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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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Es ist zunächst das Studium, welches durch die Schöpfungen der neuen Kunst lebhafter hindurchblickt, als bei den Alten. Der Geist der Verneinung begleitet die phantastischen Eingebungen der Künstler, der kritische Verstand steht hinter der Leinwand und horcht oder drückt sich bei einem Gedichte wenigstens in der Titelüberschrift schon aus. Die lange Geschichte der Kunst mit ihren außerordentlichen Denkmälern tritt der Bescheidenheit des modernen Künstlers mit majestätischem Uebergewicht gegenüber. Man kennt die Tempel Griechenlands und ihre Götterbilder, die Gemälde Raphaels und jene lange Reihe von dichterischen Erzeugnissen, die im Ruf der Klassizität stehen. Hier nun etwas Neues zu schaffen, das Alte zu übertreffen oder wenigstens zu erreichen, dem Marmor ein neues Lächeln, dem Tone Thränen und dem Worte die Mischung beider abzugewinnen, das ist ein hochgespanntes Seil, welches die in der Rennbahn Kämpfenden gleich beim ersten Anlauf überspringen müssen. Sie müssen, um Vertrauen zu sich selbst zu fassen, sich klar werden, zunächst über die Erleichterungen, welche den alten Künstlern von der Sitte der Zeit geboten wurden, über die Rückwände von Jdeen und Anschauungen, an welche sie sich lehnen durften, über den Geist der Zeiten, der in ihnen oft überwiegend der geheimnißvolle Werkmeister war. Ja, um die Größe der Alten zu fassen, müssen die Neuern noch weiter gehen. Sie müssen

Es ist zunächst das Studium, welches durch die Schöpfungen der neuen Kunst lebhafter hindurchblickt, als bei den Alten. Der Geist der Verneinung begleitet die phantastischen Eingebungen der Künstler, der kritische Verstand steht hinter der Leinwand und horcht oder drückt sich bei einem Gedichte wenigstens in der Titelüberschrift schon aus. Die lange Geschichte der Kunst mit ihren außerordentlichen Denkmälern tritt der Bescheidenheit des modernen Künstlers mit majestätischem Uebergewicht gegenüber. Man kennt die Tempel Griechenlands und ihre Götterbilder, die Gemälde Raphaels und jene lange Reihe von dichterischen Erzeugnissen, die im Ruf der Klassizität stehen. Hier nun etwas Neues zu schaffen, das Alte zu übertreffen oder wenigstens zu erreichen, dem Marmor ein neues Lächeln, dem Tone Thränen und dem Worte die Mischung beider abzugewinnen, das ist ein hochgespanntes Seil, welches die in der Rennbahn Kämpfenden gleich beim ersten Anlauf überspringen müssen. Sie müssen, um Vertrauen zu sich selbst zu fassen, sich klar werden, zunächst über die Erleichterungen, welche den alten Künstlern von der Sitte der Zeit geboten wurden, über die Rückwände von Jdeen und Anschauungen, an welche sie sich lehnen durften, über den Geist der Zeiten, der in ihnen oft überwiegend der geheimnißvolle Werkmeister war. Ja, um die Größe der Alten zu fassen, müssen die Neuern noch weiter gehen. Sie müssen

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[249/0251] Es ist zunächst das Studium, welches durch die Schöpfungen der neuen Kunst lebhafter hindurchblickt, als bei den Alten. Der Geist der Verneinung begleitet die phantastischen Eingebungen der Künstler, der kritische Verstand steht hinter der Leinwand und horcht oder drückt sich bei einem Gedichte wenigstens in der Titelüberschrift schon aus. Die lange Geschichte der Kunst mit ihren außerordentlichen Denkmälern tritt der Bescheidenheit des modernen Künstlers mit majestätischem Uebergewicht gegenüber. Man kennt die Tempel Griechenlands und ihre Götterbilder, die Gemälde Raphaels und jene lange Reihe von dichterischen Erzeugnissen, die im Ruf der Klassizität stehen. Hier nun etwas Neues zu schaffen, das Alte zu übertreffen oder wenigstens zu erreichen, dem Marmor ein neues Lächeln, dem Tone Thränen und dem Worte die Mischung beider abzugewinnen, das ist ein hochgespanntes Seil, welches die in der Rennbahn Kämpfenden gleich beim ersten Anlauf überspringen müssen. Sie müssen, um Vertrauen zu sich selbst zu fassen, sich klar werden, zunächst über die Erleichterungen, welche den alten Künstlern von der Sitte der Zeit geboten wurden, über die Rückwände von Jdeen und Anschauungen, an welche sie sich lehnen durften, über den Geist der Zeiten, der in ihnen oft überwiegend der geheimnißvolle Werkmeister war. Ja, um die Größe der Alten zu fassen, müssen die Neuern noch weiter gehen. Sie müssen

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/251>, abgerufen am 25.11.2024.