Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.versuchte es jeden Augenblick, mit dem Husaren auf dem Bock eine Konversation anzuknüpfen, doch war dieser ein Ungar, der italienischen Sprache kaum mächtig genug, um einige wenige Lebensbedürfnisse zu verlangen, oder um den Postillion unter Verheißung eines bonne mane zum schnelleren Fahren anzutreiben, was er denn auch nicht unterließ. Equipagen waren sie bisher keiner auf der Straße begegnet, aber häufig an langen Zügen leerer Wagen mit Maulthieren bespannt, die von Mailand zurückkamen, vorbeigeeilt, sie weit hinter sich lassend. Die Eigenthümer lagen faul auf die leeren Säcke gestreckt, wahrscheinlich den heutigen Gewinnst berechnend, und erhoben kaum den Kopf, um der vorüberrasselnden Equipage nachzusehen. Die Maulthiere, zu drei und vier vor einander gespannt, waren nun schon neugieriger und bogen mit ihrem klingenden Geschirr häufig von der Mitte des Weges auf die Postpferde ein, um sie schnüffelnd zu begrüßen, welche Freundschaftsbezeugung aber meistens durch einen Peitschenhieb des Postillions erwidert wurde, worauf die Maulthiere ihren Kopf plötzlich zur Seite wandten, die Glocken an denselben stärker klingelten und der Karren einen gelinden Stoß erlitt, der Fuhrmann fluchte, und der Postillion sich umsehend lachte. Avu'! avanti! schrie der Husar auf dem Bocke, und weiter und weiter rollte der Wagen. Die Bäume an den Wegen schienen vorbei zu fliegen, einzelne Häuser sah versuchte es jeden Augenblick, mit dem Husaren auf dem Bock eine Konversation anzuknüpfen, doch war dieser ein Ungar, der italienischen Sprache kaum mächtig genug, um einige wenige Lebensbedürfnisse zu verlangen, oder um den Postillion unter Verheißung eines bonne mane zum schnelleren Fahren anzutreiben, was er denn auch nicht unterließ. Equipagen waren sie bisher keiner auf der Straße begegnet, aber häufig an langen Zügen leerer Wagen mit Maulthieren bespannt, die von Mailand zurückkamen, vorbeigeeilt, sie weit hinter sich lassend. Die Eigenthümer lagen faul auf die leeren Säcke gestreckt, wahrscheinlich den heutigen Gewinnst berechnend, und erhoben kaum den Kopf, um der vorüberrasselnden Equipage nachzusehen. Die Maulthiere, zu drei und vier vor einander gespannt, waren nun schon neugieriger und bogen mit ihrem klingenden Geschirr häufig von der Mitte des Weges auf die Postpferde ein, um sie schnüffelnd zu begrüßen, welche Freundschaftsbezeugung aber meistens durch einen Peitschenhieb des Postillions erwidert wurde, worauf die Maulthiere ihren Kopf plötzlich zur Seite wandten, die Glocken an denselben stärker klingelten und der Karren einen gelinden Stoß erlitt, der Fuhrmann fluchte, und der Postillion sich umsehend lachte. Avu'! avanti! schrie der Husar auf dem Bocke, und weiter und weiter rollte der Wagen. Die Bäume an den Wegen schienen vorbei zu fliegen, einzelne Häuser sah <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0015"/> versuchte es jeden Augenblick, mit dem Husaren auf dem Bock eine Konversation anzuknüpfen, doch war dieser ein Ungar, der italienischen Sprache kaum mächtig genug, um einige wenige Lebensbedürfnisse zu verlangen, oder um den Postillion unter Verheißung eines bonne mane zum schnelleren Fahren anzutreiben, was er denn auch nicht unterließ.</p><lb/> <p>Equipagen waren sie bisher keiner auf der Straße begegnet, aber häufig an langen Zügen leerer Wagen mit Maulthieren bespannt, die von Mailand zurückkamen, vorbeigeeilt, sie weit hinter sich lassend. Die Eigenthümer lagen faul auf die leeren Säcke gestreckt, wahrscheinlich den heutigen Gewinnst berechnend, und erhoben kaum den Kopf, um der vorüberrasselnden Equipage nachzusehen. Die Maulthiere, zu drei und vier vor einander gespannt, waren nun schon neugieriger und bogen mit ihrem klingenden Geschirr häufig von der Mitte des Weges auf die Postpferde ein, um sie schnüffelnd zu begrüßen, welche Freundschaftsbezeugung aber meistens durch einen Peitschenhieb des Postillions erwidert wurde, worauf die Maulthiere ihren Kopf plötzlich zur Seite wandten, die Glocken an denselben stärker klingelten und der Karren einen gelinden Stoß erlitt, der Fuhrmann fluchte, und der Postillion sich umsehend lachte.</p><lb/> <p>Avu'! avanti! schrie der Husar auf dem Bocke, und weiter und weiter rollte der Wagen. Die Bäume an den Wegen schienen vorbei zu fliegen, einzelne Häuser sah<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0015]
versuchte es jeden Augenblick, mit dem Husaren auf dem Bock eine Konversation anzuknüpfen, doch war dieser ein Ungar, der italienischen Sprache kaum mächtig genug, um einige wenige Lebensbedürfnisse zu verlangen, oder um den Postillion unter Verheißung eines bonne mane zum schnelleren Fahren anzutreiben, was er denn auch nicht unterließ.
Equipagen waren sie bisher keiner auf der Straße begegnet, aber häufig an langen Zügen leerer Wagen mit Maulthieren bespannt, die von Mailand zurückkamen, vorbeigeeilt, sie weit hinter sich lassend. Die Eigenthümer lagen faul auf die leeren Säcke gestreckt, wahrscheinlich den heutigen Gewinnst berechnend, und erhoben kaum den Kopf, um der vorüberrasselnden Equipage nachzusehen. Die Maulthiere, zu drei und vier vor einander gespannt, waren nun schon neugieriger und bogen mit ihrem klingenden Geschirr häufig von der Mitte des Weges auf die Postpferde ein, um sie schnüffelnd zu begrüßen, welche Freundschaftsbezeugung aber meistens durch einen Peitschenhieb des Postillions erwidert wurde, worauf die Maulthiere ihren Kopf plötzlich zur Seite wandten, die Glocken an denselben stärker klingelten und der Karren einen gelinden Stoß erlitt, der Fuhrmann fluchte, und der Postillion sich umsehend lachte.
Avu'! avanti! schrie der Husar auf dem Bocke, und weiter und weiter rollte der Wagen. Die Bäume an den Wegen schienen vorbei zu fliegen, einzelne Häuser sah
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Zitationshilfe: | Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hacklaender_naechte_1910/15>, abgerufen am 16.07.2024. |