Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Gottes beginnen zunächst in der Schöpfung der Materie, dann in der Schöpfung des Geistes, indem die Spuren Gottes mehr oder weniger sichtbar werden, und durch die Materie, welche selbst nach einem Ziel zu streben scheint, hindurchschimmern. Die Menschen verfolgen diese verschiedenen Offenbarungen der Gottheit in der Natur und beten sie zuerst in der Form des Ungeheuerlichen an, indem sie nicht Massen genug verschwenden können, um die Erhabenheit des unsichtbaren Weltregiments auszudrücken. Je weiter und weiter, desto näher rückte die Gottheit dem Menschen; ja im klassischen Alterthum erblickte man sie nur im Menschen selbst, seiner Gestalt, im Produkte der Kunst. War die Menschheit durch diesen natürlichen Fortgang der Gottesverehrung zugleich in Gefahr gekommen, die Gottheit durch Vermischung mit dem Menschen zu entheiligen und der Offenbarung eine Nähe zu geben, die an ihre Uebersinnlichkeit nicht mehr dachte; so mußte wohl eine neue Umgestaltung des Verhältnisses zwischen dem Himmel und der Erde eintreten. Christus führte Gott wieder in den Himmel zurück, er starb am Kreuze, um die Jncarnation der Gottheit in Menschengestalt, wie dies ja die höchste Potenz des Alterthums war, zu widerlegen, da er sich selbst Gottes Sohn nannte, eine Bezeichnung, die, wenn sie nicht im Sinne des Erbrechts genommen wird, wohl aber typisch selbst vor dieser metaphysischen Entwickelung der Religionsgeschichte eine Gottes beginnen zunächst in der Schöpfung der Materie, dann in der Schöpfung des Geistes, indem die Spuren Gottes mehr oder weniger sichtbar werden, und durch die Materie, welche selbst nach einem Ziel zu streben scheint, hindurchschimmern. Die Menschen verfolgen diese verschiedenen Offenbarungen der Gottheit in der Natur und beten sie zuerst in der Form des Ungeheuerlichen an, indem sie nicht Massen genug verschwenden können, um die Erhabenheit des unsichtbaren Weltregiments auszudrücken. Je weiter und weiter, desto näher rückte die Gottheit dem Menschen; ja im klassischen Alterthum erblickte man sie nur im Menschen selbst, seiner Gestalt, im Produkte der Kunst. War die Menschheit durch diesen natürlichen Fortgang der Gottesverehrung zugleich in Gefahr gekommen, die Gottheit durch Vermischung mit dem Menschen zu entheiligen und der Offenbarung eine Nähe zu geben, die an ihre Uebersinnlichkeit nicht mehr dachte; so mußte wohl eine neue Umgestaltung des Verhältnisses zwischen dem Himmel und der Erde eintreten. Christus führte Gott wieder in den Himmel zurück, er starb am Kreuze, um die Jncarnation der Gottheit in Menschengestalt, wie dies ja die höchste Potenz des Alterthums war, zu widerlegen, da er sich selbst Gottes Sohn nannte, eine Bezeichnung, die, wenn sie nicht im Sinne des Erbrechts genommen wird, wohl aber typisch selbst vor dieser metaphysischen Entwickelung der Religionsgeschichte eine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0178" n="176"/> Gottes beginnen zunächst in der Schöpfung der Materie, dann in der Schöpfung des Geistes, indem die Spuren Gottes mehr oder weniger sichtbar werden, und durch die Materie, welche selbst nach einem Ziel zu streben scheint, hindurchschimmern. Die Menschen verfolgen diese verschiedenen Offenbarungen der Gottheit in der Natur und beten sie zuerst in der Form des Ungeheuerlichen an, indem sie nicht Massen genug verschwenden können, um die Erhabenheit des unsichtbaren Weltregiments auszudrücken. Je weiter und weiter, desto näher rückte die Gottheit dem Menschen; ja im klassischen Alterthum erblickte man sie nur im Menschen selbst, seiner Gestalt, im Produkte der Kunst. War die Menschheit durch diesen natürlichen Fortgang der Gottesverehrung zugleich in Gefahr gekommen, die Gottheit durch Vermischung mit dem Menschen zu entheiligen und der Offenbarung eine Nähe zu geben, die an ihre Uebersinnlichkeit nicht mehr dachte; so mußte wohl eine neue Umgestaltung des Verhältnisses zwischen dem Himmel und der Erde eintreten. <hi rendition="#g">Christus</hi> führte Gott wieder in den Himmel zurück, er starb am Kreuze, um die Jncarnation der Gottheit in Menschengestalt, wie dies ja die höchste Potenz des Alterthums war, zu widerlegen, da er sich selbst Gottes Sohn nannte, eine Bezeichnung, die, wenn sie nicht im Sinne des Erbrechts genommen wird, wohl aber typisch selbst vor dieser metaphysischen Entwickelung der Religionsgeschichte eine </p> </div> </body> </text> </TEI> [176/0178]
Gottes beginnen zunächst in der Schöpfung der Materie, dann in der Schöpfung des Geistes, indem die Spuren Gottes mehr oder weniger sichtbar werden, und durch die Materie, welche selbst nach einem Ziel zu streben scheint, hindurchschimmern. Die Menschen verfolgen diese verschiedenen Offenbarungen der Gottheit in der Natur und beten sie zuerst in der Form des Ungeheuerlichen an, indem sie nicht Massen genug verschwenden können, um die Erhabenheit des unsichtbaren Weltregiments auszudrücken. Je weiter und weiter, desto näher rückte die Gottheit dem Menschen; ja im klassischen Alterthum erblickte man sie nur im Menschen selbst, seiner Gestalt, im Produkte der Kunst. War die Menschheit durch diesen natürlichen Fortgang der Gottesverehrung zugleich in Gefahr gekommen, die Gottheit durch Vermischung mit dem Menschen zu entheiligen und der Offenbarung eine Nähe zu geben, die an ihre Uebersinnlichkeit nicht mehr dachte; so mußte wohl eine neue Umgestaltung des Verhältnisses zwischen dem Himmel und der Erde eintreten. Christus führte Gott wieder in den Himmel zurück, er starb am Kreuze, um die Jncarnation der Gottheit in Menschengestalt, wie dies ja die höchste Potenz des Alterthums war, zu widerlegen, da er sich selbst Gottes Sohn nannte, eine Bezeichnung, die, wenn sie nicht im Sinne des Erbrechts genommen wird, wohl aber typisch selbst vor dieser metaphysischen Entwickelung der Religionsgeschichte eine
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/178>, abgerufen am 16.02.2025. |