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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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Jäger im Davonfahren eines satanischen Blickes nicht enthalten konnte, ja sich fast in ein Dunstgebild, wo durch den Nebel einige graue, grüne und rothe Farben durchschimmerten, auflöste. Wer weiß, ob er nicht dem Satan selbst seine Beförderung verdankt.

Jm dritten Akte zeigt sich uns ein kleines Belriguardo, mit viel Liebesintrigue, junger und alter Buhlerei und einer diesen Motiven entsprechenden dritten Stufe der Poesie. Noch wird die Natur gefeiert, aber weniger ihr Frieden, als ihre gährenden Elemente. Von Nelken und Rosen wird mehr gesprochen, wie von Veilchen und Kornblumen. Alles Brennende und Ueppige in der Natur wird dem Einfachen und Bescheidenen vorgezogen. Auch die Empfindungen sind nicht mehr mit dem fächelnden West zu vergleichen, sondern, wenn auch noch nicht der giftige Hauch des Sirokko in ihnen weht, so werden sie doch von einem starken, glühenden Athem geschwellt. Die Langeweile des Sommeraufenthalts schafft eine Menge Jntriguen, die nur der Unterhaltung wegen erfunden werden; auch erhalten unseres Martins Gedichte davon wenigstens eine formelle Frivolität, indem sie nicht selten ohne Veranlassung geboren werden, oder wie das Spiel Joujou sich an sich selber aufrollen. Die Dichterkraft geht aus dem Herzen in den Kopf und die Schreibfinger, sie legt sich, wenn nicht mit massiven Midashänden, doch wie Goldschaum an Alles, was sie berührt; jede Situation kann in

Jäger im Davonfahren eines satanischen Blickes nicht enthalten konnte, ja sich fast in ein Dunstgebild, wo durch den Nebel einige graue, grüne und rothe Farben durchschimmerten, auflöste. Wer weiß, ob er nicht dem Satan selbst seine Beförderung verdankt.

Jm dritten Akte zeigt sich uns ein kleines Belriguardo, mit viel Liebesintrigue, junger und alter Buhlerei und einer diesen Motiven entsprechenden dritten Stufe der Poesie. Noch wird die Natur gefeiert, aber weniger ihr Frieden, als ihre gährenden Elemente. Von Nelken und Rosen wird mehr gesprochen, wie von Veilchen und Kornblumen. Alles Brennende und Ueppige in der Natur wird dem Einfachen und Bescheidenen vorgezogen. Auch die Empfindungen sind nicht mehr mit dem fächelnden West zu vergleichen, sondern, wenn auch noch nicht der giftige Hauch des Sirokko in ihnen weht, so werden sie doch von einem starken, glühenden Athem geschwellt. Die Langeweile des Sommeraufenthalts schafft eine Menge Jntriguen, die nur der Unterhaltung wegen erfunden werden; auch erhalten unseres Martins Gedichte davon wenigstens eine formelle Frivolität, indem sie nicht selten ohne Veranlassung geboren werden, oder wie das Spiel Joujou sich an sich selber aufrollen. Die Dichterkraft geht aus dem Herzen in den Kopf und die Schreibfinger, sie legt sich, wenn nicht mit massiven Midashänden, doch wie Goldschaum an Alles, was sie berührt; jede Situation kann in

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[263/0265] Jäger im Davonfahren eines satanischen Blickes nicht enthalten konnte, ja sich fast in ein Dunstgebild, wo durch den Nebel einige graue, grüne und rothe Farben durchschimmerten, auflöste. Wer weiß, ob er nicht dem Satan selbst seine Beförderung verdankt. Jm dritten Akte zeigt sich uns ein kleines Belriguardo, mit viel Liebesintrigue, junger und alter Buhlerei und einer diesen Motiven entsprechenden dritten Stufe der Poesie. Noch wird die Natur gefeiert, aber weniger ihr Frieden, als ihre gährenden Elemente. Von Nelken und Rosen wird mehr gesprochen, wie von Veilchen und Kornblumen. Alles Brennende und Ueppige in der Natur wird dem Einfachen und Bescheidenen vorgezogen. Auch die Empfindungen sind nicht mehr mit dem fächelnden West zu vergleichen, sondern, wenn auch noch nicht der giftige Hauch des Sirokko in ihnen weht, so werden sie doch von einem starken, glühenden Athem geschwellt. Die Langeweile des Sommeraufenthalts schafft eine Menge Jntriguen, die nur der Unterhaltung wegen erfunden werden; auch erhalten unseres Martins Gedichte davon wenigstens eine formelle Frivolität, indem sie nicht selten ohne Veranlassung geboren werden, oder wie das Spiel Joujou sich an sich selber aufrollen. Die Dichterkraft geht aus dem Herzen in den Kopf und die Schreibfinger, sie legt sich, wenn nicht mit massiven Midashänden, doch wie Goldschaum an Alles, was sie berührt; jede Situation kann in

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/265>, abgerufen am 25.11.2024.