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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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schon in sich selber trüge, wo jedes Verbrechen mit der zu liefernden Tugendmasse in Abrechnung gebracht werden müßte. Versteht man das Rauschen dieses neuern Erkenntnißbaumes nicht, so erkennt man ihn an seinen Früchten! Sie sind bitter, streng und herbe. Sie bestehen in außerordentlichen Strafen und besonders in beibehaltenen Todesstrafen. Man will hier gleichsam der Tugend einen um so größern Lohn geben, je mehr man das Laster bestraft. Man fürchtet sich, auf der Liebe zu den Sündern ertappt zu werden. Man will einen gewissen Heroismus des Herzens zeigen und die Naturnothwendigkeit, die allerdings sehr herb ist, wenn man seine moralische Freiheit nicht zu benützen versteht, im Menschlichen ebenso wiedergeben. Diese strenge Philosophie ist von außerordentlichen Geistesgaben unterstüzt worden; allein Gemüth, Empfindung, ächte Humanität hat sie nicht. Laßt euch von ihrem Witze und Scharfsinn nicht einschüchtern, sondern gesteht offen, daß ihr zittert, wenn ihr wißt, daß um diese und diese Stunde ein Mörder hingerichtet wird; schämt euch der Sanftmuth Eures Herzens nicht und folgt selbst in dem Drange, eine Meinung fassen zu müssen, lieber der Eingebung eures Gemüths als der Vorspiegelung einer philosophischen Theorie, in welcher die Caraiben auch nicht bloße Menschenfresser sind, sondern durch gewisse idealische Hokus Pokus in der Wahl ihrer Speisen ordentlich entschuldigt werden.

schon in sich selber trüge, wo jedes Verbrechen mit der zu liefernden Tugendmasse in Abrechnung gebracht werden müßte. Versteht man das Rauschen dieses neuern Erkenntnißbaumes nicht, so erkennt man ihn an seinen Früchten! Sie sind bitter, streng und herbe. Sie bestehen in außerordentlichen Strafen und besonders in beibehaltenen Todesstrafen. Man will hier gleichsam der Tugend einen um so größern Lohn geben, je mehr man das Laster bestraft. Man fürchtet sich, auf der Liebe zu den Sündern ertappt zu werden. Man will einen gewissen Heroismus des Herzens zeigen und die Naturnothwendigkeit, die allerdings sehr herb ist, wenn man seine moralische Freiheit nicht zu benützen versteht, im Menschlichen ebenso wiedergeben. Diese strenge Philosophie ist von außerordentlichen Geistesgaben unterstüzt worden; allein Gemüth, Empfindung, ächte Humanität hat sie nicht. Laßt euch von ihrem Witze und Scharfsinn nicht einschüchtern, sondern gesteht offen, daß ihr zittert, wenn ihr wißt, daß um diese und diese Stunde ein Mörder hingerichtet wird; schämt euch der Sanftmuth Eures Herzens nicht und folgt selbst in dem Drange, eine Meinung fassen zu müssen, lieber der Eingebung eures Gemüths als der Vorspiegelung einer philosophischen Theorie, in welcher die Caraiben auch nicht bloße Menschenfresser sind, sondern durch gewisse idealische Hokus Pokus in der Wahl ihrer Speisen ordentlich entschuldigt werden.

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[64/0066] schon in sich selber trüge, wo jedes Verbrechen mit der zu liefernden Tugendmasse in Abrechnung gebracht werden müßte. Versteht man das Rauschen dieses neuern Erkenntnißbaumes nicht, so erkennt man ihn an seinen Früchten! Sie sind bitter, streng und herbe. Sie bestehen in außerordentlichen Strafen und besonders in beibehaltenen Todesstrafen. Man will hier gleichsam der Tugend einen um so größern Lohn geben, je mehr man das Laster bestraft. Man fürchtet sich, auf der Liebe zu den Sündern ertappt zu werden. Man will einen gewissen Heroismus des Herzens zeigen und die Naturnothwendigkeit, die allerdings sehr herb ist, wenn man seine moralische Freiheit nicht zu benützen versteht, im Menschlichen ebenso wiedergeben. Diese strenge Philosophie ist von außerordentlichen Geistesgaben unterstüzt worden; allein Gemüth, Empfindung, ächte Humanität hat sie nicht. Laßt euch von ihrem Witze und Scharfsinn nicht einschüchtern, sondern gesteht offen, daß ihr zittert, wenn ihr wißt, daß um diese und diese Stunde ein Mörder hingerichtet wird; schämt euch der Sanftmuth Eures Herzens nicht und folgt selbst in dem Drange, eine Meinung fassen zu müssen, lieber der Eingebung eures Gemüths als der Vorspiegelung einer philosophischen Theorie, in welcher die Caraiben auch nicht bloße Menschenfresser sind, sondern durch gewisse idealische Hokus Pokus in der Wahl ihrer Speisen ordentlich entschuldigt werden.

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/66>, abgerufen am 24.11.2024.