleiben wir wirklich heute hier? fragte der Chevauleger. Wahrscheinlich, doch erwarte ich noch einen Ordonnanzoffizier aus dem Hauptquartier. Kommt dort nicht etwas über die Brücke? Bei diesen Worten richtete der Offizier vom Generalstab sein Fernrohr auf den Fluß und fuhr dann fort: Richtig, es ist ein Husarenoffizier, der wird einen Befehl bringen, und wenn mich nicht Alles täuscht, ist es unser lieber Graf S. Seht, wie er seinen Gaul zurückhält, um ordonnanzmäßig im Schritt über die Brücke zu kommen. Ja, ja, er ist's! Wir warten hier geduldig, entgegnete der Chevaulegeroffizier, bis wir den verdammten Fluß passieren dürfen. — Hast du vielleicht einen Befehl deßhalb mitgebracht, Generalstäbler? Etwas der Art wohl, lachte dieser, aber vom passieren ist für heute keine Rede. Ihr werdet hier wahrscheinlich ruhig liegen bleiben; eine herrliche Nacht wird es geben, euer Wein ist auch nicht schlecht, wie ich merke, und so könnt ihr es schon aushalten. Verdammt! murrte der Husar, seit vier Tagen sind wir beständig rückwärts und bekommen nicht einen feindlichen Pferdeschweif zu sehen; vom Einhauen ist schon seit langer Zeit keine Rede mehr. Die da vorn, sagte der vom Generalstab lachend, haben es auch nicht besser, Pferdeschweife sehen wir freilich, auch Kanonenmündungen genug, aber alles das in der allerweitesten Entfernung. Und bleiben wir wirklich heute hier? fragte der Chevauleger. Wahrscheinlich, doch erwarte ich noch einen Ordonnanzoffizier aus dem Hauptquartier. Kommt dort nicht etwas über die Brücke? Bei diesen Worten richtete der Offizier vom Generalstab sein Fernrohr auf den Fluß und fuhr dann fort: Richtig, es ist ein Husarenoffizier, der wird einen Befehl bringen, und wenn mich nicht Alles täuscht, ist es unser lieber Graf S. Seht, wie er seinen Gaul zurückhält, um ordonnanzmäßig im Schritt über die Brücke zu kommen. Ja, ja, er ist's! <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <pb facs="#f0041"/> <p>Wir warten hier geduldig, entgegnete der Chevaulegeroffizier, bis wir den verdammten Fluß passieren dürfen. — Hast du vielleicht einen Befehl deßhalb mitgebracht, Generalstäbler?</p><lb/> <p>Etwas der Art wohl, lachte dieser, aber vom passieren ist für heute keine Rede. Ihr werdet hier wahrscheinlich ruhig liegen bleiben; eine herrliche Nacht wird es geben, euer Wein ist auch nicht schlecht, wie ich merke, und so könnt ihr es schon aushalten.</p><lb/> <p>Verdammt! murrte der Husar, seit vier Tagen sind wir beständig rückwärts und bekommen nicht einen feindlichen Pferdeschweif zu sehen; vom Einhauen ist schon seit langer Zeit keine Rede mehr.</p><lb/> <p>Die da vorn, sagte der vom Generalstab lachend, haben es auch nicht besser, Pferdeschweife sehen wir freilich, auch Kanonenmündungen genug, aber alles das in der allerweitesten Entfernung.</p><lb/> <p>Und bleiben wir wirklich heute hier? fragte der Chevauleger.</p><lb/> <p>Wahrscheinlich, doch erwarte ich noch einen Ordonnanzoffizier aus dem Hauptquartier. Kommt dort nicht etwas über die Brücke? Bei diesen Worten richtete der Offizier vom Generalstab sein Fernrohr auf den Fluß und fuhr dann fort: Richtig, es ist ein Husarenoffizier, der wird einen Befehl bringen, und wenn mich nicht Alles täuscht, ist es unser lieber Graf S. Seht, wie er seinen Gaul zurückhält, um ordonnanzmäßig im Schritt über die Brücke zu kommen. Ja, ja, er ist's!<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0041]
Wir warten hier geduldig, entgegnete der Chevaulegeroffizier, bis wir den verdammten Fluß passieren dürfen. — Hast du vielleicht einen Befehl deßhalb mitgebracht, Generalstäbler?
Etwas der Art wohl, lachte dieser, aber vom passieren ist für heute keine Rede. Ihr werdet hier wahrscheinlich ruhig liegen bleiben; eine herrliche Nacht wird es geben, euer Wein ist auch nicht schlecht, wie ich merke, und so könnt ihr es schon aushalten.
Verdammt! murrte der Husar, seit vier Tagen sind wir beständig rückwärts und bekommen nicht einen feindlichen Pferdeschweif zu sehen; vom Einhauen ist schon seit langer Zeit keine Rede mehr.
Die da vorn, sagte der vom Generalstab lachend, haben es auch nicht besser, Pferdeschweife sehen wir freilich, auch Kanonenmündungen genug, aber alles das in der allerweitesten Entfernung.
Und bleiben wir wirklich heute hier? fragte der Chevauleger.
Wahrscheinlich, doch erwarte ich noch einen Ordonnanzoffizier aus dem Hauptquartier. Kommt dort nicht etwas über die Brücke? Bei diesen Worten richtete der Offizier vom Generalstab sein Fernrohr auf den Fluß und fuhr dann fort: Richtig, es ist ein Husarenoffizier, der wird einen Befehl bringen, und wenn mich nicht Alles täuscht, ist es unser lieber Graf S. Seht, wie er seinen Gaul zurückhält, um ordonnanzmäßig im Schritt über die Brücke zu kommen. Ja, ja, er ist's!
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Zitationshilfe: | Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hacklaender_naechte_1910/41>, abgerufen am 28.07.2024. |