Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.ihnen verargen, daß sie die christlichen Kirchen nicht besuchen und noch weniger Christen werden! Diese Gesellschaften zur Bekehrung der Juden haben wenig Erfolg, und wo sie ihn hatten, kamen die Strahlen der Erleuchtung nicht von der Sonne der Wahrheit, sondern von den blanken Guineen, mit welchen die Gesellschaft bereit ist, einen abtrünnigen Juden zu unterstützen. Wenn nicht das Christenthum allmälig eine so ausschließliche Richtung angenommen hätte, so würde es weniger auffallend seyn, ein Volk und eine Religion unter uns zerstreut zu sehen, die ursprünglich zwar der Stamm des christlichen Glaubens war, sonst aber in den Folgen, die sie für die Gesellschaft hatte, eine der eigenthümlichsten Stellungen gewonnen hat. Mitten durch unsere Gesellschaft zieht sich ein eigener Völkerbund, der überall seine Heimath hat, wo seine Glieder weilen, der in Gesichtsbildung, Charakter und Religion einen entschiedenen Gegensatz gegen alles germanische und romanische Leben bildet. Es ist ein Volk, das ohne Verabredung sich doch erkennt, das kein eignes Ziel hat und sich auch nicht dem des übrigen Europa anschließt; ein Volk, das den Augenblick benuzt, um nur das Jndividuum, und was es an Freundschaft und Verwandtschaft besizt, zu heben. Hie und da erinnert der Zustand desselben noch an die Zeiten der finstersten Barbarei; denn nicht nur, daß die Unterdrückung die Menschen dieses Glaubens vom ihnen verargen, daß sie die christlichen Kirchen nicht besuchen und noch weniger Christen werden! Diese Gesellschaften zur Bekehrung der Juden haben wenig Erfolg, und wo sie ihn hatten, kamen die Strahlen der Erleuchtung nicht von der Sonne der Wahrheit, sondern von den blanken Guineen, mit welchen die Gesellschaft bereit ist, einen abtrünnigen Juden zu unterstützen. Wenn nicht das Christenthum allmälig eine so ausschließliche Richtung angenommen hätte, so würde es weniger auffallend seyn, ein Volk und eine Religion unter uns zerstreut zu sehen, die ursprünglich zwar der Stamm des christlichen Glaubens war, sonst aber in den Folgen, die sie für die Gesellschaft hatte, eine der eigenthümlichsten Stellungen gewonnen hat. Mitten durch unsere Gesellschaft zieht sich ein eigener Völkerbund, der überall seine Heimath hat, wo seine Glieder weilen, der in Gesichtsbildung, Charakter und Religion einen entschiedenen Gegensatz gegen alles germanische und romanische Leben bildet. Es ist ein Volk, das ohne Verabredung sich doch erkennt, das kein eignes Ziel hat und sich auch nicht dem des übrigen Europa anschließt; ein Volk, das den Augenblick benuzt, um nur das Jndividuum, und was es an Freundschaft und Verwandtschaft besizt, zu heben. Hie und da erinnert der Zustand desselben noch an die Zeiten der finstersten Barbarei; denn nicht nur, daß die Unterdrückung die Menschen dieses Glaubens vom <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0210" n="208"/> ihnen verargen, daß sie die christlichen Kirchen nicht besuchen und noch weniger Christen werden! Diese Gesellschaften zur Bekehrung der Juden haben wenig Erfolg, und wo sie ihn hatten, kamen die Strahlen der Erleuchtung nicht von der Sonne der Wahrheit, sondern von den blanken Guineen, mit welchen die Gesellschaft bereit ist, einen abtrünnigen Juden zu unterstützen.</p> <p>Wenn nicht das Christenthum allmälig eine so ausschließliche Richtung angenommen hätte, so würde es weniger auffallend seyn, ein Volk und eine Religion unter uns zerstreut zu sehen, die ursprünglich zwar der Stamm des christlichen Glaubens war, sonst aber in den Folgen, die sie für die Gesellschaft hatte, eine der eigenthümlichsten Stellungen gewonnen hat. Mitten durch unsere Gesellschaft zieht sich ein eigener Völkerbund, der überall seine Heimath hat, wo seine Glieder weilen, der in Gesichtsbildung, Charakter und Religion einen entschiedenen Gegensatz gegen alles germanische und romanische Leben bildet. Es ist ein Volk, das ohne Verabredung sich doch erkennt, das kein eignes Ziel hat und sich auch nicht dem des übrigen Europa anschließt; ein Volk, das den Augenblick benuzt, um nur das Jndividuum, und was es an Freundschaft und Verwandtschaft besizt, zu heben. Hie und da erinnert der Zustand desselben noch an die Zeiten der finstersten Barbarei; denn nicht nur, daß die Unterdrückung die Menschen dieses Glaubens vom </p> </div> </body> </text> </TEI> [208/0210]
ihnen verargen, daß sie die christlichen Kirchen nicht besuchen und noch weniger Christen werden! Diese Gesellschaften zur Bekehrung der Juden haben wenig Erfolg, und wo sie ihn hatten, kamen die Strahlen der Erleuchtung nicht von der Sonne der Wahrheit, sondern von den blanken Guineen, mit welchen die Gesellschaft bereit ist, einen abtrünnigen Juden zu unterstützen.
Wenn nicht das Christenthum allmälig eine so ausschließliche Richtung angenommen hätte, so würde es weniger auffallend seyn, ein Volk und eine Religion unter uns zerstreut zu sehen, die ursprünglich zwar der Stamm des christlichen Glaubens war, sonst aber in den Folgen, die sie für die Gesellschaft hatte, eine der eigenthümlichsten Stellungen gewonnen hat. Mitten durch unsere Gesellschaft zieht sich ein eigener Völkerbund, der überall seine Heimath hat, wo seine Glieder weilen, der in Gesichtsbildung, Charakter und Religion einen entschiedenen Gegensatz gegen alles germanische und romanische Leben bildet. Es ist ein Volk, das ohne Verabredung sich doch erkennt, das kein eignes Ziel hat und sich auch nicht dem des übrigen Europa anschließt; ein Volk, das den Augenblick benuzt, um nur das Jndividuum, und was es an Freundschaft und Verwandtschaft besizt, zu heben. Hie und da erinnert der Zustand desselben noch an die Zeiten der finstersten Barbarei; denn nicht nur, daß die Unterdrückung die Menschen dieses Glaubens vom
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