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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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weit klüger und verständiger gewesen seyn sollen, als jezt noch der Elephant. Und der Elephant war doch nur ein Kolibri der Urwelt.

Eine hier einschlagende Wissenschaft, welche den ganzen Verlauf des Ganges zwischen Empirie und Spekulation durchgemacht hat, ist die Medizin. Man braucht nur auf den Zustand zu sehen, in welchem sich diese Wissenschaften befinden und wird sich bald von der Feindseligkeit der Prinzipien überzeugt haben, die sich auf diesem Gebiete wechselseitig bestritten. Jedes neue philosophische System hat auch auf die Medizin reagirt. Galt es eine Heilung der kranken Geister, so konnte man gewiß seyn, daß auch immer eine Methode zur Heilung der kranken Leiber folgen würde. Was ist Krankheit? Sie muß ihre Ursachen haben, sie muß etwas Anomales seyn, da der Tod in seiner Normalgestalt nur die Entkräftung ist. Jst die Verdauung gehindert; sind die Nerven belegt; ist das Blut entzündet? Da hat man die Hauptfragen, welche die verschiedenen Systeme der Medizin an den leidenden Körper richten. Der eine wählt Mittel zum Deprimiren, der andere zum Steigern. Der eine sagt: Krankheit ist ein Ueberfluß und entzieht; der andere: Krankheit ist ein Mangel auf dieser Seite und steigert und potenzirt auf der andern. Ja es gibt sogar Aerzte, welche die physischen Krankheiten moralisch heilen wollen und statt Abführungen und Brechmittel Gebete und Bußübungen

weit klüger und verständiger gewesen seyn sollen, als jezt noch der Elephant. Und der Elephant war doch nur ein Kolibri der Urwelt.

Eine hier einschlagende Wissenschaft, welche den ganzen Verlauf des Ganges zwischen Empirie und Spekulation durchgemacht hat, ist die Medizin. Man braucht nur auf den Zustand zu sehen, in welchem sich diese Wissenschaften befinden und wird sich bald von der Feindseligkeit der Prinzipien überzeugt haben, die sich auf diesem Gebiete wechselseitig bestritten. Jedes neue philosophische System hat auch auf die Medizin reagirt. Galt es eine Heilung der kranken Geister, so konnte man gewiß seyn, daß auch immer eine Methode zur Heilung der kranken Leiber folgen würde. Was ist Krankheit? Sie muß ihre Ursachen haben, sie muß etwas Anomales seyn, da der Tod in seiner Normalgestalt nur die Entkräftung ist. Jst die Verdauung gehindert; sind die Nerven belegt; ist das Blut entzündet? Da hat man die Hauptfragen, welche die verschiedenen Systeme der Medizin an den leidenden Körper richten. Der eine wählt Mittel zum Deprimiren, der andere zum Steigern. Der eine sagt: Krankheit ist ein Ueberfluß und entzieht; der andere: Krankheit ist ein Mangel auf dieser Seite und steigert und potenzirt auf der andern. Ja es gibt sogar Aerzte, welche die physischen Krankheiten moralisch heilen wollen und statt Abführungen und Brechmittel Gebete und Bußübungen

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[331/0333] weit klüger und verständiger gewesen seyn sollen, als jezt noch der Elephant. Und der Elephant war doch nur ein Kolibri der Urwelt. Eine hier einschlagende Wissenschaft, welche den ganzen Verlauf des Ganges zwischen Empirie und Spekulation durchgemacht hat, ist die Medizin. Man braucht nur auf den Zustand zu sehen, in welchem sich diese Wissenschaften befinden und wird sich bald von der Feindseligkeit der Prinzipien überzeugt haben, die sich auf diesem Gebiete wechselseitig bestritten. Jedes neue philosophische System hat auch auf die Medizin reagirt. Galt es eine Heilung der kranken Geister, so konnte man gewiß seyn, daß auch immer eine Methode zur Heilung der kranken Leiber folgen würde. Was ist Krankheit? Sie muß ihre Ursachen haben, sie muß etwas Anomales seyn, da der Tod in seiner Normalgestalt nur die Entkräftung ist. Jst die Verdauung gehindert; sind die Nerven belegt; ist das Blut entzündet? Da hat man die Hauptfragen, welche die verschiedenen Systeme der Medizin an den leidenden Körper richten. Der eine wählt Mittel zum Deprimiren, der andere zum Steigern. Der eine sagt: Krankheit ist ein Ueberfluß und entzieht; der andere: Krankheit ist ein Mangel auf dieser Seite und steigert und potenzirt auf der andern. Ja es gibt sogar Aerzte, welche die physischen Krankheiten moralisch heilen wollen und statt Abführungen und Brechmittel Gebete und Bußübungen

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/333>, abgerufen am 22.11.2024.