Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.nach regierte und nicht eher von seinem Spiele aufstand, bis nicht Alles wieder gehörig an seinen alten Ort gebracht war. Wenn diese Jronie allmälig die Poesie zu verlassen scheint und auch der Ernst wieder mit strenger und unerbittlicher Miene im Reich des Dichters walten soll, so konnte es nicht fehlen, daß die Wirkung dieses unleugbaren Fortschrittes zunächst bedenklicher schien und weit frivoler, als die frühere Frivolität; allein, wie wir oben schon die Hoffnung aussprachen, zuverläßig wird auch in der Poesie eine Beruhigung des Gemüthes, die nicht aus Jndifferentismus, sondern aus Ueberzeugung geboren ist, eintreten; die Leidenschaften werden aus dem Dienste der Wahrheit nur noch in den der Lüge treten können, so daß sich jene in mildes, sanftes Licht verklärt, diese als dunkel glühende Schlacke zurückfällt und in sich verkohlt. Eine solche feindliche Wendung der Stimmungen wird den Glauben über den Zweifel setzen und die Menschen überzeugen, daß wenigstens in der Kunst jener edlere und vollendetere Gestalten zaubern kann, als dieser. Alle Künste müßten von diesem Geist der Versöhnung ergriffen werden; sie würden wieder in eine innige Vertrautheit mit den Gemüthern treten; sie würden, wie jezt, nicht bloß dazu da seyn, zu erschrecken oder zu zerstreuen; sondern sie würden wieder die stolzen Säulen werden, welche den Tempel eines neuen Lebens tragen. Es nach regierte und nicht eher von seinem Spiele aufstand, bis nicht Alles wieder gehörig an seinen alten Ort gebracht war. Wenn diese Jronie allmälig die Poesie zu verlassen scheint und auch der Ernst wieder mit strenger und unerbittlicher Miene im Reich des Dichters walten soll, so konnte es nicht fehlen, daß die Wirkung dieses unleugbaren Fortschrittes zunächst bedenklicher schien und weit frivoler, als die frühere Frivolität; allein, wie wir oben schon die Hoffnung aussprachen, zuverläßig wird auch in der Poesie eine Beruhigung des Gemüthes, die nicht aus Jndifferentismus, sondern aus Ueberzeugung geboren ist, eintreten; die Leidenschaften werden aus dem Dienste der Wahrheit nur noch in den der Lüge treten können, so daß sich jene in mildes, sanftes Licht verklärt, diese als dunkel glühende Schlacke zurückfällt und in sich verkohlt. Eine solche feindliche Wendung der Stimmungen wird den Glauben über den Zweifel setzen und die Menschen überzeugen, daß wenigstens in der Kunst jener edlere und vollendetere Gestalten zaubern kann, als dieser. Alle Künste müßten von diesem Geist der Versöhnung ergriffen werden; sie würden wieder in eine innige Vertrautheit mit den Gemüthern treten; sie würden, wie jezt, nicht bloß dazu da seyn, zu erschrecken oder zu zerstreuen; sondern sie würden wieder die stolzen Säulen werden, welche den Tempel eines neuen Lebens tragen. Es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0293" n="291"/> nach regierte und nicht eher von seinem Spiele aufstand, bis nicht Alles wieder gehörig an seinen alten Ort gebracht war. Wenn diese Jronie allmälig die Poesie zu verlassen scheint und auch der Ernst wieder mit strenger und unerbittlicher Miene im Reich des Dichters walten soll, so konnte es nicht fehlen, daß die Wirkung dieses unleugbaren Fortschrittes zunächst bedenklicher schien und weit frivoler, als die frühere Frivolität; allein, wie wir oben schon die Hoffnung aussprachen, zuverläßig wird auch in der Poesie eine Beruhigung des Gemüthes, die nicht aus Jndifferentismus, sondern aus Ueberzeugung geboren ist, eintreten; die Leidenschaften werden aus dem Dienste der Wahrheit nur noch in den der Lüge treten können, so daß sich jene in mildes, sanftes Licht verklärt, diese als dunkel glühende Schlacke zurückfällt und in sich verkohlt. Eine solche feindliche Wendung der Stimmungen wird den Glauben über den Zweifel setzen und die Menschen überzeugen, daß wenigstens in der Kunst <hi rendition="#g">jener</hi> edlere und vollendetere Gestalten zaubern kann, als dieser. Alle Künste müßten von diesem Geist der Versöhnung ergriffen werden; sie würden wieder in eine innige Vertrautheit mit den Gemüthern treten; sie würden, wie jezt, nicht bloß dazu da seyn, zu erschrecken oder zu zerstreuen; sondern sie würden wieder die stolzen Säulen werden, welche den Tempel eines neuen Lebens tragen. Es </p> </div> </body> </text> </TEI> [291/0293]
nach regierte und nicht eher von seinem Spiele aufstand, bis nicht Alles wieder gehörig an seinen alten Ort gebracht war. Wenn diese Jronie allmälig die Poesie zu verlassen scheint und auch der Ernst wieder mit strenger und unerbittlicher Miene im Reich des Dichters walten soll, so konnte es nicht fehlen, daß die Wirkung dieses unleugbaren Fortschrittes zunächst bedenklicher schien und weit frivoler, als die frühere Frivolität; allein, wie wir oben schon die Hoffnung aussprachen, zuverläßig wird auch in der Poesie eine Beruhigung des Gemüthes, die nicht aus Jndifferentismus, sondern aus Ueberzeugung geboren ist, eintreten; die Leidenschaften werden aus dem Dienste der Wahrheit nur noch in den der Lüge treten können, so daß sich jene in mildes, sanftes Licht verklärt, diese als dunkel glühende Schlacke zurückfällt und in sich verkohlt. Eine solche feindliche Wendung der Stimmungen wird den Glauben über den Zweifel setzen und die Menschen überzeugen, daß wenigstens in der Kunst jener edlere und vollendetere Gestalten zaubern kann, als dieser. Alle Künste müßten von diesem Geist der Versöhnung ergriffen werden; sie würden wieder in eine innige Vertrautheit mit den Gemüthern treten; sie würden, wie jezt, nicht bloß dazu da seyn, zu erschrecken oder zu zerstreuen; sondern sie würden wieder die stolzen Säulen werden, welche den Tempel eines neuen Lebens tragen. Es
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/293>, abgerufen am 16.02.2025. |