Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Hügel auf der Höhe des Uferrandes. Dort sah man Offiziere aller Regimenter, von dort her kamen die Ordonnanzen, welche Befehle an das Ufer brachten, und dorthin gingen die Meldungen von den Offizieren des Genie-Corps drunten, sowie von den Commandeuren der nachrückenden Truppen. Die Offiziere auf dem Hügel, meistens beritten, umgaben in einem großen Halbkreis einen kleinen Mann in der grauen Feldmarschalls-Uniform, welcher den rechten Arm in die Seite gestemmt hatte, während die Linke Säbel und Federhut hielt. Der kleine Mann, der vom Pferde abgestiegen war, blickte mit herzlichem, freundlichem Auge auf das Gewühl am Ufer und auf der Brücke, bald einem Offizier einige Worte sagend, bald mit der Hand den Soldaten winkend, die jeden Blick des klaren, treuen Auges mit lautem Hurrah, Evviva und Elie begrüßten. Der kleine Mann aber mit dem schneeweißen Haar und dem lieben Blick war Vater Radetzky, der die Piemontesen von Position zu Position verjagt und jetzt in die Ebene der Lombardei zurückkam, gewaltig und strafend, und bei dessen Annäherung Mailand zitterte, daß es ihn in einer fürchterlichen Nacht dieses Jahres schwach gesehen. Die Offiziere in der Suite des Feldmarschalls gruppierten sich auf verschiedene Art; einige blickten mit Fernröhren über den Fluß hinüber, andere lehnten an ihren Pferden und unterhielten sich von den vergangenen Tagen und dem Willkommen, das man ihnen in Mailand bereiten werde. Hügel auf der Höhe des Uferrandes. Dort sah man Offiziere aller Regimenter, von dort her kamen die Ordonnanzen, welche Befehle an das Ufer brachten, und dorthin gingen die Meldungen von den Offizieren des Genie-Corps drunten, sowie von den Commandeuren der nachrückenden Truppen. Die Offiziere auf dem Hügel, meistens beritten, umgaben in einem großen Halbkreis einen kleinen Mann in der grauen Feldmarschalls-Uniform, welcher den rechten Arm in die Seite gestemmt hatte, während die Linke Säbel und Federhut hielt. Der kleine Mann, der vom Pferde abgestiegen war, blickte mit herzlichem, freundlichem Auge auf das Gewühl am Ufer und auf der Brücke, bald einem Offizier einige Worte sagend, bald mit der Hand den Soldaten winkend, die jeden Blick des klaren, treuen Auges mit lautem Hurrah, Evviva und Elie begrüßten. Der kleine Mann aber mit dem schneeweißen Haar und dem lieben Blick war Vater Radetzky, der die Piemontesen von Position zu Position verjagt und jetzt in die Ebene der Lombardei zurückkam, gewaltig und strafend, und bei dessen Annäherung Mailand zitterte, daß es ihn in einer fürchterlichen Nacht dieses Jahres schwach gesehen. Die Offiziere in der Suite des Feldmarschalls gruppierten sich auf verschiedene Art; einige blickten mit Fernröhren über den Fluß hinüber, andere lehnten an ihren Pferden und unterhielten sich von den vergangenen Tagen und dem Willkommen, das man ihnen in Mailand bereiten werde. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0035"/> Hügel auf der Höhe des Uferrandes. Dort sah man Offiziere aller Regimenter, von dort her kamen die Ordonnanzen, welche Befehle an das Ufer brachten, und dorthin gingen die Meldungen von den Offizieren des Genie-Corps drunten, sowie von den Commandeuren der nachrückenden Truppen. Die Offiziere auf dem Hügel, meistens beritten, umgaben in einem großen Halbkreis einen kleinen Mann in der grauen Feldmarschalls-Uniform, welcher den rechten Arm in die Seite gestemmt hatte, während die Linke Säbel und Federhut hielt. Der kleine Mann, der vom Pferde abgestiegen war, blickte mit herzlichem, freundlichem Auge auf das Gewühl am Ufer und auf der Brücke, bald einem Offizier einige Worte sagend, bald mit der Hand den Soldaten winkend, die jeden Blick des klaren, treuen Auges mit lautem Hurrah, Evviva und Elie begrüßten. Der kleine Mann aber mit dem schneeweißen Haar und dem lieben Blick war Vater Radetzky, der die Piemontesen von Position zu Position verjagt und jetzt in die Ebene der Lombardei zurückkam, gewaltig und strafend, und bei dessen Annäherung Mailand zitterte, daß es ihn in einer fürchterlichen Nacht dieses Jahres schwach gesehen.</p><lb/> <p>Die Offiziere in der Suite des Feldmarschalls gruppierten sich auf verschiedene Art; einige blickten mit Fernröhren über den Fluß hinüber, andere lehnten an ihren Pferden und unterhielten sich von den vergangenen Tagen und dem Willkommen, das man ihnen in Mailand bereiten werde.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0035]
Hügel auf der Höhe des Uferrandes. Dort sah man Offiziere aller Regimenter, von dort her kamen die Ordonnanzen, welche Befehle an das Ufer brachten, und dorthin gingen die Meldungen von den Offizieren des Genie-Corps drunten, sowie von den Commandeuren der nachrückenden Truppen. Die Offiziere auf dem Hügel, meistens beritten, umgaben in einem großen Halbkreis einen kleinen Mann in der grauen Feldmarschalls-Uniform, welcher den rechten Arm in die Seite gestemmt hatte, während die Linke Säbel und Federhut hielt. Der kleine Mann, der vom Pferde abgestiegen war, blickte mit herzlichem, freundlichem Auge auf das Gewühl am Ufer und auf der Brücke, bald einem Offizier einige Worte sagend, bald mit der Hand den Soldaten winkend, die jeden Blick des klaren, treuen Auges mit lautem Hurrah, Evviva und Elie begrüßten. Der kleine Mann aber mit dem schneeweißen Haar und dem lieben Blick war Vater Radetzky, der die Piemontesen von Position zu Position verjagt und jetzt in die Ebene der Lombardei zurückkam, gewaltig und strafend, und bei dessen Annäherung Mailand zitterte, daß es ihn in einer fürchterlichen Nacht dieses Jahres schwach gesehen.
Die Offiziere in der Suite des Feldmarschalls gruppierten sich auf verschiedene Art; einige blickten mit Fernröhren über den Fluß hinüber, andere lehnten an ihren Pferden und unterhielten sich von den vergangenen Tagen und dem Willkommen, das man ihnen in Mailand bereiten werde.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/hacklaender_naechte_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/hacklaender_naechte_1910/35 |
Zitationshilfe: | Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hacklaender_naechte_1910/35>, abgerufen am 16.07.2024. |