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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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die besten Künstler durch Jrrthümer erzogen sind. Das Genie, will es sich bewähren, muß es sich von der Welt lossagen; es steht im Widerspruch mit der herrschenden Ordnung. Es verweigert den herrschenden Thatsachen, den allgemein gültigen Ueberzeugungen den Gehorsam und stellt allem, was da ist, aus eigner Schöpferkraft ein Gegenbild gegenüber.

So verloren sich die Künstler in entfernte Zeiten, in entfernte Gedankenreihen. Das Wunderbare und das Wunderliche reizen sie mehr als das Natürliche und das Naturgemäße. Wir haben, da ohne Zweifel seit fünfzig Jahren die bildende und die Redekunst einen großartigen Aufschwung erfuhren, die sonderbarsten Theorien den herrlichsten Bestrebungen beigemischt gefunden. Damit der Zuckerstoff der Phantasie sich läuterte, mußte Ochsenblut und Potasche von hie und da aufgerafften Jrrthümern hinzugethan werden. Die schönsten religiösen Gemälde ließen eine vertrocknete Blüthenkapsel von Pietismus zurück. Die Dichtungen eines Byron waren der bunte Schaum über Gährungen, auf deren Boden wilde und rohe Leidenschaften lagen. Seitdem man an das Jdeal nicht mehr unmittelbar sich hingeben kann, wie es alte Zeiten konnten, wurde das Schöne durch das Häßliche, die Wahrheit durch die Lüge vermittelt. Daher kömmt es, daß all unsre moderne Kunst einen speziellen Accent hat und daß Bildung dazu gehört, um in ihrer Jsolirung ihre Tiefe und ihr Wesen zu erkennen.

die besten Künstler durch Jrrthümer erzogen sind. Das Genie, will es sich bewähren, muß es sich von der Welt lossagen; es steht im Widerspruch mit der herrschenden Ordnung. Es verweigert den herrschenden Thatsachen, den allgemein gültigen Ueberzeugungen den Gehorsam und stellt allem, was da ist, aus eigner Schöpferkraft ein Gegenbild gegenüber.

So verloren sich die Künstler in entfernte Zeiten, in entfernte Gedankenreihen. Das Wunderbare und das Wunderliche reizen sie mehr als das Natürliche und das Naturgemäße. Wir haben, da ohne Zweifel seit fünfzig Jahren die bildende und die Redekunst einen großartigen Aufschwung erfuhren, die sonderbarsten Theorien den herrlichsten Bestrebungen beigemischt gefunden. Damit der Zuckerstoff der Phantasie sich läuterte, mußte Ochsenblut und Potasche von hie und da aufgerafften Jrrthümern hinzugethan werden. Die schönsten religiösen Gemälde ließen eine vertrocknete Blüthenkapsel von Pietismus zurück. Die Dichtungen eines Byron waren der bunte Schaum über Gährungen, auf deren Boden wilde und rohe Leidenschaften lagen. Seitdem man an das Jdeal nicht mehr unmittelbar sich hingeben kann, wie es alte Zeiten konnten, wurde das Schöne durch das Häßliche, die Wahrheit durch die Lüge vermittelt. Daher kömmt es, daß all unsre moderne Kunst einen speziellen Accent hat und daß Bildung dazu gehört, um in ihrer Jsolirung ihre Tiefe und ihr Wesen zu erkennen.

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[248/0250] die besten Künstler durch Jrrthümer erzogen sind. Das Genie, will es sich bewähren, muß es sich von der Welt lossagen; es steht im Widerspruch mit der herrschenden Ordnung. Es verweigert den herrschenden Thatsachen, den allgemein gültigen Ueberzeugungen den Gehorsam und stellt allem, was da ist, aus eigner Schöpferkraft ein Gegenbild gegenüber. So verloren sich die Künstler in entfernte Zeiten, in entfernte Gedankenreihen. Das Wunderbare und das Wunderliche reizen sie mehr als das Natürliche und das Naturgemäße. Wir haben, da ohne Zweifel seit fünfzig Jahren die bildende und die Redekunst einen großartigen Aufschwung erfuhren, die sonderbarsten Theorien den herrlichsten Bestrebungen beigemischt gefunden. Damit der Zuckerstoff der Phantasie sich läuterte, mußte Ochsenblut und Potasche von hie und da aufgerafften Jrrthümern hinzugethan werden. Die schönsten religiösen Gemälde ließen eine vertrocknete Blüthenkapsel von Pietismus zurück. Die Dichtungen eines Byron waren der bunte Schaum über Gährungen, auf deren Boden wilde und rohe Leidenschaften lagen. Seitdem man an das Jdeal nicht mehr unmittelbar sich hingeben kann, wie es alte Zeiten konnten, wurde das Schöne durch das Häßliche, die Wahrheit durch die Lüge vermittelt. Daher kömmt es, daß all unsre moderne Kunst einen speziellen Accent hat und daß Bildung dazu gehört, um in ihrer Jsolirung ihre Tiefe und ihr Wesen zu erkennen.

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/250>, abgerufen am 22.11.2024.