Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.auch die Regenten nichts eifriger zu thun, als sich dieses Beistandes der Betriebsamen gegen die immer mehr und mehr abnehmende Jdeologie zu versichern. Alle nur möglichen Erleichterungen des Gewerblichen und Handelverkehrs liegen im Schooße des Jahrhunderts. Erfindungen, die eine neue Methode in Anwendung bringen, werden mit Jubel begrüßt. Die Gelehrsamkeit, welche diesem Drange nach Neuem entgegenkömmt, wird als die Modewissenschaft des Tages von allen Händen getragen. Die Beschleunigung der Wege, der Sieg über das Meer, Brücken, die über die Flüsse geschlagen, Häfen, Waarenhallen, Schiffe, die gebaut werden, dürften im nächsten Leben unserer Zeitgenossen wichtige historische Momente werden. Ein Handelstraktat wird mehr Epoche machen, als eine politische Allianz. Weiter möcht' ich in die Zukunft, die vor unsern Augen liegt, mich nicht verlieren. Auch will ich nichts von dem, was einmal charakteristisch für unsere Zeit werden will, vom gemüthlichen, poetischen oder philosophischen Standpunkte einer Kritik unterwerfen. Möge nur dies eintreten, daß man einst von unsern Zeitgenossen noch Folgendes sagen kann: Jhr Leben war mühselig, aber ihr Tod nicht ohne Hoffnung. Sie hatten eine verworrene Erbschaft zu theilen, mehr Schulden als Gewinn; aber sie betrachteten sich wie Brüder und gaben Jedem so viel, als seine Schultern zu tragen vermochten. Sie hin- auch die Regenten nichts eifriger zu thun, als sich dieses Beistandes der Betriebsamen gegen die immer mehr und mehr abnehmende Jdeologie zu versichern. Alle nur möglichen Erleichterungen des Gewerblichen und Handelverkehrs liegen im Schooße des Jahrhunderts. Erfindungen, die eine neue Methode in Anwendung bringen, werden mit Jubel begrüßt. Die Gelehrsamkeit, welche diesem Drange nach Neuem entgegenkömmt, wird als die Modewissenschaft des Tages von allen Händen getragen. Die Beschleunigung der Wege, der Sieg über das Meer, Brücken, die über die Flüsse geschlagen, Häfen, Waarenhallen, Schiffe, die gebaut werden, dürften im nächsten Leben unserer Zeitgenossen wichtige historische Momente werden. Ein Handelstraktat wird mehr Epoche machen, als eine politische Allianz. Weiter möcht’ ich in die Zukunft, die vor unsern Augen liegt, mich nicht verlieren. Auch will ich nichts von dem, was einmal charakteristisch für unsere Zeit werden will, vom gemüthlichen, poetischen oder philosophischen Standpunkte einer Kritik unterwerfen. Möge nur dies eintreten, daß man einst von unsern Zeitgenossen noch Folgendes sagen kann: Jhr Leben war mühselig, aber ihr Tod nicht ohne Hoffnung. Sie hatten eine verworrene Erbschaft zu theilen, mehr Schulden als Gewinn; aber sie betrachteten sich wie Brüder und gaben Jedem so viel, als seine Schultern zu tragen vermochten. Sie hin- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0382" n="380"/> auch die Regenten nichts eifriger zu thun, als sich dieses Beistandes der Betriebsamen gegen die immer mehr und mehr abnehmende Jdeologie zu versichern. Alle nur möglichen Erleichterungen des Gewerblichen und Handelverkehrs liegen im Schooße des Jahrhunderts. Erfindungen, die eine neue Methode in Anwendung bringen, werden mit Jubel begrüßt. Die Gelehrsamkeit, welche diesem Drange nach Neuem entgegenkömmt, wird als die Modewissenschaft des Tages von allen Händen getragen. Die Beschleunigung der Wege, der Sieg über das Meer, Brücken, die über die Flüsse geschlagen, Häfen, Waarenhallen, Schiffe, die gebaut werden, dürften im nächsten Leben unserer Zeitgenossen wichtige historische Momente werden. Ein Handelstraktat wird mehr Epoche machen, als eine politische Allianz.</p> <p>Weiter möcht’ ich in die Zukunft, die vor unsern Augen liegt, mich nicht verlieren. Auch will ich nichts von dem, was einmal charakteristisch für unsere Zeit werden will, vom gemüthlichen, poetischen oder philosophischen Standpunkte einer Kritik unterwerfen. Möge nur dies eintreten, daß man einst von unsern Zeitgenossen noch Folgendes sagen kann: </p> <p>Jhr Leben war mühselig, aber ihr Tod nicht ohne Hoffnung. Sie hatten eine verworrene Erbschaft zu theilen, mehr Schulden als Gewinn; aber sie betrachteten sich wie Brüder und gaben Jedem so viel, als seine Schultern zu tragen vermochten. Sie hin- </p> </div> </body> </text> </TEI> [380/0382]
auch die Regenten nichts eifriger zu thun, als sich dieses Beistandes der Betriebsamen gegen die immer mehr und mehr abnehmende Jdeologie zu versichern. Alle nur möglichen Erleichterungen des Gewerblichen und Handelverkehrs liegen im Schooße des Jahrhunderts. Erfindungen, die eine neue Methode in Anwendung bringen, werden mit Jubel begrüßt. Die Gelehrsamkeit, welche diesem Drange nach Neuem entgegenkömmt, wird als die Modewissenschaft des Tages von allen Händen getragen. Die Beschleunigung der Wege, der Sieg über das Meer, Brücken, die über die Flüsse geschlagen, Häfen, Waarenhallen, Schiffe, die gebaut werden, dürften im nächsten Leben unserer Zeitgenossen wichtige historische Momente werden. Ein Handelstraktat wird mehr Epoche machen, als eine politische Allianz.
Weiter möcht’ ich in die Zukunft, die vor unsern Augen liegt, mich nicht verlieren. Auch will ich nichts von dem, was einmal charakteristisch für unsere Zeit werden will, vom gemüthlichen, poetischen oder philosophischen Standpunkte einer Kritik unterwerfen. Möge nur dies eintreten, daß man einst von unsern Zeitgenossen noch Folgendes sagen kann:
Jhr Leben war mühselig, aber ihr Tod nicht ohne Hoffnung. Sie hatten eine verworrene Erbschaft zu theilen, mehr Schulden als Gewinn; aber sie betrachteten sich wie Brüder und gaben Jedem so viel, als seine Schultern zu tragen vermochten. Sie hin-
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/382>, abgerufen am 16.02.2025. |