Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.enthalten ist, die unleugbar in der Jrre gehende gesellschaftliche Religion, wie man wohl die Sphäre bezeichnen möchte, in welcher sich jener Roman in seiner jetzigen Gestaltung so unheimlich fühlt, mit der Zeit zu befestigen und eben so schnell den wieder gewonnenen Glauben zu verkünden, wie bis jezt noch bloß der Zweifel mit ihm verkündet worden ist. Man bestreitet doch nicht dem Roman das Recht, so ernste Fragen, wie Staat, Religion und Sitte in sein Bereich zu ziehen? Denn allerdings abgesehen davon, daß für den Moment noch in diesem Rechte eine unselige Wirkung liegen könnte, so würde derjenige doch unsre Zeit schlecht verstehen, der glaubte, der Bodensatz jener Gährung wäre nur die Negation und nicht vielmehr die Sehnsucht nach einer Wahrheit, die dem ernstlich Suchenden sich nicht verhüllen wird. Der Schaden, den der spekulative Roman in seiner Gährung anrichtete, wird durch die edelsten Reichthümer ersezt, wenn sich die Gährung erst beruhigt und den Zweifel überwunden haben wird. Daß ein solches Resultat, wenn auch in ganz anderer Gestalt, als man gegenwärtig ahnen kann, vor den Thoren steht, wer möchte es bestreiten und wer möchte dann nicht wünschen, daß derselbe Bote, der früher die Hiobspost einer Verzweiflung an der Theodicee brachte, dann auch wieder die frohe Botschaft, das Evangelium des Friedens und einer versöhnten Hingebung bringe? Also bestreite man doch die Form nicht! enthalten ist, die unleugbar in der Jrre gehende gesellschaftliche Religion, wie man wohl die Sphäre bezeichnen möchte, in welcher sich jener Roman in seiner jetzigen Gestaltung so unheimlich fühlt, mit der Zeit zu befestigen und eben so schnell den wieder gewonnenen Glauben zu verkünden, wie bis jezt noch bloß der Zweifel mit ihm verkündet worden ist. Man bestreitet doch nicht dem Roman das Recht, so ernste Fragen, wie Staat, Religion und Sitte in sein Bereich zu ziehen? Denn allerdings abgesehen davon, daß für den Moment noch in diesem Rechte eine unselige Wirkung liegen könnte, so würde derjenige doch unsre Zeit schlecht verstehen, der glaubte, der Bodensatz jener Gährung wäre nur die Negation und nicht vielmehr die Sehnsucht nach einer Wahrheit, die dem ernstlich Suchenden sich nicht verhüllen wird. Der Schaden, den der spekulative Roman in seiner Gährung anrichtete, wird durch die edelsten Reichthümer ersezt, wenn sich die Gährung erst beruhigt und den Zweifel überwunden haben wird. Daß ein solches Resultat, wenn auch in ganz anderer Gestalt, als man gegenwärtig ahnen kann, vor den Thoren steht, wer möchte es bestreiten und wer möchte dann nicht wünschen, daß derselbe Bote, der früher die Hiobspost einer Verzweiflung an der Theodicee brachte, dann auch wieder die frohe Botschaft, das Evangelium des Friedens und einer versöhnten Hingebung bringe? Also bestreite man doch die Form nicht! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0291" n="289"/> enthalten ist, die unleugbar in der Jrre gehende gesellschaftliche Religion, wie man wohl die Sphäre bezeichnen möchte, in welcher sich jener Roman in seiner jetzigen Gestaltung so unheimlich fühlt, mit der Zeit zu befestigen und eben so schnell den wieder gewonnenen Glauben zu verkünden, wie bis jezt noch bloß der Zweifel mit ihm verkündet worden ist. Man bestreitet doch nicht dem Roman das Recht, so ernste Fragen, wie Staat, Religion und Sitte in sein Bereich zu ziehen? Denn allerdings abgesehen davon, daß für den Moment noch in diesem Rechte eine unselige Wirkung liegen könnte, so würde derjenige doch unsre Zeit schlecht verstehen, der glaubte, der Bodensatz jener Gährung wäre nur die Negation und nicht vielmehr die Sehnsucht nach einer Wahrheit, die dem ernstlich Suchenden sich nicht verhüllen wird. Der Schaden, den der spekulative Roman in seiner Gährung anrichtete, wird durch die edelsten Reichthümer ersezt, wenn sich die Gährung erst beruhigt und den Zweifel überwunden haben wird. Daß ein solches Resultat, wenn auch in ganz anderer Gestalt, als man gegenwärtig ahnen kann, vor den Thoren steht, wer möchte es bestreiten und wer möchte dann nicht wünschen, daß derselbe Bote, der früher die Hiobspost einer Verzweiflung an der Theodicee brachte, dann auch wieder die frohe Botschaft, das Evangelium des Friedens und einer versöhnten Hingebung bringe? Also bestreite man doch die <hi rendition="#g">Form</hi> nicht!</p> </div> </body> </text> </TEI> [289/0291]
enthalten ist, die unleugbar in der Jrre gehende gesellschaftliche Religion, wie man wohl die Sphäre bezeichnen möchte, in welcher sich jener Roman in seiner jetzigen Gestaltung so unheimlich fühlt, mit der Zeit zu befestigen und eben so schnell den wieder gewonnenen Glauben zu verkünden, wie bis jezt noch bloß der Zweifel mit ihm verkündet worden ist. Man bestreitet doch nicht dem Roman das Recht, so ernste Fragen, wie Staat, Religion und Sitte in sein Bereich zu ziehen? Denn allerdings abgesehen davon, daß für den Moment noch in diesem Rechte eine unselige Wirkung liegen könnte, so würde derjenige doch unsre Zeit schlecht verstehen, der glaubte, der Bodensatz jener Gährung wäre nur die Negation und nicht vielmehr die Sehnsucht nach einer Wahrheit, die dem ernstlich Suchenden sich nicht verhüllen wird. Der Schaden, den der spekulative Roman in seiner Gährung anrichtete, wird durch die edelsten Reichthümer ersezt, wenn sich die Gährung erst beruhigt und den Zweifel überwunden haben wird. Daß ein solches Resultat, wenn auch in ganz anderer Gestalt, als man gegenwärtig ahnen kann, vor den Thoren steht, wer möchte es bestreiten und wer möchte dann nicht wünschen, daß derselbe Bote, der früher die Hiobspost einer Verzweiflung an der Theodicee brachte, dann auch wieder die frohe Botschaft, das Evangelium des Friedens und einer versöhnten Hingebung bringe? Also bestreite man doch die Form nicht!
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