Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Wird er nicht, da die ganze Form und Abfassung einer solchen Schrift negativ gehalten ist, in einem Staate, wo die Zensur das einzige blühende Jnstitut ist und Handel und Gewerbe im Gedeihen übertrifft, sie mit einem einzigen Strich verwerfen. Weil es uns gerade jezt in den Literaturen an den hervorragenden Persönlichkeiten gebricht und das Originelle an die Masse hingegeben ist; weil wir in allen Gebieten mehr objektive und solche Gährungen haben, welche den Prinzipien gelten und an welchen alle Theil nehmen; weil wir mit einem Worte uns in Sachen der Kunst und Literatur in einem Uebergangsstadium befinden; so hat gerade in dieser Rücksicht die Zensur ein Amt zu verwalten, wo Ungerechtigkeiten und Unbesonnenheiten im Nu verübt sind. Durch die Unterdrückung an der einen Stelle bricht der Uebermuth an der andern hervor, und weil die Zensur nur mechanisch gehandhabt werden kann, so zeigen sich in ihr Breschen genug, durch welche die immer lauernde und wühlende Belagerungsarmee der Literatur sich, den Moment rasch benutzend, Bahn bricht. Der Staat verlangt von den Schriftstellern, daß sie sich nur in dem unmittelbaren Jnteresse des Staates fühlen und begreifen sollen. Welch eine Zumuthung in einer Zeit, wo sich die Regierungen doch gestehen müssen, daß eine gewaltsame Unterdrückung der Opposition unmöglich ist und die Lösung der Widersprüche erst möglich werden kann, wenn sich die Regierung Wird er nicht, da die ganze Form und Abfassung einer solchen Schrift negativ gehalten ist, in einem Staate, wo die Zensur das einzige blühende Jnstitut ist und Handel und Gewerbe im Gedeihen übertrifft, sie mit einem einzigen Strich verwerfen. Weil es uns gerade jezt in den Literaturen an den hervorragenden Persönlichkeiten gebricht und das Originelle an die Masse hingegeben ist; weil wir in allen Gebieten mehr objektive und solche Gährungen haben, welche den Prinzipien gelten und an welchen alle Theil nehmen; weil wir mit einem Worte uns in Sachen der Kunst und Literatur in einem Uebergangsstadium befinden; so hat gerade in dieser Rücksicht die Zensur ein Amt zu verwalten, wo Ungerechtigkeiten und Unbesonnenheiten im Nu verübt sind. Durch die Unterdrückung an der einen Stelle bricht der Uebermuth an der andern hervor, und weil die Zensur nur mechanisch gehandhabt werden kann, so zeigen sich in ihr Breschen genug, durch welche die immer lauernde und wühlende Belagerungsarmee der Literatur sich, den Moment rasch benutzend, Bahn bricht. Der Staat verlangt von den Schriftstellern, daß sie sich nur in dem unmittelbaren Jnteresse des Staates fühlen und begreifen sollen. Welch eine Zumuthung in einer Zeit, wo sich die Regierungen doch gestehen müssen, daß eine gewaltsame Unterdrückung der Opposition unmöglich ist und die Lösung der Widersprüche erst möglich werden kann, wenn sich die Regierung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0316" n="314"/> Wird er nicht, da die ganze Form und Abfassung einer solchen Schrift negativ gehalten ist, in einem Staate, wo die Zensur das einzige blühende Jnstitut ist und Handel und Gewerbe im Gedeihen übertrifft, sie mit einem einzigen Strich verwerfen. Weil es uns gerade jezt in den Literaturen an den hervorragenden Persönlichkeiten gebricht und das Originelle an die Masse hingegeben ist; weil wir in allen Gebieten mehr objektive und solche Gährungen haben, welche den Prinzipien gelten und an welchen alle Theil nehmen; weil wir mit einem Worte uns in Sachen der Kunst und Literatur in einem Uebergangsstadium befinden; so hat gerade in dieser Rücksicht die Zensur ein Amt zu verwalten, wo Ungerechtigkeiten und Unbesonnenheiten im Nu verübt sind. Durch die Unterdrückung an der einen Stelle bricht der Uebermuth an der andern hervor, und weil die Zensur nur mechanisch gehandhabt werden kann, so zeigen sich in ihr Breschen genug, durch welche die immer lauernde und wühlende Belagerungsarmee der Literatur sich, den Moment rasch benutzend, Bahn bricht. Der Staat verlangt von den Schriftstellern, daß sie sich nur in dem unmittelbaren Jnteresse des Staates fühlen und begreifen sollen. Welch eine Zumuthung in einer Zeit, wo sich die Regierungen doch gestehen müssen, daß eine gewaltsame Unterdrückung der Opposition unmöglich ist und die Lösung der Widersprüche erst möglich werden kann, wenn sich die Regierung </p> </div> </body> </text> </TEI> [314/0316]
Wird er nicht, da die ganze Form und Abfassung einer solchen Schrift negativ gehalten ist, in einem Staate, wo die Zensur das einzige blühende Jnstitut ist und Handel und Gewerbe im Gedeihen übertrifft, sie mit einem einzigen Strich verwerfen. Weil es uns gerade jezt in den Literaturen an den hervorragenden Persönlichkeiten gebricht und das Originelle an die Masse hingegeben ist; weil wir in allen Gebieten mehr objektive und solche Gährungen haben, welche den Prinzipien gelten und an welchen alle Theil nehmen; weil wir mit einem Worte uns in Sachen der Kunst und Literatur in einem Uebergangsstadium befinden; so hat gerade in dieser Rücksicht die Zensur ein Amt zu verwalten, wo Ungerechtigkeiten und Unbesonnenheiten im Nu verübt sind. Durch die Unterdrückung an der einen Stelle bricht der Uebermuth an der andern hervor, und weil die Zensur nur mechanisch gehandhabt werden kann, so zeigen sich in ihr Breschen genug, durch welche die immer lauernde und wühlende Belagerungsarmee der Literatur sich, den Moment rasch benutzend, Bahn bricht. Der Staat verlangt von den Schriftstellern, daß sie sich nur in dem unmittelbaren Jnteresse des Staates fühlen und begreifen sollen. Welch eine Zumuthung in einer Zeit, wo sich die Regierungen doch gestehen müssen, daß eine gewaltsame Unterdrückung der Opposition unmöglich ist und die Lösung der Widersprüche erst möglich werden kann, wenn sich die Regierung
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/316>, abgerufen am 16.02.2025. |