Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.anmaßen kann, als der Laie in der Musik über Gesang und Jnstrumentation. Jnzwischen haben auch hier die Künstler eine Wiedergeburt erfahren müssen. Die französisch-steife Manier überlebte sich und wurde durch die italienischen Studien der Künstler vernichtet. Man faßte den Begriff der Malerei höher und würdiger und fiel auch wohl in das Extrem, ihn so spiritualistisch zu fassen, daß Fleisch und Knochen darüber schwanden. Die Leichtigkeit, im Kupferstich und jezt gar in der Lithographie, jeder schnell erfaßten Composition ein künstlerisches Anrecht zu geben, spornte die Malerei selbst an, sich aus den gewöhnlichen Traditionen ihrer Gegenstände zu erheben und Alles, dem sich nur eine Gruppe abgewinnen ließ, mit Farbe zu bekleiden. Die großen historischen Gemälde aus der neueren Geschichte, namentlich Schlacht- und Volksscenen, wie französische und englische Malerei sie gegeben haben, konnten dabei freilich zulezt ein marionettenartiges Ansehen bekommen, wie die Chronik ja auch nicht immer Geschichtschreibung ist. Die historische Schule in Frankreich hat sich auch deßhalb schon von der Manier Vernets, Gerards, Gros und Anderer wieder abgewandt und sich mit Delaroche, Delacroix, Roqueplan, Scheffer und Boulanger auf einzelne poetische Momente der ältern Geschichte geworfen, und namentlich auf jenen der Romantik eigenthümlichen Eklektizismus, der in tüchtiger Weise das Schöne überall da anerkennt, wo er es findet, und anmaßen kann, als der Laie in der Musik über Gesang und Jnstrumentation. Jnzwischen haben auch hier die Künstler eine Wiedergeburt erfahren müssen. Die französisch-steife Manier überlebte sich und wurde durch die italienischen Studien der Künstler vernichtet. Man faßte den Begriff der Malerei höher und würdiger und fiel auch wohl in das Extrem, ihn so spiritualistisch zu fassen, daß Fleisch und Knochen darüber schwanden. Die Leichtigkeit, im Kupferstich und jezt gar in der Lithographie, jeder schnell erfaßten Composition ein künstlerisches Anrecht zu geben, spornte die Malerei selbst an, sich aus den gewöhnlichen Traditionen ihrer Gegenstände zu erheben und Alles, dem sich nur eine Gruppe abgewinnen ließ, mit Farbe zu bekleiden. Die großen historischen Gemälde aus der neueren Geschichte, namentlich Schlacht- und Volksscenen, wie französische und englische Malerei sie gegeben haben, konnten dabei freilich zulezt ein marionettenartiges Ansehen bekommen, wie die Chronik ja auch nicht immer Geschichtschreibung ist. Die historische Schule in Frankreich hat sich auch deßhalb schon von der Manier Vernets, Gerards, Gros und Anderer wieder abgewandt und sich mit Delaroche, Delacroix, Roqueplan, Scheffer und Boulanger auf einzelne poetische Momente der ältern Geschichte geworfen, und namentlich auf jenen der Romantik eigenthümlichen Eklektizismus, der in tüchtiger Weise das Schöne überall da anerkennt, wo er es findet, und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0274" n="272"/> anmaßen kann, als der Laie in der Musik über Gesang und Jnstrumentation. Jnzwischen haben auch hier die Künstler eine Wiedergeburt erfahren müssen. Die französisch-steife Manier überlebte sich und wurde durch die italienischen Studien der Künstler vernichtet. Man faßte den Begriff der Malerei höher und würdiger und fiel auch wohl in das Extrem, ihn so spiritualistisch zu fassen, daß Fleisch und Knochen darüber schwanden. Die Leichtigkeit, im Kupferstich und jezt gar in der Lithographie, jeder schnell erfaßten Composition ein künstlerisches Anrecht zu geben, spornte die Malerei selbst an, sich aus den gewöhnlichen Traditionen ihrer Gegenstände zu erheben und Alles, dem sich nur eine Gruppe abgewinnen ließ, mit Farbe zu bekleiden. Die großen historischen Gemälde aus der neueren Geschichte, namentlich Schlacht- und Volksscenen, wie französische und englische Malerei sie gegeben haben, konnten dabei freilich zulezt ein marionettenartiges Ansehen bekommen, wie die Chronik ja auch nicht immer Geschichtschreibung ist. Die historische Schule in Frankreich hat sich auch deßhalb schon von der Manier <hi rendition="#g">Vernets</hi>, <hi rendition="#g">Gerards</hi>, <hi rendition="#g">Gros</hi> und Anderer wieder abgewandt und sich mit <hi rendition="#g">Delaroche</hi>, <hi rendition="#g">Delacroix</hi>, <hi rendition="#g">Roqueplan</hi>, <hi rendition="#g">Scheffer</hi> und <hi rendition="#g">Boulanger</hi> auf einzelne poetische Momente der ältern Geschichte geworfen, und namentlich auf jenen der Romantik eigenthümlichen Eklektizismus, der in tüchtiger Weise das Schöne überall da anerkennt, wo er es findet, und </p> </div> </body> </text> </TEI> [272/0274]
anmaßen kann, als der Laie in der Musik über Gesang und Jnstrumentation. Jnzwischen haben auch hier die Künstler eine Wiedergeburt erfahren müssen. Die französisch-steife Manier überlebte sich und wurde durch die italienischen Studien der Künstler vernichtet. Man faßte den Begriff der Malerei höher und würdiger und fiel auch wohl in das Extrem, ihn so spiritualistisch zu fassen, daß Fleisch und Knochen darüber schwanden. Die Leichtigkeit, im Kupferstich und jezt gar in der Lithographie, jeder schnell erfaßten Composition ein künstlerisches Anrecht zu geben, spornte die Malerei selbst an, sich aus den gewöhnlichen Traditionen ihrer Gegenstände zu erheben und Alles, dem sich nur eine Gruppe abgewinnen ließ, mit Farbe zu bekleiden. Die großen historischen Gemälde aus der neueren Geschichte, namentlich Schlacht- und Volksscenen, wie französische und englische Malerei sie gegeben haben, konnten dabei freilich zulezt ein marionettenartiges Ansehen bekommen, wie die Chronik ja auch nicht immer Geschichtschreibung ist. Die historische Schule in Frankreich hat sich auch deßhalb schon von der Manier Vernets, Gerards, Gros und Anderer wieder abgewandt und sich mit Delaroche, Delacroix, Roqueplan, Scheffer und Boulanger auf einzelne poetische Momente der ältern Geschichte geworfen, und namentlich auf jenen der Romantik eigenthümlichen Eklektizismus, der in tüchtiger Weise das Schöne überall da anerkennt, wo er es findet, und
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/274>, abgerufen am 16.02.2025. |