Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite
Sitte und Sitten.

Außer den vielen Vorwürfen, welche man der Schlußerzählung des vorigen Bandes machen kann, wäre auch dieser nicht unbegründet, daß dem Autor die Absicht, ein Bild von den Sitten unserer Zeit zu geben, in der Hauptsache mißlungen sey. Denn in der That hat es zu allen Zeiten zwei solche Gegensätze der Bildung gegeben, wie die beiden Schwestern Rebekka und Bab sie vorstellen; ja die Koketterie, die Lust nach Abenteuern, die Modesucht, die Medisance in der Gesellschaft, die phantastische Art der Erziehung ist so wenig etwas unserer Zeit ausschließlich Eigenthümliches, daß vielmehr das vorige Jahrhundert, wenn auch in andern Formen und Gewändern, das Unsrige darin weit übertroffen hat. Rebekka's Epistel schildert nur im Allgemeinen den Gegensatz der Sitten. Es laufen dabei einige Thorheiten, die gerade in unsren Tagen mit auftauchten, mit unter, und wir haben noch die große und schwierige Aufgabe im Ganzen ungelöst

Sitte und Sitten.

Außer den vielen Vorwürfen, welche man der Schlußerzählung des vorigen Bandes machen kann, wäre auch dieser nicht unbegründet, daß dem Autor die Absicht, ein Bild von den Sitten unserer Zeit zu geben, in der Hauptsache mißlungen sey. Denn in der That hat es zu allen Zeiten zwei solche Gegensätze der Bildung gegeben, wie die beiden Schwestern Rebekka und Bab sie vorstellen; ja die Koketterie, die Lust nach Abenteuern, die Modesucht, die Medisance in der Gesellschaft, die phantastische Art der Erziehung ist so wenig etwas unserer Zeit ausschließlich Eigenthümliches, daß vielmehr das vorige Jahrhundert, wenn auch in andern Formen und Gewändern, das Unsrige darin weit übertroffen hat. Rebekka’s Epistel schildert nur im Allgemeinen den Gegensatz der Sitten. Es laufen dabei einige Thorheiten, die gerade in unsren Tagen mit auftauchten, mit unter, und wir haben noch die große und schwierige Aufgabe im Ganzen ungelöst

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0007" n="5"/>
        <head> <hi rendition="#b">Sitte und Sitten.</hi> </head><lb/>
        <p>Außer den vielen Vorwürfen, welche man der Schlußerzählung des vorigen Bandes machen kann, wäre auch dieser nicht unbegründet, daß dem Autor die Absicht, ein Bild von den Sitten unserer Zeit zu geben, in der Hauptsache mißlungen sey. Denn in der That hat es zu allen Zeiten zwei solche Gegensätze der Bildung gegeben, wie die beiden Schwestern <hi rendition="#g">Rebekka</hi> und <hi rendition="#g">Bab</hi> sie vorstellen; ja die Koketterie, die Lust nach Abenteuern, die Modesucht, die Medisance in der Gesellschaft, die phantastische Art der Erziehung ist so wenig etwas unserer Zeit ausschließlich Eigenthümliches, daß vielmehr das vorige Jahrhundert, wenn auch in andern Formen und Gewändern, das Unsrige darin weit übertroffen hat. <hi rendition="#g">Rebekka&#x2019;s</hi> Epistel schildert nur im Allgemeinen den Gegensatz der Sitten. Es laufen dabei einige Thorheiten, die gerade in unsren Tagen mit auftauchten, mit unter, und wir haben noch die große und schwierige Aufgabe im Ganzen ungelöst
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0007] Sitte und Sitten. Außer den vielen Vorwürfen, welche man der Schlußerzählung des vorigen Bandes machen kann, wäre auch dieser nicht unbegründet, daß dem Autor die Absicht, ein Bild von den Sitten unserer Zeit zu geben, in der Hauptsache mißlungen sey. Denn in der That hat es zu allen Zeiten zwei solche Gegensätze der Bildung gegeben, wie die beiden Schwestern Rebekka und Bab sie vorstellen; ja die Koketterie, die Lust nach Abenteuern, die Modesucht, die Medisance in der Gesellschaft, die phantastische Art der Erziehung ist so wenig etwas unserer Zeit ausschließlich Eigenthümliches, daß vielmehr das vorige Jahrhundert, wenn auch in andern Formen und Gewändern, das Unsrige darin weit übertroffen hat. Rebekka’s Epistel schildert nur im Allgemeinen den Gegensatz der Sitten. Es laufen dabei einige Thorheiten, die gerade in unsren Tagen mit auftauchten, mit unter, und wir haben noch die große und schwierige Aufgabe im Ganzen ungelöst

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-09-13T12:39:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-09-13T12:39:16Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/7
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/7>, abgerufen am 21.11.2024.