Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.vertrocknen. Das alles wird die Pforte eines Ereignisses seyn, welches den Völkern beweist, daß die Fürsten nimmermehr eine Reaktion ins Unendliche wagen dürfen, und den Fürsten, daß die Völker unter politischer Freiheit nur jene malerische, sonnige Beleuchtung verstehen, bei welcher sie ihre irdischen Güter, Friede und Glückseligkeit ernten wollen. Jch bin fest überzeugt, daß unsre Zukunft nicht mehr mit so viel Historienlärm betäubt seyn wird, als es der Wendepunkt des vorigen und des laufenden Jahrhunderts war; der vorhin von mir bezeichnete Moment geht vielleicht ohne alles Waffengeräusch vorüber. Versteht z. B. der Herzog von Orleans seine Mission, so gibt er selbst seine Hand her, um eine Geburt, die die Zeit in zehn oder zwanzig Jahren noch dürfte zu bestehen haben, in aller Kürze mit entsagender und hochherziger Gesinnung zu erleichtern. Versteht er sie nicht, so haben die Jnteressen, an welche sich die Menschen der Jeztwelt einmal bis aufs äußerste anklammern, eine so starke Mauer gegen die anschwellende Fluth einer Volksbewegung gezogen, daß eine allgemeine Ueberschwemmung der schönen Resultate, die wir durch eine langjährige Erfahrung gewonnen haben, nicht mehr zu befürchten steht. Nein, wir wollen unsrer Zeit tiefer auf den Grund gehen; wir wollen uns darüber Geständnisse machen, was wir verloren haben, was wir besitzen und was wir uns noch zu erwerben haben. vertrocknen. Das alles wird die Pforte eines Ereignisses seyn, welches den Völkern beweist, daß die Fürsten nimmermehr eine Reaktion ins Unendliche wagen dürfen, und den Fürsten, daß die Völker unter politischer Freiheit nur jene malerische, sonnige Beleuchtung verstehen, bei welcher sie ihre irdischen Güter, Friede und Glückseligkeit ernten wollen. Jch bin fest überzeugt, daß unsre Zukunft nicht mehr mit so viel Historienlärm betäubt seyn wird, als es der Wendepunkt des vorigen und des laufenden Jahrhunderts war; der vorhin von mir bezeichnete Moment geht vielleicht ohne alles Waffengeräusch vorüber. Versteht z. B. der Herzog von Orleans seine Mission, so gibt er selbst seine Hand her, um eine Geburt, die die Zeit in zehn oder zwanzig Jahren noch dürfte zu bestehen haben, in aller Kürze mit entsagender und hochherziger Gesinnung zu erleichtern. Versteht er sie nicht, so haben die Jnteressen, an welche sich die Menschen der Jeztwelt einmal bis aufs äußerste anklammern, eine so starke Mauer gegen die anschwellende Fluth einer Volksbewegung gezogen, daß eine allgemeine Ueberschwemmung der schönen Resultate, die wir durch eine langjährige Erfahrung gewonnen haben, nicht mehr zu befürchten steht. Nein, wir wollen unsrer Zeit tiefer auf den Grund gehen; wir wollen uns darüber Geständnisse machen, was wir verloren haben, was wir besitzen und was wir uns noch zu erwerben haben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0432" n="430"/> vertrocknen. Das alles wird die Pforte eines Ereignisses seyn, welches den <hi rendition="#g">Völkern</hi> beweist, daß die Fürsten nimmermehr eine Reaktion ins Unendliche wagen dürfen, und den <hi rendition="#g">Fürsten</hi>, daß die Völker unter politischer Freiheit nur jene malerische, sonnige Beleuchtung verstehen, bei welcher sie ihre irdischen Güter, Friede und Glückseligkeit ernten wollen.</p> <p>Jch bin fest überzeugt, daß unsre Zukunft nicht mehr mit so viel Historienlärm betäubt seyn wird, als es der Wendepunkt des vorigen und des laufenden Jahrhunderts war; der vorhin von mir bezeichnete Moment geht vielleicht ohne alles Waffengeräusch vorüber. Versteht z. B. der Herzog von <hi rendition="#g">Orleans</hi> seine Mission, so gibt er selbst seine Hand her, um eine Geburt, die die Zeit in zehn oder zwanzig Jahren noch dürfte zu bestehen haben, in aller Kürze mit entsagender und hochherziger Gesinnung zu erleichtern. Versteht er sie nicht, so haben die Jnteressen, an welche sich die Menschen der Jeztwelt einmal bis aufs äußerste anklammern, eine so starke Mauer gegen die anschwellende Fluth einer Volksbewegung gezogen, daß eine allgemeine Ueberschwemmung der schönen Resultate, die wir durch eine langjährige Erfahrung gewonnen haben, nicht mehr zu befürchten steht. Nein, wir wollen unsrer Zeit tiefer auf den Grund gehen; wir wollen uns darüber Geständnisse machen, was wir verloren haben, was wir besitzen und was wir uns noch zu erwerben haben.</p> </div> </body> </text> </TEI> [430/0432]
vertrocknen. Das alles wird die Pforte eines Ereignisses seyn, welches den Völkern beweist, daß die Fürsten nimmermehr eine Reaktion ins Unendliche wagen dürfen, und den Fürsten, daß die Völker unter politischer Freiheit nur jene malerische, sonnige Beleuchtung verstehen, bei welcher sie ihre irdischen Güter, Friede und Glückseligkeit ernten wollen.
Jch bin fest überzeugt, daß unsre Zukunft nicht mehr mit so viel Historienlärm betäubt seyn wird, als es der Wendepunkt des vorigen und des laufenden Jahrhunderts war; der vorhin von mir bezeichnete Moment geht vielleicht ohne alles Waffengeräusch vorüber. Versteht z. B. der Herzog von Orleans seine Mission, so gibt er selbst seine Hand her, um eine Geburt, die die Zeit in zehn oder zwanzig Jahren noch dürfte zu bestehen haben, in aller Kürze mit entsagender und hochherziger Gesinnung zu erleichtern. Versteht er sie nicht, so haben die Jnteressen, an welche sich die Menschen der Jeztwelt einmal bis aufs äußerste anklammern, eine so starke Mauer gegen die anschwellende Fluth einer Volksbewegung gezogen, daß eine allgemeine Ueberschwemmung der schönen Resultate, die wir durch eine langjährige Erfahrung gewonnen haben, nicht mehr zu befürchten steht. Nein, wir wollen unsrer Zeit tiefer auf den Grund gehen; wir wollen uns darüber Geständnisse machen, was wir verloren haben, was wir besitzen und was wir uns noch zu erwerben haben.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/432>, abgerufen am 16.02.2025. |